Bundestagswahl: Finanztransaktionssteuer wollen fast alle großen Parteien einführen! – Welche Partei hilft dem Kleinanleger und welche bittet ihn noch mehr zur Kasse?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Sind Sie noch unentschlossen, welche Partei sie am 26. September wählen sollen? Der Wahl-O-Mat bietet hier mit verschiedenen ausgewählten Fragen eine Hilfestellung. Für Anleger ist er allerdings keine große Unterstützung. Daher habe ich mal die Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD, Bündnis 90 / Die Grünen, FDP, und Die Linke auf Aussagen durchsucht, welche für Kleinanleger interessant oder sogar ausschlaggebend sein könnten.

Wer ist für eine Transaktionssteuer?

Würde Rot-Rot-Grün die neue Regierung stellen, dann dürfte die eine Finanztransaktionssteuer so gut wie beschlossen sein. Alle drei Parteien betonen in ihren Wahlprogrammen, dass sie für die Einführung dieser Abgabe sind.

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Quelle: Wahlprogramm Die Grünen – Seite 86 

Die CDU ist ebenfalls für die Einführung der Finanztransaktionssteuer. Im Wahlprogramm befindet sich allerdings ein Zusatz, der den Anleger schonen soll – zumindest Kleinanleger: Screenshot, Chart oder sonstiges Schmuckbild

Quelle: Wahlprogramm CDU – Seite 73

Die FDP hat die Finanztransaktionsteuer in ihr Wahlprogramm nicht aufgenommen.

Grüne und Die Linke wollen mehr Steuern

Im Wahlprogramm der Grünen heißt es weiter:  „Auch werden wir die Steuerfreiheit für andere Veräußerungsgewinne, beispielsweise beim Handel mit Edelmetallen, Rohstoffen oder Kryptowerten, abschaffen.“ Was noch alles unter andere Veräußerungsgewinne fällt,  ist nicht genau definiert.  Zudem möchten die Grünen die Abgeltungssteuer abschaffen und durch ein Teileinkünfteverfahren ersetzen: „Kapitalerträge werden unter Beibehaltung des Sparerfreibetrages mit dem individuellen Steuersatz veranlagt. Wie hoch de individuelle Steuersatz ist, dass geht aus dem Wahlprogramm nicht hervor.

Bei den Linken ist es da etwas einfacher. Die Abgeltungssteuer wird abgeschafft. Zudem möchten sie Derivate komplett verbieten oder stärker einschränken.

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Quelle Wahlprogramm Die Linke – Abschnitt mit Steuern umsteuern

FDP möchte den Kleinanleger entlasten 

Während Grüne und Linke den Anleger stärker zur Kasse bitten möchten, schlägt die FDP einen anderen Weg ein. Sie möchten den Kleinanlegern unter die Arme greifen und eine Spekulationsfrist einführen.

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CDU/CSU mit der aktuellen Lage zufrieden

Die Unionsparteien wollen an der aktuellen Besteuerung von Kapitalerträgen wohl nichts ändern. Sie möchten an anderer Stelle für Erleichterung sorgen:

„Wir werden den Sparer-Pauschbetrag und die Arbeitnehmersparzulage erhöhen.“

„Wir werden die vermögenswirksamen Leistungen stärken und den Höchstbetrag, den Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber erhalten können, erhöhen.“

„Gewinne aus vermögenswirksamen Leistungen sollten nach der Mindesthaltefrist steuerfrei sein.“

Nachhaltigkeit, Finanzbildung und Bafin stehen bei allen auf der Agenda

Alle 5 Parteien setzen sich dafür ein, dass die Nachhaltigkeit von Anlagen und Finanzbildung immer mehr in den Vordergrund rücken sollten. Dafür soll ein größeres Angebot geschaffen werden. Der Wirecard-Skandal hat es auch in die Wahlprogramme geschafft. Damit so ein Vorfall nicht noch einmal vorkommt, fordern hier auch fast alle Parteien eine Stärkung der BaFin.

