Drei Fragen an Bernecker: Zyklische Werte als Chance in 2021, wie viel Potenzial steckt noch in den Krisen-Gewinnern und was bedeutet RCEP aus Investment-Sicht?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

In unserer heutigen Ausgabe dreht sich alles um chancenreiche Branchen, vor allem aber eine Einschätzung zur gigantischen neuen Freihandelszone in Asien wollen wir wissen.

onvista-Redaktion: Analysten der Deutschen Bank haben sich auf ihrem Kapitalmarkttag zuletzt für zyklische Werte ausgesprochen, wenn es um Anlage-Chancen für 2021 geht. Vor allem Tourismus, Industrie, Automobile sowie Metall- und Bergbau wurden genannt. Teilen Sie diese Einschätzung?

Die Investmententscheidungen nach der Coronakrise teilen sich auf in diejenigen Sektoren der Wirtschaft, die als sogenannte Verlierer gelten und jene, die davon entweder gar nicht betroffen waren oder sogar profitieren. Damit ist eine Unterscheidung zwischen zyklische und typische Wachstumstitel der modernen Wirtschaft gegeben, die den früheren Unterscheidungen nicht entspricht. Die ungewöhnliche Hochschätzung der gesamten Internettechnologie ist dafür besonders typisch. Darin liegt zwar eine Übertreibung, die in den letzten Monaten forciert wurde, aber die demnächst reguliert wird. Dies wiederum gehört zur Gewinnung eines Marktgleichgewichtes. Die Verlierer der Coronakrise sind zunächst ein Comeback-Investment. Dies gilt für die bekannten Sektoren, Airlines, Gastronomie, Hotels oder Kreuzfahrer etc. Ob diese anschließend ein lukratives Dauerinvestment darstellen, ist noch nicht entschieden. Darüber kann man erst in zwei Jahren diskutieren.

onvista-Redaktion: Die Impfstoffe rücken näher. Bereits drei Unternehmen sind einer Zulassung nahe gerückt. Heißt das im Umkehrschluss, dass die Krisen-Profiteure wie Hellofresh, Delivery Hero, oder auch Tech-Aktien wie Zoom das Ende der Fahnenstange erreichen werden?

Die Corona-Gewinner sind bekannt. Sie profitieren von zwei unterschiedlichen Entwicklungen, zum einen dem ohnehin bestehenden Trend zum Online-Shopping mit dem zusätzlichen Schub im Zuge der Lockdown-Maßnahmen aller Regierungen. Darin steckt ein Dauer- und ein Einmaleffekt. Die Kursübertreibungen werden auch hier anschließend korrigiert werden, ähnlich wie dies für die erwähnten Sektoren schon gilt. Sie sind mithin kein neues Investment mehr. Sie stecken bereits in der Fahnenstange.

Die Impfstoffszene stellt sich völlig anders dar. Angeblich arbeiten mehr als 100 Firmen an einem Impfstoff. Der Impfstoff selbst wird in sehr unterschiedlichen Formen eingesetzt werden. Sowohl nach Regionen oder Klimazonen, der Struktur der Gesellschaft in jedem Land und sogar der Akzeptanz von Impfstoff durch die Bevölkerung selbst etc. Das Impfstoffgeschäft insgesamt ist ein Milliardengeschäft, aber wer am Ende überdurchschnittlich profitiert, ist noch nicht ausgemacht. Gewiss ist jedoch, dass derjenige, der zu den ersten zählt, der unmittelbare Gewinner der nächsten Zeit sein wird. Schön zu wissen ist, dass drei deutsche Firmen zur Spitzengruppe gehören, davon zwei mit Börsennotiz.

onvista-Redaktion: Wie bewerten Sie die neue gigantische Freihandelszone RCEP? Sind damit Schwellenländer- bzw. asiatische Aktienwerte ein Muss?

Die Freihandelszone von 14 Asienländern wird seit über 20 Jahren laufend praktiziert. Im Vertrag ist dies nun festgeschrieben, aber nicht nach europäischem Muster mit Paragrafen, sondern asiatischen Absichtserklärungen mit relativer Bindung. Davon profitieren zunächst alle diese Länder für den größten Binnenmarkt der Welt. Derjenige, der das liefert, was diese Länder nicht können und teilweise auch nicht wollen, ist der größte Gewinner aus den Ländern des Westens, sowohl Europa wie Amerika (frühere NAFTA-Region). Deutschland gehört zu den größten Gewinnern dieses Abkommens, weil es die Güter liefert, die in diesen Ländern nicht hergestellt werden.

Die Qualität von Investments in diesen Ländern unterliegt völlig anderen Kriterien, als sie für die Westmärkte gelten. Es ist sehr schwer, einzelne Investments zu finden. Deshalb sind Investments in ETF-Zertfikaten die pragmatisch beste Lösung, weil diese Produkte von Banken, die unmittelbar vor Ort mit bester Kenntnis der Ökonomie sind, zusammengestellt werden.

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Foto: Bernecker

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