ROUNDUP: Corona-Krise belastet Wacker Chemie weniger als gedacht

dpa-AFX · Uhr

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Schwächere Geschäfte mit der Auto- und Textilindustrie während der Corona-Krise haben Wacker Chemie im zweiten Quartal spürbar belastet. Zudem setzte harte Konkurrenz dem Geschäft mit dem Solarindustriegrundstoff Polysilizium weiter zu. Niedrigere Rohstoffkosten und eine robuste Nachfrage etwa der Gesundheitsbranche und nach Hygieneanwendungen konnten das nicht ausgleichen. Unter dem Strich stand überraschend dennoch ein kleiner Gewinn von 4,5 Millionen Euro. Nach dem zuletzt starken Lauf der Aktien reichte das den Anlegern aber nicht mehr. Die Papiere gaben in einem insgesamt schwachen Aktienmarkt nach.

"Auch wir spüren die Auswirkungen der Pandemie auf unser Geschäft," sagte Konzernchef Rudolf Staudigl laut Mitteilung am Donnerstag bei der Vorlage der Quartalszahlen in München. "In unseren Chemiebereichen haben wir den Nachfragerückgang vor allem bei Siliconen für die Segmente Automobil und Textil deutlich gespürt. Im Baubereich ist die Nachfrage dagegen vergleichsweise stabil geblieben." Bei Dichtstoffen aus Siliconen sowie im Geschäft mit Dispersionspulvern und Baudispersionen seien die Rückgänge daher wesentlich geringer ausgefallen. Solide sei derweil das Geschäft mit Produkten für Anwendungen rund um die Themen Medizin, Gesundheit und Hygiene gelaufen.

Das operative Ergebnis (Ebitda) der Bayern fiel im zweiten Quartal um rund die Hälfte auf 105,4 Millionen Euro. Der Umsatz ging um 15 Prozent auf 1,07 Milliarden Euro zurück. Wacker Chemie habe insgesamt deutlich besser abgeschnitten als erwartet, sagte Analyst Markus Mayer von der Baader Bank.

Der Experte hob die Entwicklung des Nettobarmittelzuflusses (Netto-Cashflow) positiv hervor. Der stieg auch dank niedrigerer Investitionen und um mehr als das Sechsfache auf 136,8 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr peilt Wacker nun einen Wert über dem des Jahres 2019 an.

Für Umsatz und operativen Gewinn bleibt Konzernchef Staudigl wegen der Corona-Unsicherheiten aber vorsichtig. Ohne konkret zu werden, erwartet er, dass beide Kennziffern 2020 unter dem Niveau des Vorjahres liegen werden.

Um dem schwierigen Geschäftsumfeld zu begegnen, tritt das Management auf die Kostenbremse. So hatte das Spezialchemieunternehmen jüngst das Investitionsbudget von bis zu 300 Millionen Euro auf rund 250 Millionen Euro gesenkt.

Bei dem bereits im Februar angekündigten Sparprogramm inklusive Abbau von 1000 Stellen sieht Staudigl den SDax-Konzern auf einem guten Weg. Während die Einsparungen bei den Personalkosten 2020 noch gering seien, erwartet er bei den Sachkosten bereits im laufenden Jahr mehr als 50 Millionen Euro. Insgesamt sollen die jährlichen Kosten am Ende um 250 Millionen Euro gedrückt werden. Erreicht werden soll das ab Ende 2022.

Trotz insgesamt positiver Analystenkommentare zu den Quartalszahlen und zu dem Jahresausblick fielen die Aktien am Donnerstag um zuletzt 2,80 Prozent auf 77,18 Euro. Allerdings haben sie sich seit dem Corona-Crashtief von rund 30 Euro auch schon weit mehr als verdoppelt und mit einem jüngst erreichten Hoch seit April 2019 die Corona-Einbußen mehr als vergessen gemacht.

Rückenwind hatte dabei zu Beginn des dritten Quartals auch ein durch ein Unglück verursachter Produktionsausfall bei einem chinesischen Konkurrenten im Geschäft mit dem Solarindustriegrundstoff Polysilizium geliefert. Gerade dieses Geschäft leidet schon länger unter hartem Wettbewerb und Preisverfall. Operativ fiel hier denn auch ein Verlust im zweiten Quartal an.

Analyst Oliver Schwarz von Warburg Research rechnet infolge des Produktionsausfalls bei dem Konkurrenten nun aber mit Auftrieb für das Polysilizium-Geschäft von Wacker. Im zweiten Halbjahr dürfte kein operativer Verlust mehr anfallen, schrieb er jüngst in einer Studie. Allerdings dürfte das günstigere Umfeld wohl nur vorübergehend sein. Sobald die Reparaturen bei dem Wettbewerber abgeschlossen seien - vermutlich Mitte kommenden Jahres - und geplante Kapazitätserweiterungen seitens anderer chinesischer Wettbewerber in Betrieb genommen würden, dürfte die Lage wieder schwieriger werden./mis/men/fba

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