Erneut israelischer Angriff auf UN-Friedenstruppe im Libanon

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Beirut (Reuters) - Das israelische Militär hat den dritten Tag in Folge Stellungen der UN-Friedenstruppen im Süden des Libanons angegriffen.

Zwei Menschen seien beim Beschuss eines Beobachtungspostens auf dem Hauptstützpunkt der Unifil-Truppen in Naqoura verletzt worden, sagte ein UN-Insider am Freitag. UN-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilte die wiederholten Angriffe auf Stellungen der Blauhelm-Soldaten. Auch etliche Länder protestierten, darunter Deutschland, Italien und die Türkei. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez forderte zudem die internationale Gemeinschaft auf, keine Waffen mehr an Israel zu liefern. In dieser Woche wurden UN-Kreisen zufolge vier Mal Stellungen der Unifil von israelischen Truppen beschossen und vier Blauhelm-Soldaten verletzt.

Am Freitag durchbrachen israelische Streitkräfte dem UN-Insider zufolge auch den Umkreis einer weiteren Unifil-Stellung. Auf diese hätten die israelischen Soldaten bereits am Donnerstag geschossen. Der amtierende libanesische Ministerpräsident Najib Mikati bezeichnete den jüngsten Angriff als "angekündigtes Verbrechen". Er habe mit US-Außenminister Antony Blinken über die Bemühungen um eine Waffenruhe gesprochen. Blinken äußerte sich zwar besorgt über die Eskalation im Nahost-Konflikt, nahm aber nicht öffentlich zu den Angriffen auf die Unifil Stellung. Die USA sind der engste Verbündete Israels.

Dessen Regierung reagierte zunächst nicht auf die Kritik. Israels Militär hatte am Donnerstag erklärt, es habe die Unifil-Soldaten in der Gegend von Naqoura angewiesen, sich an sichere Orte zu begeben. Dann habe man das Feuer eröffnet, denn Hisbollah-Kämpfer agierten auch in Gebieten, die bei Unifil-Stützpunkten lägen. "Unsere Empfehlung lautet, dass die Unifil sich fünf Kilometer nach Norden verlegt", erklärte Israels UN-Botschafter Danny Danon am Donnerstag. Damit könnten angesichts der sich intensivierenden Kämpfe "Gefahren vermieden werden".

GUTERRES: "WIR KÖNNEN KEINE ESKALATION ZULASSEN"

UN-Generalsekretär Guterres erklärte, diese Vorfälle seien nicht hinnehmbar. Das sage er an die Adresse Israels. Die Friedenssoldaten müssten geschützt werden. "Wir können keine Eskalation des Nahost-Konfliktes zulassen, er stellt eine Bedrohung für die globale Sicherheit dar." Es müsse alles getan werden, um einen umfassenden Krieg im Libanon zu vermeiden.

Auch aus etlichen Ländern kam harte Kritik am Vorgehen Israels. "Der Beschuss von Friedenstruppen der UN ist auf keine Weise akzeptabel und hinnehmbar", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Der Vorfall müsse genau aufgearbeitet werden. Sanchez verurteilte die Angriffe auf die Unifil. "Angesichts der Ereignisse im Nahen Osten halte ich es für dringend erforderlich, dass die internationale Gemeinschaft ihre Waffenexporte an die israelische Regierung einstellt."

Russland kritisierte den Beschuss ebenso wie die Türkei. "Die Angriffe Israels auf UN-Truppen im Anschluss an die Massaker an Zivilisten im Gazastreifen, im Westjordanland und im Libanon sind Ausdruck der Auffassung Israels, dass seine Verbrechen ungestraft bleiben", erklärte das Außenministerium in Ankara. "Die internationale Gemeinschaft ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Israel das Völkerrecht einhält."

UNIFIL: "WIR BLEIBEN, BIS EIN EINSATZ UNMÖGLICH WIRD"

Ungeachtet des Beschusses zeigten sich die Unifil-Truppen entschlossen, auf ihrem Posten zu bleiben. "Wir sind dort, weil der Sicherheitsrat uns darum gebeten hat", sagte ihr Sprecher Andrea Tenenti. "Wir bleiben also, bis die Lage uns einen Einsatz unmöglich macht." Die Gefechte zwischen dem israelischen Militär und Hisbollah-Kämpfern im Südlibanon seien eines der gravierendsten Ereignisse der vergangenen zwölf Monate. Die Unifil-Truppen haben vom UN-Sicherheitsrat das Mandat, der libanesischen Armee dabei zu helfen, den Süden des Landes von Waffen und bewaffneten, nicht staatlichen Gruppen frei zu halten. Das hat zu Spannungen mit der vom Iran unterstützten Hisbollah geführt, die das Gebiet de facto kontrolliert.

Tenenti sagte weiter, die Angriffe auf den Wachturm, die Kameras, die Kommunikationsausrüstung und die Beleuchtung des Unifil-Hauptquartiers hätten die Überwachungsmöglichkeiten der Blauhelm-Soldaten eingeschränkt. UN-Insider befürchten nun, dass israelische Angriffe es unmöglich machen, Verstöße gegen das Völkerrecht in der Zone zu überwachen. Tenenti zufolge hat die Truppe noch immer wichtige Aufgaben zu erfüllen. "Sie muss lokale Nichtregierungsorganisationen und UN-Organisationen dabei unterstützen, all diese Dörfer mit dringend benötigter Nahrung und Wasser zu versorgen. Tausende Menschen haben das Land verlassen, aber Tausende sitzen noch immer in der Gegend fest. Daher ist es sehr wichtig, Konflikte zu vermeiden."

(Reuters-Büros in Nahost, geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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