Leben-Policen werfen mehr Zins ab - Allianz setzt den Trend

Reuters · Uhr

- von Alexander Hübner

München (Reuters) - Den 10,7 Millionen Kunden des mit Abstand größten deutschen Lebensversicherers Allianz Leben winken im kommenden Jahr deutlich höhere Zinsgutschriften.

Die Gesamtverzinsung steigt für alle Produktlinien um 0,3 Prozentpunkte, wie die Allianz Deutschland am Montag mitteilte. "Die Allianz geht damit einen relativ deutlichen Schritt", sagte Lebensversicherungs-Experte Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata in Köln. "Ich kann mir gut vorstellen, dass einige Wettbewerber nun umdenken. "Auch die Lebensversicherungs-Sparer profitieren von der Zinswende." Heermann erwartet, dass die laufende Verzinsung 2024 wegen der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) im Branchen-Durchschnitt auf rund 2,50 (2023: 2,20) Prozent steigen wird, "vielleicht sogar etwas darüber".

Die Allianz Leben liegt mit einer laufenden Verzinsung von 2,8 (2023: 2,6) Prozent auf die neuere "Perspektive"-Produktlinie ohne lebenslange Zinsgarantien und mit 2,7 (2,5) Prozent auf klassische Garantie-Policen über dem erwarteten Marktniveau. Einschließlich Schlussüberschuss und der Beteiligung an den Bewertungsreserven liegt die Verzinsung für die "Perspektive"-Policen dann bei 3,8 Prozent, für klassische Leben- und Renten-Policen bei 3,5 Prozent. Auch die modernen kapitalmarktnahen Policen, die das Neugeschäft von Allianz Leben mit fast zwei Drittel der Verträge dominieren, profitieren von der Erhöhung, denn auch dort fließt ein Teil des angelegten Geldes in das Sicherungsvermögen.

Allianz-Leben-Privatkundenvorstand Volker Priebe sprach im Reuters-Interview von einem "starken Signal an den Markt". Der Allianz und ihren Kunden komme zugute, dass der unangefochtene Marktführer inzwischen sein Ziel erreicht habe, ein Drittel des Sicherungsvermögens in alternative Anlageformen zu stecken, die sich vom Aktien- und Anleihemarkt unabhängig entwickelten - von Windrädern über Mittelstands-Kredite bis zu Glasfasernetzen. "Jetzt nutzen wie wieder die Chancen, die sich wegen des höheren Zinsniveaus etwa bei Anleihen ergeben." Vor einem Jahr hatte die Allianz die Gesamtverzinsung ebenfalls um 0,3 Prozentpunkte erhöht - zum ersten Mal seit 15 Jahren.

STILLE LASTEN BREMSEN LEBENSVERSICHERER

Die Spielräume der Lebensversicherer seien nicht so hoch wie man angesichts des Zinsanstiegs glauben könne, sagte Assekurata-Experte Heermann. Denn sie sitzen auf hohen stillen Lasten auf festverzinsliche Papiere in den Büchern, die sie deshalb derzeit nicht verkaufen wollen. Gleichzeitig floriere das Neugeschäft nicht gerade, so dass sich die Beiträge in Grenzen hielten, die sie neu anlegen könnten. "Wir hatten schon bessere Zeiten." Die Zinswende macht auch Kapitalanlagen bei den Banken wieder attraktiver.

Allianz-Leben-Vorstand Priebe wollte sich zum Neugeschäft nicht konkret äußern. "Wir wachsen bei den laufenden Beiträgen, und die Einmalbeiträge pendeln sich nach den Rekordjahren 2019 und 2020 auf dem erwartbaren Niveau ein." Die Allianz gewinne aber weiter Marktanteile.

Einige Lebensversicherer hatten schon vor dem Marktführer ihre Überschussbeteiligung bekanntgegeben. Während etwa die Axa Leben die laufende Verzinsung mit 2,6 Prozent konstant hielt, schraubten die Münchener-Rück-Tochter Ergo Vorsorge und die Nürnberger Leben die Deklaration zum Teil deutlich nach oben.

(Bericht von Alexander Hübner; redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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