FDP ist Anlegerfreundlich

Zwar betonen fast alle Parteien, dass sie dem Kleinanleger zu Hilfe kommen möchten, richtig erkennen kann man dies allerdings nur im Wahlprogramm der FDP. CDU/CSU möchten dem Kleinanleger auch bedingt unter die Arme greifen, indem man ihn zumindest bei der Finanztransaktionssteuer erwähnt. Bei SPD, Die Grüne und Die Linke scheint die Wählergruppe Anleger nicht eine große Rolle zu spielen. Unterm Strich könnte der Kleinanleger bei den angestrebten Änderungen schlechter dastehen als aktuell.

Wie wird der Markt auf die Wahl reagieren?

Belastung/Entlastung ist die eine Seite der Wahl-Medaille auf der anderen Seite steht die Reaktion des Marktes auf das Wahlergebnis, was die Anleger ja auch belasten könnte. Normalerweise gilt hier die Faustregel: Politische Börsen haben kurze Beine! In den meisten Fällen hat sich diese Börsenregel auch bewahrheitet. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass sie bei einer bestimmten Regierungs-Koalition außer Kraft gesetzt wird. Sollte die neue Regierung ein Bündnis aus Rot-Rot-Grün sein, dann dürfte einiges an Kapital aus Deutschland abfließen.

Die drei Parteien werden nicht nur dem Kleinanleger die Lage etwas schwerer machen, sondern auch einigen großen Konzernen im Land. So findet man im Wahlprogramm der Linken folgenden Auszug: „Wohnraum darf kein Spekulationsobjekt an der Börse mehr sein, Immobilien- und Hedgefonds wollen wir die Zulassung entziehen.“ Geschehen soll dies über ein Anti-Spekulationsgesetz, dass unter anderem auch den Handel mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln komplett verbieten soll. Zudem soll auf Kryptomining in Deutschland verboten werden, wenn es nach den Linken geht.

Die Grünen wollen die deutschen Banken einschränken. Der Aufgabenbereich soll unter dem Stichwort „Boring Banking“ deutlich eingeschränkt werden.

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Quelle: Wahlprogramm Die Grünen, Seite 84 

Aber nicht nur die Finanzbranche dürfte Rot-Rot-Grün nicht gerne sehen. Auf die Fluggesellschaften dürften auch schwerere Zeit zukommen. Olaf Scholz drückt das im Wahlprogramm der SPD in Leichter Sprache wie folgt aus:

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Quelle: Wahlprogramm SPD 2021 in Leichter Sprache, Seite 18

Rot-Rot-Grün aber eher unwahrscheinlich 

Nach den neusten Aussagen aus der SPD kommt für Olaf Scholz und seine Partei eine Koalition mit der Linkspartei aber nicht in Betracht. Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil geht auf Distanz zur Linkspartei. „Unser Programm ist umsetzbar. Bei der Linkspartei ist mir das zu viel Wünsch-dir-was und Im-Himmel-ist-Jahrmarkt“, sagte er dem „Spiegel“. Man könne nicht vor einer Wahl Dinge versprechen, „die zwar nett klingen, aber nicht umsetzbar sind“.

SPD weiter vorne

Laut den neusten Werten vom ZDF-Politbarometer liegt die SPD im Rennen um die Wählergunst weiter vorne: Nach der am Freitag veröffentlichten Umfrage kommt die SPD wie in der Vorwoche auf 25 Prozent vor der Union, die sich bei 22 Prozent stabilisiert. Die Grünen bleiben bei 17, FDP und AfD bei jeweils elf Prozent. Die Linken verlieren leicht auf sechs Prozent (minus eins).

Fazit:

Aus reiner Anlegersicht ist ein Kreuzchen bei der FDP am 26. September die richtige Wahl. Allerdings gilt bei der Bundestagswahl ähnliches, wie bei der Aktienwahl. Ein einziger Aspekt sollte nicht den Ausschlag für die Entscheidung geben. Wer noch unschlüssig ist, für welche Partei sein Herz schlägt, der sollte die Wahlprogramme der einzelnen Parteien  selbst einmal durchlesen und bei den Punkten nachschlagen, die für ihn neben der Aussicht für Kleinanleger wichtig sind:

Wahlprogramm SPD

Wahlprogramm CDU/CSU

Wahlprogramm Bündnis 90 / Die Grünen

Wahlprogramm FDP

Wahlprogramm Die Linke 

Von Markus Weingran

Foto: stockwerk-fotodesign / shutterstock.com

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