DAX: Von Euphorie zur Panik in nur einer Woche

Bernd Raschkowski · Uhr

Vielleicht erinnern sich noch ein paar Börsianer: Der Deutsche Aktienindex notierte mal bei 13.795 Punkten. Die Kurse kletterten gemütlich aufwärts, fast jeden Tag ging es einen kleinen Schritt nach Norden. Die US-Börsen eilten zuvor monatelang von Rekordhoch zu Rekordhoch. Die Euphorie war groß, jeder wollte bei den steigenden Notierungen mitverdienen. SO WAR ES NOCH LETZTE WOCHE.

Seitdem hat sich die Lage an den Märkten grundlegend geändert. Am Montag dieser Woche wirkte die Nachricht von der Corona-Ausbreitung in Europa wie eine kalte Dusche für die Börsen. Plötzlich konnte das Virus, welches eigentlich schon seit sechs Wochen die Nachrichten dominierte, nicht mehr ignoriert werden.

Die Verkaufsdynamik, welche am Montag an den internationalen Börsen einsetzte, zieht bis zum heutigen Freitag durch. Aktuell notiert der Leitindex mit einem Abschlag von 3,9 Prozent bei 11.891 Punkten. Unter den Einzelwerten gibt es momentan keine Gewinner im DAX. Bester Wert ist Continental, die Aktie gibt „nur“ 1,2 Prozent ab. Ungewöhnlich deutlich verlieren die Versicherer Allianz und Münchener Rück. Panikartig verkaufen die Investoren ihre Aktienpakete - die Sorge vor einer Rezession aufgrund der Corona-Pandemie greift um sich.

Schlechteste Woche seit der Finanzkrise

Der DAX verbuchte damit die schlechteste Woche seit der Finanzkrise im Jahr 2008. Innerhalb von nur wenigen Tagen rutschte der Index der konservativen Standardwerte um ca. 2.000 Zähler ab. In der zweiten und dritten Börsenreihe sieht es natürlich noch schlimmer aus. Die Euphorie in Frankfurt, welche die Börsen in der letzten Woche noch auf Rekordhochs trieb, hat sich ins Gegenteil umgekehrt.

Wall Street dunkelrot

Lange Zeit wurden die wirtschaftlichen Auswirkungen der Virus-Sorgen besonders von den US-Börsen ignoriert. Mit der Verbreitung in Europa und auch Amerika änderte sich die Lage: Auch die US-Börsen verzeichneten massive Verluste. Der Dow Jones verlor alleine gestern 4,4 Prozent auf 25.767 Punkte. Dies ist der tiefste Stand seit einem halben Jahr. Seit dem Rekordhoch vor zwei Wochen ist der US-Leitindex um 13 Prozent gefallen. Am Nachmittag eröffnete die Wall Street erneut schwächer.

Die Anleger rufen (naja, eher schreien) die Fed auf den Plan

In den vergangenen Jahrzehnten wurde in Krisenzeiten immer wieder die US-Notenbank Fed auf den Plan gerufen. So verwundert es nicht, dass zahlreiche Marktteilnehmer auch jetzt wieder Zinssenkungen der Notenbank fordern, um die wirtschaftlichen Auswirkzungen der Pandemie abzufedern. Aber kann eine Virus-Krise dadurch gelöst werden? Zumal die Zinsen ohnehin bereits in der Nähe der Rekordtiefs liegen?

Zumindest dürften die Nachrichten bezüglich einer Zinssenkung zu einer kurzfristigen Erholungsbewegung führen. Und tatsächlich signalisieren die Fed-Fund-Futures aktuell eine US-Zinssenkung um 75 Basispunkte. Wahrscheinlich dürfte bereits im nächsten Monat der US-Leitzins gesenkt werden.

Warten auf die Gegenbewegung

Mittlerweile könnten wir an den Märkten eine Übertreibung nach unten haben. So ist es doch immer an der Börse - erst wird nach Norden übertrieben, dann nach Süden. Als Indikator hierfür dienen die Sentiment-Umfragen, welche aktuell in der Nähe der Rekordtiefs liegen. Während noch in der vergangenen Woche so gut wie alle Marktteilnehmer an steigende Kurse glaubten, erwartet die Mehrheit nun fallende Notierungen.

Unabhängig von den mittelfristigen Folgen für die Wirtschaft dürfte bald eine kurzfristige Erholung an den Märkten einsetzen. Vielleicht geht es nächste Woche nochmal abwärts - spätestens danach halte ich jedoch eine Gegenbewegung für wahrscheinlich.

Charttechnik: Schnelle und heftige Korrektur

In der folgenden Abbildung ist die DAX-Entwicklung seit Anfang 2019 dargestellt (Candlestick-Chart, eine Kerze entspricht einem Tag):

Nach dem Rekordhoch vor wenigen Tagen bei 13.795 Punkten notiert der Index der deutschen Standardwerte aktuell unter 11.900 Punkte. Das gehört zur Börse dazu: Abwärts geht es immer schneller als aufwärts. Positiv aus Börsensicht muss hervorgehoben werden, dass eine richtige Bereinigung stattgefunden hat. Endlich. Ich hatte bereits seit Wochen geschrieben, dass eine Korrektur an den Märkten möglich sei. Es hat lange gedauert, jetzt ist sie da. Damit wurde der überkaufte, euphorische Markt bereinigt.

Meiner Meinung nach machen jetzt Verkäufe keinen Sinn mehr. Im Gegenteil, ich bin, wie oben bereits erwähnt, sogar der Meinung, dass wir bald gute Einstiegsgelegenheiten sehen werden. Eine mögliche Erholung könnte den DAX - je nach Nachrichtenlage - bis an die 200-Tage-Linie (blaue Linie in der obigen Abbildung) bei rund 12.600 Punkten führen. Solche wichtigen Chartmarken werden der Erfahrung nach öfters angelaufen und getestet.

Insgesamt gesehen zeichnet sich ab, dass die ruhige Marktphase (Long only) der vergangenen Jahre beendet zu sein scheint und nun womöglich ein Trading-Markt ansteht. Mir soll es sehr Recht sein, wir können von jeder Phase profitieren. Auf nextmarkets.com verfolge ich die Lage der wichtigsten Börsen regelmäßig und liefere Trading-Ideen, die sich im eigenen Depot umsetzen lassen.

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