US-Wirtschaftsmotor dreht im Frühjahr kräftig auf - "Wachstumskracher"

Reuters · Uhr

Washington/Berlin (Reuters) - Trotz der Hochzinspolitik der Notenbank hat die US-Wirtschaft ihr Wachstumstempo im Frühjahr glatt verdoppelt.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte zwischen April und Juni aufs Jahr hochgerechnet um 2,8 Prozent zu, wie das US-Handelsministerium am Donnerstag auf Basis vorläufiger Daten mitteilte. Zu Jahresbeginn war ein Plus beim BIP von 1,4 Prozent herausgesprungen. Von Reuters befragte Experten hatten für das Frühjahr nur eine Steigerung auf 2,0 Prozent auf dem Radar. Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank spricht von einem Wachstumskracher. Doch für die zweite Jahreshälfte, in der es zur US-Leitzinswende kommen dürfte, zeichnet sich aus seiner Sicht eine langsamere Konsumdynamik ab.

Die Zuwächse bei Beschäftigung, Löhnen und Einkommen dürften aus Sicht des Experten dann geringer ausfallen. "Privathaushalte werden ihren Gürtel etwas enger schnallen", so die Prognose des Experten. Davon war im Frühjahr jedoch noch nichts zu sehen, im Gegenteil: Die Konsumenten steigerten ihre Ausgaben um 2,3 Prozent. Doch nicht nur die privaten Haushalte zeigen sich spendabel. Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank verweist darauf, dass auch der Staat "freizügig" Mittel verteilt habe: Der Staatsverbrauch verbuchte im zweiten Quartal einen Zuwachs von annualisiert 3,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal.

Die Daten konnten die US-Investoren nicht beruhigen. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte zwar leicht im Plus, aber der Index der Technologiebörse Nasdaq und der breit gestreute S&P-Index verharrten im Minus. Auf die Stimmung drückten weiterhin Kursverluste bei den Technologiewerten. Der Dollar-Index baute dagegen seine Verluste von bis zu 0,3 Prozent wieder ab und notierte stabil bei 104,36 Punkten.

ZINSWENDE AM HORIZONT

Das BIP-Wachstum der USA erweist sich als überraschend robust, obwohl sich die Notenbank mit einer Hochzinspolitik gegen die Inflation stemmt. Laut Zentralbankchef Jerome Powell deuten aktuelle Indikatoren darauf hin, dass die Wirtschaft weiterhin in einem soliden Tempo wächst. Die Federal Reserve versucht mit ihrer straffen geldpolitischen Linie, den Preisauftrieb zu dämpfen. Zugleich steuert die Notenbank, die nächste Woche nach Ansicht vieler Investoren noch stillhalten dürfte, auf eine Zinswende zu. "Die Widerstandsfähigkeit der US-Wirtschaft ist einmal mehr beeindruckend. Dessen ungeachtet halten wir an unserer Prognose fest, dass die US-Notenbank im September ihre Leitzinswende einläuten wird", sagte Dirk Chlench, Senior Economist bei der Landesbank Baden-Württemberg.

Eine Reihe weiterer am Donnerstag veröffentlichter Konjunkturdaten zeigten Licht und Schatten. Bei den Auftragseingängen langlebiger Wirtschaftsgüter kam es im Juni mit einem Minus von 6,6 Prozent zu einer negativen Überraschung: Denn von Reuters befragte Ökonomen hatten hingegen ein Plus von 0,3 Prozent erwartet. Experten führen den Einbruch auf den schwachen Verkehrssektor zurück: Ohne diese schwankungsanfällige Komponente gab es ein Plus von 0,5 Prozent.

Und die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe lagen mit 235.000 unterhalb des Vorwochenwertes von 245.000. "Die Zahlen fallen uneinheitlich aus, und so sollte der Einfluss auf die Zinserwartungen per saldo begrenzt sein", meint Helaba-Ökonom Ulrich Wortberg.

(Bericht Büro Washington, Mitarbeit Zuzanna Szymańska, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Sabine Ehrhardt.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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