Dax: Leitindex fällt unter die Marke von 15.000 Punkten – durchhalten oder Flucht ergreifen?
Obwohl die Wall Street Dienstag ihre Verluste vom Wochenauftakt so gut wie wett gemacht hat, steht der Dax heute zu Handelsbeginn wieder unter Druck. Dreimal konnte der deutsche Leitindex in diesem Jahr ein deutliches Abrutschen unter die Marke von 15.000 Punkten verhindern – heute scheint dies nicht mehr zu klappen. Aktuell liegt der Dax etwas mehr 1,8 Prozent im Minus und steht bei 14.97 Punkten. Damit hat fällt das deutsche Börsenbarometer zum ersten Mal in diesem Jahr unter die 200-Tage-Linie und das Bild trübt sich deutlich ein.
Chart Dax seit Jahresanfang
Schlechte Vorgaben aus Asien
Während die Wall Street aktuell „nur“ schwächelt sieht es am japanischen Aktienmarkt deutlich anders aus. Sorgen um neue Steuerpläne des neuen Premierministers Fumio Kishida drücken den Nikkei weiter ins Minus. Damit erlebt der japanische Leitindex den größten Rücksetzer seit dem Corona-Crash. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es allerdings noch. Obwohl auf der Nikkei ebenfalls unter die 200-Tage-Linie abgetaucht ist, könnte die horizontale Unterstützung bei 27.500 Punkten dem Index noch Halt bieten. Sollte sie auch fallen, dann könnte sich der Abwärtstrend noch verstärken.
Chart Nikkei seit Januar 2020
Materialmangel bereitet immer größere Kopfschmerzen
Zu den Sorgen aus Asien gesellen sich heute auch neue Probleme für die deutsche Industrie. Die Probleme in den Lieferketten werden jetzt auch in der Auftragslage sichtbar. Nach einem kräftigem Auftragsplus in den Vormonaten hat der August für die deutsche Industrie einen Dämpfer gebracht. Beim Auftragseingang verzeichnete das Verarbeitende Gewerbe in dem Monat ein Minus von 7,7 Prozent zum Juli 2021, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte.
Die Wiesbadener Behörde erklärte den deutlichen Rückgang damit, dass anders als im Juli und Juni des laufenden Jahres weniger Großaufträge zum Beispiel für Flugzeuge, Schiffe oder Züge eingingen. „Es gab für einen August zwar überdurchschnittlich viele Großaufträge, aber weniger als in den Vormonaten“, erklärte ein Statistiker.
Allerdings: Auch ohne Berücksichtigung der schwankungsanfälligen Großaufträge gingen die Auftragseingänge im Monatsvergleich um 5,1 Prozent zurück. Besonders stark rückläufig waren den Angaben zufolge die Bestellungen in der Automobilindustrie. Vielen Herstellern machen Lieferengpässe bei wichtigen Teilen und Rohstoffen zu schaffen: Die Bestellungen im Bereich Kraftwagen und Kraftwagenteilen sanken nach Berechnungen des Bundesamtes im August um 12 Prozent, in der Metallerzeugung und -bearbeitung gab es Rückgänge von 9,6 Prozent.
„Der satte Rückgang bei den Auftragseingängen zeigt, der Materialmangel bremst auch die Auftragseingänge kräftig. Wenn ohnehin klar ist, dass nicht geliefert werden kann, bestellen viele Unternehmen erst gar nicht“, analysierte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. „Der Mangel an Vorprodukten ist also gegenwärtig ein durchaus ernstzunehmendes kurzfristiges Konjunkturrisiko.“
Dunkle Wolken werden nicht gerade kleiner
Die Wall Street scheint die aktuellen Probleme an den Märkten Dienstag zwar wieder ausgeblendet zu haben, trotzdem gibt es einige dunkle Wolken, die über den Märkten schweben und die Anleger verunsichern. Die Lage auf dem chinesischen Immobilien bleibt angespannt, der hohe Ölpreis lässt die Inflationssorgen wieder ansteigen und das treibt die Rendite für 10-jährige US-Staatsanleihen mit 1,56 Prozent auf ein neues drei-Monats-Hoch.
Risiko aus dem Depot nehmen
Auch die US-Futures reagieren auf die aktuellen Sorgen und liegen nach dem Kursplus von Dienstag im Minus. Damit trübt sich das Bild an den Märkten weiter ein und Anleger sind durchaus gut beraten etwas Risiko aus dem Depot zu nehmen. Das gilt besonders für Titel, die nicht profitabel arbeiten. Auch wenn die Zukunft den regenerativen Energien gehört, sorgt der hohe Ölpreis für eine gute Kursentwicklung bei den Aktien aus der Branche. Zudem arbeiten viele große Ölmultis, wie zum Beispiel Shell, an einem Wechsel des Geschäftsmodells. Weg vom Öl und hin zu regenativen Energien. Daher könnten die heutigen Rücksetzer in diesem Papieren eher eine Chance sein.
Langfristig denken schadet nie an der Börse
Anlegern, bei denen die Nerven heute wieder etwas blank liegen, sollten sich die Frage stellen, wo könnte die Aktie in ein, zwei Jahren stehen. Panische Reaktion führen beim Aktienhandel fast nie zu einem guten Ergebnis. Die Lieferketten werden sich auch wieder normalisieren und sind „nur“ ein Problem auf absehbare Zeit. Trotzdem verstärken Tage wie heute die Unsicherheit unter den Anlegern, besonders bei denen, die noch nicht so lange dabei sind und vielleicht erst im Laufe dieses Jahres in den Aktienhandel eingestiegen sind. Jetzt heißt es Ruhe bewahren und in den sauren Apfel beißen. Und 5 Euro ins Phrasenschwein: Börsen sind keine Einbahnstraße!
Dass gilt für beide Richtungen! Die Börsen werden jetzt nicht ewig fallen. Aber sie werden einige Übertreibungen aus dem Markt nehmen. Das ist kurzfristig schmerzhaft, langfristig aber nur eine Delle im Kurs.
Von Markus Weingran
Foto: onvista