SPD sucht nach Pistorius-Absage Geschlossenheit hinter Scholz

Berlin (Reuters) - Nach der Entscheidung für Kanzler Olaf Scholz als Bundestagswahl-Spitzenkandidat dringen mehrere SPD-Politiker zur Geschlossenheit.
Auch in der SPD-Bundestagsfraktion habe es große Unterstützung für Scholz gegeben, sagte SPD-Co-Chef Lars Klingbeil am Freitag auf einer Veranstaltung sozialdemokratischer Kommunalpolitiker. Scholz selbst trat dort auf, ihm wurde stehend applaudiert. Am Vorabend hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius erklärt, dass er nicht als Kanzlerkandidat zur Verfügung stehe und damit eine wochenlange Hängepartie beendet.
Am Montag sollen der SPD-Präsidium und -Bundesvorstand Scholz als Kanzlerkandidaten nominieren. "Wir ziehen mit Olaf Scholz in Nordrhein-Westfalen mit der NRW-SPD geschlossen in diesen Bundestagswahlkampf", sagte Achim Post, Vorsitzender der SPD im größten Bundesland. In NRW habe es auch großen Zuspruch für Pistorius gegeben, sagte er mit Hinweis auf etliche kritische Stimmen zu Scholz. Beide Positionen seien "legitim", aber nun habe man eine Entscheidung.
Post nahm damit vor allem die beiden Vorsitzenden der NRW-Landesgruppe im Bundestag, Wiebke Esdar und Dirk Wiese, in Schutz, die in einem Statement betont hatten, wie groß die Vorbehalte gegen Scholz und die Zustimmung zu Pistorius an der SPD-Basis seien. Ihnen war intern ein Putschversuch vorgeworfen worden. "Wir vertrauen dabei auf Olaf Scholz und auf seine Regierungserfahrung gerade in Krisensituationen", schrieben beide in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung. "Wer weiter möchte, dass Boris Pistorius seine gute Arbeit als Bundesminister der Verteidigung für unser Land fortführen soll, der muss am 23. Februar SPD wählen", fügten sie hinzu.
Auch andere Pistorius-Anhänger betonten, dass sie nun hinter Scholz stünden. "Jetzt gilt es, den Blick nach vorne zu richten, die Reihen zu schließen und gemeinsam Wahlkampf zu machen", sagte etwa Thüringens SPD-Chef Georg Maier dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Maier hatte sich zuvor für Pistorius als Kanzlerkandidaten ausgesprochen und auf dessen Beliebtheitswerte verwiesen.
Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger sagte: "Damit ist jetzt auch sehr klar, dass bei der anstehenden Bundestagswahl die Entscheidung zu treffen ist zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz." Scholz stehe für "Besonnenheit und Ernsthaftigkeit" und habe eine "durch Erfahrung sicherlich geschützte Professionalität", sagte die SPD-Politikerin. Das würden die Wähler abwägen. Scholz habe zudem klar angesprochen, dass Wirtschaft und Arbeit sowie der Zusammenhalt in der Gesellschaft neben Sicherheitspolitik und Ukraine-Hilfe zentrale Themen seien.
Scholz trat am Vormittag bei den SPD-Kommunalpolitikern auf und sprach sich für eine moderate Reform der Schuldenbremse aus. Die Entlassung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) sei nötig gewesen, weil mit ihm keine vertretbare Finanzentscheidungen mehr zu treffen gewesen seien. Jetzt müsse die SPD zeigen, wofür sie stehe. Er nannte als Beispiel eine "besonnene" Ukraine-Politik, die aus einer entschiedenen Hilfe, aber auch der Ablehnung der Lieferung von Taurus-Marschflugkörper und der Suche nach diplomatischen Gesprächen bestehe. Man sehe derzeit, dass die Lage eskaliere und müsse einen Krieg zwischen Nato und Russland verhindern.
Die SPD sei zudem die Mieterpartei und wolle die von der FDP lange blockierte Verbesserung der Mieterrechte durchsetzen sowie den Bau bezahlbarer Wohnungen noch stärker fördern. Scholz sprach sich auch für eine "moderate" Reform der Schuldenbremse aus, weil die nötigen höheren Verteidigungsausgaben nicht zulasten von Innovationen und sozialem Zusammenhalt gehen dürften.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von . Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)