Ho-ho-hohe Gewinne zum Jahresende? Das steckt hinter der Weihnachtsrally
Ein Blick in die Statistik zeigt: Zum Jahresende steigen die Aktienkurse tendenziell. Hier erfährst du, wie das Phänomen der Santa-Claus-Rally zustande kommt und wie gut die Chancen in diesem Jahr stehen.
Rund um die Weihnachtszeit macht auch die Börse den Anlegern immer wieder ein Geschenk: Die Aktienkurse steigen im statistischen Mittel überdurchschnittlich stark. Es gibt verschiedene Meinungen darüber, wann genau die Bergfahrt beginnt: Manche Experten erwarten insbesondere an den letzten fünf Tagen im alten Jahr sowie in den ersten beiden Tagen im neuen Jahr ein außergewöhnliches Kurswachstum. Andere definieren die Spanne der sogenannte Weihnachts- oder Jahresendrally etwas breiter zwischen Mitte Dezember und Anfang Januar.
Das Phänomen ist historisch belegt
Dabei ist das Phänomen kein Weihnachtsmärchen, sondern als saisonales Muster statistisch belegt: Nach einem Tagesschau-Bericht entwickelte sich der S&P 500 in der enger gefassten siebentägigen Weihnachtsrally zwischen den Jahreswechseln 1971/1972 sowie 2021/2022 im Durchschnitt aller Jahre um 1,3 Prozent nach oben. Auch beim Dow Jones lässt sich die Santa-Claus-Rally beobachten: In den vergangenen 125 Jahren entwickelte sich der Kurs hier zwischen dem 14. Dezember und dem 3. Januar 88 Mal positiv. Dabei legte der Leitindex im Durchschnitt um 1,5 Prozent zu. Auch die deutschen Standardwerte im Dax kennen das Weihnachtswunder: Das wichtigste Kursbarometer des Landes hat sich bislang in 71 Prozent der Fälle positiv entwickelt und lag in den Jahren mit positivem Abschluss durchschnittlich 2,5 Prozent im Plus.
Das steckt hinter dem Phänomen
Für die Ursache der Kurs-Bescherung am Jahresende gibt es mehrere Theorien. Die offensichtlichste Erklärung liefert das Weihnachtsgeschäft: Um die Weihnachtszeit herum herrscht reger Handel mit Weihnachtsgeschenken. Das kommt bestimmten Branchen besonders zugute, ganz allgemein dem Einzelhandel und ganz besonders Anbietern wie Schokoladenhändlern oder Luxusunternehmen. Gegen Kurssprünge im Umsatzhoch spricht allerdings, dass ein Run zum Jahresende bereits in den Kursen eingepreist sein dürfte.
Eine andere Theorie besagt, dass pfiffige Fondsmanager am Jahresende Aktien aufkaufen, die gut gelaufen sind, damit ihre Portfolios besser dastehen. Diese Methode trägt auch den Namen „Window Dressing“, also Schaufensterdekoration. Ob sie stimmt, ist aber umstritten. Immerhin dürften effiziente Märkte auch diese Praxis bereits einpreisen. Ganz abgesehen davon zeigt eine Studie, dass Fondsmanager, die zu solchen Methoden greifen müssen, über kurz oder lang nicht gerade erfolgreich abschneiden.
Eine dritte Theorie ist die des sogenannten „Tax Loss Harvesting“, bei der es darum geht, steuerlich wirksame Verluste zu realisieren. Sie besagt, dass viele Anleger Anfang Dezember ihre Portfolios entrümpeln und schlecht laufende Aktien abstoßen, damit sie aufs Jahr gerechnet weniger Steuern auf ihre Gewinne zahlen müssen. Das drückt Anfang Dezember oft die Kurse. Wenige Tage später schafft dieser Kursrückgang gewissermaßen in einer Gegenbewegung die Voraussetzung für erneut steigende Kurse noch vor Jahresende.
Wie ist die Prognose für dieses Jahr?
Ursachenforschung hin oder her – nun fragst du dich vielleicht, ob du dich auch Anfang 2024 über ein überdurchschnittlich hohes Plus im Portfolio freuen darfst. In diesem Jahr sieht es so aus, als hätte die Jahresendrally bereits im November begonnen und sich dann in den Dezember hinein fortgesetzt. Seit dem 13. Dezember haben sowohl der S&P 500 als auch der Dax neue Rekordhöchststände erzielt.
Dafür gibt es diesmal auch einen fundamental nachvollziehbaren Grund: Die US-Notenbank Fed hat in den vergangenen Sitzungen den Leitzins nicht nur unverändert gelassen, sondern inzwischen auch eine Senkung des Leitzinses für das kommende Jahr in Aussicht gestellt. Das stimmt die Märkte euphorisch. Denn wenn die Zinsen im kommenden Jahr sinken, kommen Unternehmen günstiger an Kapital. Gleichzeitig wird eine Anlage in Aktien im Vergleich zu festverzinslichen Anlagen wieder attraktiver.
Allerdings warnen manche Börsenexperten davor, dass die aktuelle Börsenparty nicht von Dauer ist. Falls die Wirtschaftslage die US-Notenbank im Frühjahr zwingen sollte, an ihrer restriktiven Geldmarktpolitik doch noch länger festzuhalten, könnte das den Kapitalmärkten einen Rücksetzer verpassen. Immerhin sind die Zinssenkungen nun bereits eingepreist.
Egal, wie die Kurse sich um den Jahreswechsel bewegen: Für dich als Anleger ist es so oder so nicht empfehlenswert, nach dem perfekten Zeitpunkt auszuschauen, um Anteilsscheine zu kaufen oder zu verkaufen. Für kluge Investoren gilt vielmehr der Grundsatz: Es ist allemal besser, investiert zu bleiben. Der Rat zum Jahresende lautet also: Abwarten und Tee trinken. Oder Glühwein.