Aktienmärkte: Öffnung der US-Börsen sorgt für nächste Volatilitätswelle – Ex-Goldman-Analyst zieht Parallelen zum 2000er Dotcom-Crash – „Weiterer 40 Prozent Kursrutsch möglich“
Auch die Wall Street eröffnet die neue Woche in unruhigen Fahrwassern. Der Dow Jones und der S&P 500 starteten den US-Handel mit Verlusten von weit über 1 Prozent, konnten dann aber recht schnell nach dem Ertönen der Startglocke die Kurve nach oben nehmen.
Der Dax und die restlichen europäischen Märkte wurden zunächst ebenfalls weiter nach unten mitgerissen, haben dann aber auch im weiteren Verlauf vorerst die Richtung gedreht. Momentan notiert der Dax noch mit einem Minus von 3 Prozent bei 10.535 Punkten.
„Investoren realisieren, dass die Rally vom April auf überzogenem Optimismus über das Ende der Krise beruhte“, sagte Analyst Pierre Veyret vom Brokerhaus ActivTrades. Er halte es zwar für unwahrscheinlich, dass die Kurse auf ihre Tiefs vom März zurückfielen. Dennoch müsse mit deutlichen Verlusten gerechnet werden. Im April hatte der breit gefasste europäische Index Stoxx600 mit einem Plus von insgesamt 6,2 Prozent den größten Monatsgewinn seit viereinhalb Jahren verbucht.
Ölpreis unter Druck – „Sichere Häfen“ gefragt
Wegen der handelspolitischen Spannungen zogen die Volatilitätsindizes VDax und VStoxx, die die Nervosität der Anleger messen, um jeweils etwa 15 Prozent an. Die Verunsicherung spiegelte sich auch im Ölpreis wider. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 2,3 Prozent auf 26,82 Dollar je Barrel (159 Liter).
Daher flüchteten einige Investoren in die Weltleitwährung. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, gewann 0,3 Prozent. Im Gegenzug verbilligte sich der Euro um 0,4 Prozent auf 1,0934 Dollar.
Gefragt war auch die „Antikrisen-Währung“ Gold, die sich um 0,4 Prozent auf 1706,55 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) verteuerte. Die Aufwertung der US-Währung bremse den Kursanstieg allerdings, weil sie das Edelmetall für Anleger außerhalb der USA verteuere, sagten Börsianer.
Ausverkauf bei Thyssenkrupp
Zu den größten Verlierern am deutschen Aktienmarkt zählte Thyssenkrupp. Die Einbußen durch die Coronavirus-Krise fräßen Einnahmen aus dem milliardenschweren Verkauf der Aufzugssparte auf, warnte der Stahlkonzern. Weitere Finanzspritzen könnten notwendig werden. Die Aktie brach zeitweise um gut 17 Prozent auf 5,04 Euro ein und steuerte auf den zweitgrößten Tagesverlust der Firmengeschichte zu.
Bei den US-Einzelwerten standen die Airlines unter besonders großem Druck. Am Wochenende hatte die Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway von Staranleger Warren Buffett mitgeteilt, sich von allen Beteiligungen an US-Fluggesellschaften getrennt zu haben. Im vorbörslichen Handel sackten die Papiere von Delta Air Lines, United Airlines und American Airlines um jeweils mehr als 10 Prozent ab.
Berkshire Hathaway selbst hatte den Betriebsgewinn im ersten Quartal trotz der Corona-Krise deutlich gesteigert. Verglichen mit dem Vorjahreswert kletterte das Ergebnis um rund 6 Prozent. Beim Nettoergebnis verzeichnete Berkshire indes einen Rekordverlust von 50 Milliarden Dollar, da die jüngsten Börsenturbulenzen viele Aktien massiv ins Minus brachten. Als Gradmesser für den Geschäftsverlauf gilt diese Kennziffer jedoch als ungeeignet, da sie durch den Ausweis unrealisierter Investmentgewinne und -verluste verzerrt ist und enorm schwankt. Die Aktien der Holding fielen vorbörslich um 1,4 Prozent.
Ex-Goldman-Analyst sieht weiteren enormen Kursrutsch kommen
Eine sehr düstere Prognose hat am Montag zudem der ehemalige Goldman Sachs-Analyst Will Meade gegenüber dem US-Branchenportal Marketwatch abgegeben. Seiner Meinung nach steht den Märkten ein weiterer, herber Rücksetzer bei Aktien von bis zu 40 Prozent im weiteren Verlauf des Jahres an. Die derzeitige Konstellation würde zudem stark an die 2000er Dotcom-Krise erinnern.
„Der Nasdaq erholte sich im Jahr 2000 ähnlich wie die Aktien in diesem Jahr – er fiel um 40 Prozent und erholte sich dann um 42 Prozent vom Boden, wobei er 61,8 Prozent seines Falls wiedergutmachen konnte. Die Märkte kamen zum Stillstand und dann folgte der weitere Rutsch um 43 Prozent, was vier Monate später ein neues Tief hervorgebracht hat“, so die Einschätzung des Analysten. Zudem sei die Präsidentschaftswahl am Horizont ein zusätzlicher Faktor, der Unsicherheit in die Märkte bringen könnte.
onvista-Redaktion/dpa-AFX/reuters
Titelfoto: Stuart Miles / Shutterstock.com
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