Wie ein professioneller Fondsmanager mit der aktuellen Marktsituation umgeht
Felix Kästner
Viele Anleger sind durch die anhaltende Zollthematik verunsichert und fragen sich: In welche Aktien, Sektoren und Regionen kann man noch guten Gewissens investieren? Portfoliomanager Michael Illig verrät im Interview mit Felix Kästner, wie er in der Zollkrise vorgeht und auf welche Faktoren er dabei achtet.

Es handelt sich beim folgenden Gespräch um einen kleinen Auszug aus dem Video-Interview mit Michael Illig. Das komplette Gespräch findest du auf unserem Youtube-Kanal:
Felix Kästner (FK): Michael, ich möchte mit mir über Donald Trump sprechen. Der Mann sorgt ja dafür, dass uns zurzeit nicht langweilig wird an den Finanzmärkten. Wie oft am Tag checkst du denn die Sozialen Medien, um die nächste disruptive Aussage von Herrn Trump möglichst früh mitzubekommen und gegebenenfalls schnell reagieren zu können?
Michael Illig (MI): Tatsächlich nicht so oft im direkten Kontext. Natürlich werden immer wieder Sachen in den Nachrichten hochgespült. Wenn man sich dann fragt, warum sich die Kurse bewegen, steht dann oft irgendeine Aussage dahinter. Generell ist das Niveau der Unsicherheit seit der Trump-Wiederwahl ein ganzes Stück gestiegen. Der Liberation Day* hat nochmal für eine zusätzliche Steigerung gesorgt. Wir probieren, uns davon ein bisschen zu distanzieren: Statt Prognosen darüber zu treffen, wie hoch nun welcher Zoll werden könnte, versuchen wir eher das Gesamtbild im Auge zu behalten und zu schauen, wie Unternehmen auf die Zollthematik reagieren.
*Mit dem Begriff "Liberation Day" (Tag der Befreiung) ist der 02. April 2025 gemeint. An diesem Tag kündigte US-Präsident Trump weitreichende Strafzölle auf Importgüter aus anderen Ländern an. Die weltweiten Finanzmärkte reagierten darauf mit zum Teil massiven Kursverlusten. Viele von Trumps Ankündigungen sind bis heute nicht in der ursprünglich geplanten Form umgesetzt worden.
FK: Wir leben ja aktuell - auch abseits der Zollthematik - in sehr bewegten Zeiten mit vielen Krisen, seien es großen geopolitischen Konflikte oder auch die Rezessionsprobleme hier in Deutschland, die für zusätzliche Unsicherheit bei vielen Anlegern sorgen. Wie gehst du denn als Fondsmanager damit um? Wie identifizierst du aktuell Investments, die noch einigermaßen sicher und renditestark sind?
MI: Die Qualität eines Unternehmens die setzt sich für uns immer zusammen aus dem Wachstum, also der Gewinne, die wir in der Zukunft erwarten, und der Vorhersehbarkeit, die mit diesen Gewinnen einhergeht.
Wir investieren außerdem primär in Firmen, die eher global tätig sind, und haben dadurch unsere geografischen Risiken auch verteilt, sodass wir nicht von dem einen Szenario ausgehen müssen, wo plötzlich alles auf dem Kopf steht. Ich halte es für immens wichtig, dass man ein diversifiziertes Portfolio hat mit Unternehmen, die auch eine gute Anpassungsfähigkeit haben. Also zum Einen die Diversifikation nicht nur über Länder, sondern auch über Sektoren hinweg, und zum Anderen auch ein gewisses Maß an Resilienz bei den Unternehmen, in die investiert wird.
Michael Illig (42) ist Partner und Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Flossbach von Storch. Seit 2019 verwaltet er den Aktienfonds Flossbach von Storch - Global Quality. Davor war Illig unter anderem als Analyst für DWS tätig. Er hat Betriebswirtschaftslehre in Mainz und Valencia studiert.
FK: Ein Sektor, der ja gerade im Dauerhype-Modus agiert, ist der KI-Sektor. Du hast in der Vergangenheit - im Gegensatz zu vielen anderen - eine gewisse Skepsis gegenüber KI-Aktien durchblicken lassen. Warum?
MI: Generell bin ich durchaus optimistisch, was die Verbreitung von KI in der Wirtschaft angeht. Da hat sich alleine in den vergangenen zwei Jahren wahnsinnig viel getan. Mir stellen sich hier zwei Fragen. Erstens: Was ist womöglich bereits eingepreist an Erwartungen? Wenn nämlich die Erwartungen zu hoch sind, dann kann es sich auch toll entwickeln und es hilft nichts.
Die zweite Frage dreht sich um die angesprochene Vorhersehbarkeit. Wenn ich Firmen in einem sehr jungen Umfeld habe, dann weiß ich in der Regel gar nicht so genau, wie es in fünf bis zehn Jahren eigentlich aussieht, welche Rolle die Firma dann im Ökosystem spielen wird. Es kann ja gut sein, dass sich im KI-Sektor noch Vieles stark verändern wird, dass etwa neue Anwendungsbereiche kommen, von denen ich vorher gar nichts wusste. Dann wird vielleicht eine Firma, die jetzt noch eine starke Position hat, keine so große Rolle mehr spielen. Auch zum Beispiel bei Nvidia als Chiphersteller geht da durchaus eine gewisse Unsicherheit mit einher.