Trump schickt Vertrauten und Kritiker der Notenbank ins Fed-Direktorium

Washington (Reuters) - US-Präsident Donald Trump will mit seinem Wirtschaftsberater Stephen Miran einen erklärten Kritiker der Notenbank im Direktorium der Fed platzieren.
Mit der als übergangsweise bezeichneten Nominierung für eine Vakanz im Fed-Board schickt der auf Zinssenkungen dringende Staatschef einen Vertrauten in die Zentralbank, der mit ihm auf einer Wellenlänge liegt: Miran hat maßgeblich die Handels- und Zollpolitik der Regierung mitgestaltet. Zugleich hat der Ökonom mit Vorschlägen zum Beschneiden der Unabhängigkeit der Notenbank für Aufsehen gesorgt. Vor dem Hintergrund der Attacken Trumps auf Fed-Chef Jerome Powell sind diese Überlegungen brisant, gilt doch die Unabhängigkeit der einflussreichsten Notenbank der Welt für die Finanzmärkte weltweit als hohes Gut.
Alle Kandidaten für Direktoriumsposten der Fed müssen vom US-Senat bestätigt werden. Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren kündigte "harte Fragen" bei Mirans Anhörung an - etwa, ob er dem amerikanischen Volk als unabhängige Stimme bei der Fed oder "lediglich Donald Trump" dienen werde.
"Unserer Ansicht nach ist er sehr umstritten und wird den Senat nicht passieren. Er wird versuchen, die Fed zu verändern", sagte Andrew Brenner von Natalliance Securities in New York über Miran. Robert Tipp vom Vermögensverwalter PGIM gibt zu bedenken, dass die Bemühungen, die Fed unter Druck zu setzen, bislang nicht von Erfolg gekrönt gewesen seien: "Vermutlich wird Mirans Ernennung zumindest geringfügige Auswirkungen haben – doch das wird von der Nachgiebigkeit der übrigen Mitglieder im Offenmarktausschuss abhängen – was sicherlich nicht selbstverständlich ist."
Der Offenmarktausschuss (FOMC) entscheidet unter Vorsitz des Fed-Chefs über die Zinspolitik. Laut Agenturberichten kristallisiert sich heraus, dass das Team um Trump Fed-Direktor Christopher Waller als künftigen Fed-Chef favorisiert. Dieser hatte zuletzt mit einer weiteren Kollegin im Fed-Direktorium gegen die Mehrheit im FOMC für eine Zinssenkung gestimmt. Nach einer überraschend kräftigen Abkühlung am US-Arbeitsmarkt sprachen sich zuletzt auch weitere Währungshüter für eine baldige Lockerung des Kurses aus. Händler an den Terminmärkten stellen sich darauf ein, dass eine erste Zinssenkung im laufenden Jahr Mitte September ansteht.
Die US-Investmentbank J.P. Morgan geht davon aus, dass dies der Auftakt für eine Zinssenkungsserie sein wird. So könnte der geldpolitische Schlüsselsatz, der derzeit im Bereich von 4,25 bis 4,50 Prozent liegt, in vier aufeinander folgenden Schritten um jeweils einen Viertelpunkt nach unten geschleust werden. Zugleich erwarten die Experten von J.P. Morgan, dass mit dem Einzug von Miran, derzeit Vorsitzender des Council of Economic Advisers (CEA) im Weißen Haus, tiefgreifende institutionelle Reformen auf die Notenbank zukommen könnten.
MIRAN WIRFT DER FED "GRUPPENDENKEN" VOR
Der Ökonom Miran hat der Fed vorgeworfen, ihre Arbeit sei von Gruppendenken in der Geldpolitik und übermäßiger Regulierung geprägt. Als Co-Autor in einem Artikel der konservativen Denkfabrik Manhattan Institute kritisierte er voriges Jahr zudem, die Notenbank konzentriere sich nicht genug auf ihre Kernaufgabe - die Bekämpfung der Inflation. Zugleich machte er brisante Vorschläge, die in den Augen vieler Experten als tiefe Einschnitte in die Unabhängigkeit der Notenbank gewertet werden dürften: Statt einer 14-jährigen Amtszeit und dem Schutz vor Abberufung nach der Ernennung schlug Miran vor, dass die Fed-Direktoren nur acht Jahre im Amt bleiben und nach Belieben des Präsidenten abberufen werden könnten.
Miran soll sein Amt bei der Fed als Übergangsvertreter nur bis zum 31. Januar 2026 ausüben, wie Trump am Donnerstag mitteilte. Man werde weiter nach einem dauerhaften Nachfolger suchen. Der Sitz wurde durch den überraschenden Rücktritt von Adriana Kugler frei, der am heutigen Freitag wirksam wird. Miran absolviert damit ihre restliche reguläre Amtszeit.
Die Personalie ist auch vor dem Hintergrund der Frage von Bedeutung, wer nach dem Ende der Amtszeit von Fed-Chef Powell im Mai 2026 auf den Chefposten gelangt. Trump hat nach eigenen Angaben mit der Befragung von Kandidaten begonnen. Er sagte jüngst vor Reportern, die Liste für künftige Posten beschränke sich wohl auf drei Personen. Dabei sprach er von "zwei Kevins" - gemeint waren sein Wirtschaftsberater Kevin Hassett und der ehemalige Fed-Gouverneur Kevin Warsh. Den dritten Kandidaten nannte er nicht.
Trump hat Powell immer wieder verbal attackiert. Er hat zudem öffentlich über dessen Entlassung sinniert, die gemäß US-Gesetz jedoch nicht wegen eines Streits über die Zinspolitik gerechtfertigt wäre. Finanzminister Scott Bessent hat bereits einen groben Zeitplan für die Nominierung eines neuen Notenbankchefs genannt: Er gehe davon aus, dass man "bis Ende des Jahres" eine Mitteilung machen könne.
(Bericht von Rashika Singh, Howard Schneider, Devika Nair und Jasper Ward,; geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Philipp Krach.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)