Habeck will mit Abnahme-Quoten Markt für grünen Stahl schaffen

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Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung will klimafreundlichen Stahl oder Zement auch per Quoten-Regelung auf den Markt bringen.

So könnte die öffentliche Hand bei Aufträgen verpflichtet werden, einen bestimmten Anteil von grünem Stahl zu kaufen, wie aus einem Konzept des Wirtschaftsministeriums hervorgeht, das am Mittwoch veröffentlicht wurde. Auch allgemeine Quoten oder Vorgaben zum Einsatz CO2-armer Produkte seien möglich. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will so - wie das Konzept auch heißt - "Leitmärkte für klimafreundliche Grundstoffe" schaffen. Das Vorhaben flankiert die milliardenschwere Unterstützung von Stahl- oder Chemieindustrie bei der Umstellung auf grüne Produktion über sogenannte Klimaschutzverträge. Diese Unterstützung wird um so günstiger für den Staat, je mehr des zunächst teurerem grünen Stahl oder Zement verkauft wird. Industrieverbände begrüßten das Konzept.

Ziel ist es, die besonders stark von Koks, Kohle und Gas abhängige Industrie zum Einsatz von klimafreundlichen Brennstoffen wie mit erneuerbarer Energie erzeugtem Wasserstoff zu bewegen. Langfristig wird dies günstiger sein als der Einsatz fossiler Energie, die Industrie braucht jedoch jetzt Planungssicherheit und Anreize für Investitionen in klimafreundliche Anlagen. Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein, also unterm Strich überhaupt kein CO2 mehr in die Atmosphäre blasen.

Habeck nannte die Transformation der Industrie eine Mammutaufgabe: "Unsere Vision ist das Windrad aus grünem Stahl, das auf einem Fundament aus grünem Zement fußt und das E-Auto, das nicht nur CO2-frei fährt, sondern auch aus grünem Stahl hergestellt wurde", erklärte der Grünen-Politiker. Einen konkreten Zeitplan für die Umsetzung konnte er noch nicht nennen. "So schnell wie es geht", sagte Habeck und ergänzte mit Blick auf den Klimawandel: "Wir sind immer zu spät."

LOB AUS GRUNDSTOFFBRANCHE FÜR KONZEPT

Die Wirtschaftsvereinigung Stahl lobte das Vorhaben. Man spreche sich besonders dafür aus, das öffentliche Beschaffungswesen konsequent auf den Kauf von CO2-reduzierten Produkten und Prozessen auszurichten und Anreize für den Kauf von emissionsarmen Produkten - auch auf europäischer Ebene - zu verankern. Der Verband Industrielle Kraftwirtschaft, ein Zusammenschluss der großen Energieverbraucher, nannte das Konzept eine sinnvolle Ergänzung zu Hilfen bei der Produktion. "Die Transformation zu einer klimaneutralen Industrieproduktion erfordert erhebliche Investitionen in Anlagen, Produktionsverfahren und neue Technologien", sagte Hauptgeschäftsführer Christian Seyfert.

Länder und Kommunen haben über die öffentliche Beschaffung einen großen Hebel etwa bei Bauprojekten. 15 Prozent der Wirtschaftsleistung Deutschlands fließen in öffentliche Aufträge. Im Koalitionsvertrag der Ampel ist bereits verankert: "Wir schaffen sichere Absatzmärkte für klimafreundliche Produkte durch Mindestquoten in der öffentlichen Beschaffung."

Mit einer Bevorzugung grüner Produkte bei Ausschreibungen oder langsam steigenden Mindestquoten könne so der Leitmarkt geschaffen werden. Unternehmen wiederum könnten mit dem Einsatz solcher Produkte werben. Laut Habeck steht dieses Vorgehen inzwischen auch mit veränderten Rahmenbedingungen in der EU im Einklang, und auch deutsches Vergaberecht, das derzeit reformiert wird, werde dem nicht entgegenstehen. Die EU will bei den Grundstoff-Produkten Standards festlegen, wie hoch der CO2-Fußabdruck in Zukunft noch sein darf. Diese Standards können über die Jahre verschärft werden, so dass auch von dieser Seite der grüne Leitmarkt wachsen würde.

Zunächst soll es in Zusammenarbeit mit der Industrie genauere Definitionen für klimafreundliche Grundstoffe geben, die in ein anerkanntes Label etwa für grünen Stahl münden. Auch Unternehmen außerhalb Europas sollen sich für diese Labels qualifizieren können und damit ihre Chancen auf Absatz in der EU erhöhen.

(Bericht von Markus Wacket; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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