Geschlossene Fonds: Immobilien weit unter Preis
Seitdem die AIFM-Richtlinie für geschlossene Fonds in Kraft getreten ist, interessieren sich Privatanleger stärker für den Handel am Zweitmarkt. Dies eröffnet den Besitzern von Immobilienanteilen die Perspektive, die eigenen Finanzen neu zu ordnen.
Von Ulli Gericke
Die Spanne ist breit, sehr breit sogar: Satte 745,5 % zahlte unlängst ein Käufer für Anteile an dem geschlossenen Immobilienfonds DWS Access Olympia-Einkaufszentrum München, während eine Beteiligung an der DG Immobilien-Anlage Berlin Usedomstraße dieser Tage nur zu lausigen 2,5 % öffentlich angeboten wurde. Als Durchschnitt listet die Handelsplattform Deutsche Zweitmarkt für den Monat Juni etwa 60 % des Nominalkapitals auf, die für Anteile an geschlossenen Immobilienfonds gezahlt wurden, aus denen sich Alteigentümer vorzeitig zurückziehen wollten. Verglichen mit dem Boom beim "Betongold", also dem landesweiten Hype von sicheren (vor allem: Wohn-)Immobilien, wo teils traumhafte Multiplikatoren auf die Nettokaltmiete gezahlt werden, ist dieser Durchschnittskurs ein recht bescheidener Wert.
Dieser Wert wird auch nicht imposanter, wenn man auf die Statistik blickt: Insgesamt beziffern der Branchenprimus Fondsbörse und sein ebenfalls aus Hamburg kommender Konkurrent Deutsche Zweitmarkt den gesamten nominalen Handelsumsatz im Zweitmarkt auf knapp 100 Mill. Euro im ersten Halbjahr, wobei knapp zwei Drittel dieser Summe auf "gebrauchte" Immobilienfondsanteile entfielen. Dieses Volumen legte zwar zum Vorjahr um 15 % zu - immerhin. Aber verglichen mit dem völlig überhitzten Immobilienmarkt in deutschen Ballungsräumen mit milliardenschweren Transaktionen ist das recht überschaubar. "Wir haben im Zweitmarkt keinen so verrückten Hype", räumt Jan-Peter Schmidt, Vorstand der Deutschen Zweitmarkt, ein und begründet die vornehme Zurückhaltung damit, dass Fondseigentümer mit ihrem begrenzten Anteilsbesitz immer nur Bruchteile an Immobilien halten, während Hausbesitzer ganz allein über ihr Eigentum verfügen können.
Bewusster Umgang mit dem Vermögen
Gleichwohl sieht Schmidt für den Zweitmarkt bessere Zeiten heraufziehen. War der vorzeitige Verkauf von Anteilen an geschlossenen Fonds in der Vergangenheit eher aus der Not geboren, weil nach einer Scheidung oder bei Arbeitslosigkeit dringend Geld benötigt wurde, beobachtet der Branchenkenner inzwischen einen bewussteren, aktiven Umgang mit dem eigenem Vermögen - wozu eben auch der vorfristige Ausstieg aus einem eigentlich für 15, 20 Jahre verbindlichen geschlossenen Fonds gehört. "Auch der Anleger wird zum Manager seiner Beteiligung. Er muss sich in regelmäßigen Abständen fragen, ob es sinnvoll ist, die Beteiligung zu behalten oder sich von ihr über den Zweitmarkt frühzeitig zu trennen", so Schmidt. Er beobachtet, dass mit der vor wenigen Wochen in Kraft getretenen neuen AIFM-Regelung zur Regulierung alternativer Investmentfonds-Manager die bislang dominierenden institutionellen Investoren zunehmend durch Privatanleger ersetzt werden. Diese sind auch die großen Sieger bei der jüngsten Reform, mit der die Fondsgesellschaften verpflichtet werden, ihre Bestände einmal im Jahr bewerten zu lassen - woraus sich eine Indikation ergibt, wie hoch oder niedrig ein Verkaufspreis sein könnte. Damit wird die bisherige Informations-Asymmetrie zwischen verkaufswilligen, aber beim Wert ihres Investments völlig im Dunkeln tappenden Privatanlegern und häufig Immobilienfonds begrenzt, urteilt Bernhard Dames, der für Immobilienanlagen zuständige Senior Executive Analyst beim Analysehauses Scope. "Ich denke, dass die Regulierung an dieser Stelle positiv ist, weil das Produkt fungibler wird", sagt er.
