Handel fordert Nullrunde beim Mindestlohn - Scharfe Kritik von Verdi

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Berlin (Reuters) - Der deutsche Einzelhandel warnt angesichts der anstehenden Entscheidung der Mindestlohnkommission vor einer deutlichen Anhebung der gesetzlichen Lohnuntergrenze.

"Der Einzelhandel kann im dritten Rezessionsjahr in Folge angesichts enger Margen und geringer Rücklagen weitere Kostensteigerungen nicht mehr schultern", sagte der Präsident des Branchenverbandes HDE, Alexander von Preen, am Donnerstag. Er verwies auf eine Umfrage des Verbandes unter rund 550 Handelsunternehmen aller Größen, Branchen und Vertriebsformen. Demnach erwarten zwei Drittel negative Folgen auf die Beschäftigung bis hin zu Entlassungen, sollte der Mindestlohn kräftig steigen. "Wir brauchen deshalb eine Aussetzung der Mindestlohnanpassung, also eine Nullrunde", sagte von Preen.

Bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi stieß diese Forderung auf scharfe Kritik. "Der HDE will die Beschäftigten im Handel nicht fair entlohnen", sagte Bundesvorstandsmitglied Silke Zimmer. Angesichts der Preissteigerungen der vergangenen Jahre seien Lohnsteigerungen nach wie vor bitter nötig. "Viele Beschäftigte im Handel kommen mit ihrem Entgelt kaum über die Runden." 90 Prozent der mehr als drei Millionen Mitarbeiter im Einzelhandel seien akut von Altersarmut bedroht. "Miese Löhne sorgen dafür, dass immer mehr Beschäftigte im Handel das Weite suchen."

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht, dass ein Mindestlohn von 15 Euro je Stunde im Jahr 2026 "erreichbar" sei. Aktuell liegt er bei 12,82 Euro. Die Mindestlohnkommission aus Gewerkschaften und Arbeitgebern könnte noch im Juni ihre Entscheidung verkünden.

"Eine weitere Anhebung des Mindestlohns führt dazu, dass die Entgelte in kollektiven Entgeltsystemen insgesamt angehoben werden müssen", warnte der HDE-Präsident. Es müssten die Lohnabstände zu höheren Entgeltgruppen gewahrt bleiben. "Dieser Mechanismus vervielfacht den finanziellen Effekt einer Mindestlohnanhebung enorm", sagte von Preen weiter. Hier fürchten 84 Prozent der vom HDE befragten Unternehmen eine Zunahme von Konflikten in den Betrieben, wenn bei einfachen Tätigkeiten infolge eines höheren Mindestlohns keine Differenzierung mehr möglich ist.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sagte vor wenigen Wochen, man werde "gesetzgeberisch tätig", wenn die Mindestlohnkommission nicht auf die 15 Euro komme. "Die Politik muss sich hier heraushalten", sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura. "Die Kommission soll im Interesse der Arbeitnehmer und Arbeitgeber handeln, nicht im Interesse des aktuellen Politbarometers."

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Rüttger - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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