Corona-Kosten treiben Staatsschulden auf Rekordhöhe
Berlin (Reuters) - Die Corona-Maßnahmen haben die Verschuldung des deutschen Staates im ersten Halbjahr auf Rekordhöhe getrieben.
Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung einschließlich aller Extrahaushalte standen Ende Juni zusammen mit 2,25 Billionen Euro in der Kreide, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das sind 78,9 Milliarden Euro oder 3,6 Prozent mehr als Ende 2020. "Insbesondere beim Bund ist dies weiterhin auf Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zurückzuführen", hieß es zur Begründung. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt nunmehr bei 27.090 Euro.
Beim Bund allein erhöhten sich die Verbindlichkeiten um 5,3 Prozent oder 74,0 Milliarden auf 1,48 Billionen Euro. Bei den Ländern fiel der Zuwachs mit 0,6 Prozent auf rund 640 Milliarden Euro gering aus. Hier gibt es allerdings starke regionale Unterschiede. Die höchsten Zuwächse wiesen Sachsen (plus 11,0 Prozent), Niedersachsen (plus 5,0) und Nordrhein-Westfalen (plus 4,4) auf. "Die Schuldenanstiege in diesen Ländern sind hauptsächlich auf eine Ausweitung der Emission von Wertpapieren zurückzuführen", hieß es. Der stärkste Rückgang wurde in Bremen mit 17,1 Prozent verzeichnet. In Brandenburg sank die Verschuldung um 4,3 Prozent und in Hessen um 3,0 Prozent.
Die anstehenden Koalitionsverhandlungen dürften zeigen, wie sich die Schulden unter einer neuen Bundesregierung entwickeln. Ohne Rücksicht auf die Wahlergebnisse erwartet das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) für 2021 ein Staatsdefizit von 4,9 Prozent. Dieses Verhältnis von Neuverschuldung zur Wirtschaftskraft dürfte wegen des kräftigen Aufschwungs nächstes Jahr auf minus 1,9 Prozent sinken. Dank des Wachstums und der geringen Zinslast könne der Bund großzügiger mit der Verschuldung umgehen, sagte der wissenschaftliche Direktor Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen IMK. Wichtiger als die Staatsverschuldung nun rasch zu senken sei es, die öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur zu erhöhen und die sozial-ökologische Transformation zum Erreichen der Klimaziele anzuschieben. "Das geht nur, wenn dabei gute Arbeitsplätze in der Industrie erhalten werden und es einen sozialen Ausgleich wie auch immer geartet für steigende CO2-Preise gibt", betonte Dullien.
Die Verbindlichkeiten der Gemeinden und Gemeindeverbände legten derweil im ersten Halbjahr um 0,8 Prozent auf 134,4 Milliarden Euro zu. Den höchsten Anstieg gab es hier in Bayern mit 6,6 Prozent, gefolgt von Baden-Württemberg (plus 5,9) und Schleswig-Holstein (plus 3,6). Besonders deutlich Rückgänge gab es im Saarland (minus 5,8 Prozent), in Brandenburg (minus 4,0) und in Sachsen (minus 3,2). Die Sozialversicherung wies im ersten Halbjahr einen Schuldenstand in Höhe von 41 Millionen Euro aus.