Aber auch schon vorher registrierte die Deutsche Zweitmarkt zumindest bei Immobilien ein wachsendes Interesse und steigende Preise. Selbst der Branchenverband, der inzwischen in Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen (BSI) umgewandelte Verband Geschlossene Fonds (VGF) konstatiert, dass insbesondere Immo-
bilien- und Schiffsfonds "inzwischen rege zweitgehandelt" werden. Dank der besseren Fungibilität der nur noch scheingeschlossenen Fondsanteile und krass divergierender Preisentwicklungen ließen sich vereinzelt auch schon "Heavy Trader" im Zweitmarkt ausmachen, beobachten Marktexperten. Wobei freilich einzuschränken ist, dass sich auch diese Akteure den bis heute schneckenschnellen Gegebenheiten der Branche unterwerfen müssen. Bis ein Fondsanteil umgeschrieben ist, dauert es mitunter Monate. Statt hektischer Day Trades dominiert hier gemächliches Quartals-Trading.
Das Adlon zum Spottpreis
In der Praxis zeigen die aktuell zum Verkauf eingestellten Angebote eine Spanne beim Nominalkapital zwischen 7 000 und 75 000 Euro. Konkret kostet der für gut 25 000 Euro gezeichnete Anteil in der Berliner Usedomstraße aber nur 625 Euro (plus Vermittlungsgebühr), während das teuerste Angebot momentan 36 500 Euro (oder 73 % für einen 50 000-Euro-Anteil) kostet und Rechte an fünf gesichtslosen, aber gut vermieteten Bürogebäuden im Kölner Umland beinhaltet. Dagegen werden die Anteile des vom umtriebigen Fondsinitiator Anno August Jagdfeld aufgelegten Fundus Fonds 31, mit dem das weit über die Hauptstadt bekannte Adlon-Hotel gegenüber vom Brandenburger Tor errichtet wurde, aktuell zu lausigen 26 % gehandelt. Die 1-a-Lage ist - anders als im realen Immobilienalltag - offensichtlich doch nicht alles. Vielmehr dokumentiert der banale Zweitmarktalltag mit seinen unbestechlichen Fondskursen, wie effektiv eine gut gelegene Immobilie finanziert und gemanagt wird.
Will sich ein Anleger von seinen Anteilen an einem geschlossenen, also eigentlich langfristig orientierten Fonds trennen, kann er mehrere Adressen nutzen. Auch einige Anbieter nehmen Anteile in Notfällen zurück. Größere Stückzahlen geben allerdings nur an den zwei Zweitmarktbörsen um. Sie erwarten von einem Verkaufswilligen eine Preisvorstellung für einen Kurs, den er mindestens erlösen will. Zudem helfen sie ihm mit Analysen über den betreffenden Fonds und ihren eigenen Handelsdaten, um einen halbwegs realistischen Preis zu finden. Der wird dann online gestellt - und bei hartnäckiger Kaufverweigerung peu à peu nach unten korrigiert. Letztendlich ist auch ein Zweitmarktkurs nichts anderes als das Resultat von Angebot und Nachfrage. Der jeweilige Makler bekommt bei erfolgreicher Vermittlung sowohl vom Verkäufer als auch vom Erwerber eine Gebühr.
Probleme mit der Fondsverwaltung gibt es bei diesem Handel kaum noch, beobachtet Zweitmarkt-Vorstand Schmidt. Inzwischen ließen rund 90 % der Initiatoren Weiterverkäufe ihrer eigentlich festgeschriebenen, geschlossenen Beteiligungen "durchlaufen", schätzt er. "Die Emissionshäuser haben den Zweitmarkt als Teil des Investmentprozesses heutzutage voll akzeptiert" und erteilten problemlos ihre Zustimmung zur Umschreibung. Üblich ist dabei - so heißt es im Muster-Kauf- und Übertragungsvertrag Zweitmarkt, den der VGF schon vor Jahren entwickelt hat, dass der Verkäufer der Kommanditanteile an der GmbH & Co. KG
auch nach der Transaktion für seine in der Vergangenheit vereinnahmten Auszahlungen haftet ("für Umstände, die die Kommanditistenhaftung vor dem Stichtag begründen"), wenn ein in Not geratener Fonds ausgeschüttete Gelder zur Sanierung zurückfordert.