Reallöhne wachsen deutlich langsamer - Plus 1,2 Prozent

Reuters · Uhr
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Berlin (Reuters) - Trotz des kleinsten Lohnzuwachses seit mehr als zwei Jahren ist die Kaufkraft der Arbeitnehmer in Deutschland zu Jahresbeginn das achte Quartal in Folge gestiegen.

Von Januar bis März wuchsen die nominalen Löhne um 3,6 Prozent zum Vorjahresquartal, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. "Dies ist der schwächste Anstieg seit dem Jahr 2022", hieß es dazu. Die Verbraucherpreise stiegen im selben Zeitraum um 2,3 Prozent. Damit lagen die Reallöhne um 1,2 Prozent höher als ein Jahr zuvor, nachdem der Zuwachs Ende 2024 mit 2,5 Prozent noch mehr als doppelt so stark ausgefallen war. "Verantwortlich für den vergleichsweise moderaten Anstieg dürfte der Wegfall der Inflationsausgleichsprämie sein", so die Statistiker. Sie erlaubte eine steuer- und sozialabgabenfreie Zahlung von bis zu 3000 Euro.

Dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge kommt die Entwicklung nicht überraschend, da die Reallöhne 2024 so stark gestiegen seien wie seit über 30 Jahren nicht mehr - was wiederum eine Reaktion auf die Kaufkraftverluste in den vier Jahren zuvor gewesen sei. "Vor diesem Hintergrund war die langsamere Gangart im laufenden Jahr absehbar", sagte IfW-Experte Dominik Groll. Für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte komme erschwerend hinzu, dass zu Jahresbeginn die Zusatzbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung stark gestiegen seien, "so dass von dem Plus bei den realen Bruttolöhnen netto kaum noch etwas übrigbleibt". In diesem Jahr dürfte der Kaufkraftzuwachs für die Arbeitnehmer merklich geringer ausfallen als 2024. "Voraussetzung für kräftigere Zuwächse wäre eine deutliche Belebung der wirtschaftlichen Aktivität mit entsprechenden Produktivitätssteigerungen", sagte Groll.

"GUTE NACHRICHTEN FÜR EZB"

Für die Europäische Zentralbank (EZB) ist das geringere Lohnplus nach den Worten von Chefvolkswirt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank eine gute Nachricht. Das führe perspektivisch zu einer geringeren Inflation im Dienstleistungssektor. Allerdings herrsche in vielen Branchen ein Arbeitskräftemangel, weshalb die Lohnzuwächse "in den kommenden Jahren überdurchschnittlich bleiben dürften", sagte de la Rubia. "Ein Unsicherheitsfaktor bei dieser Erwartung ist die Entwicklung der künstlichen Intelligenz und das Tempo, mit dem diese neue Technologie in der Lage ist, menschliche Arbeitskräfte zu ersetzen."

Überdurchschnittliche nominale Verdienststeigerungen im ersten Quartal meldeten die Bereiche Energieversorgung (+6,6 Prozent), Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (+5,8 Prozent) sowie Information und Kommunikation (+5,8 Prozent). Bei Finanz- und Versicherungsdienstleistern (+1,5 Prozent) sowie im Grundstücks- und Wohnungswesen (+1,1 Prozent) fiel der Zuwachs vergleichsweise gering aus. Im Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden gab es sogar ein Minus von 2,4 Prozent.

Besonders kräftig zogen die Nominallöhne bei Geringverdienern an. Das Fünftel mit den geringsten Verdiensten kam auf ein Plus von 7,2 Prozent. Für das oberste Fünftel betrug der Aufschlag 2,7 Prozent. Auszubildende erhielten im ersten Quartal 4,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Geringfügig Beschäftigte kommen nur auf ein Plus von 0,7 Prozent.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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