ROUNDUP/OECD: Gleichstellung der Geschlechter kommt nur langsam voran

dpa-AFX · Uhr

PARIS (dpa-AFX) - Trotz zahlreicher Reformen in vielen Ländern kommt die Gleichstellung der Geschlechter der OECD zufolge weltweit nur schleppend voran. Eine Ursache dafür sei etwa mangelndes Engagement bei der Umsetzung bestimmter Reformen und Verpflichtungen, heißt es in zwei neuen OECD-Berichten, die am Freitag zum Weltfrauentag in Paris vorgestellt wurden. Vor allem tief verwurzelte Vorurteile, Geschlechterstereotype und soziale Normen hielten die Diskriminierung von Frauen aufrecht und sorgten dafür, dass bestimmte Gesetze nur halbherzig umgesetzt würden. In den entwickelten Industrieländern gebe es immer noch zu wenig Frauen in Entscheider-Positionen, was den Fortschritt behindere.

Das derzeitige Maß an Diskriminierung reduziere das Welteinkommen um 6 Billionen Dollar oder 7,5 Prozent, schätzten OECD-Experten, die für ihre Untersuchung die Situation in 180 Länder ausgewertet haben. Der sogenannte Sozialinstitutionen- und Gender-Index (SIGI) analysiert, wie Gesetze, soziale Normen und Praktiken auf der Grundlage des Geschlechts diskriminieren. Der Bericht zeigt auch auf, wie gesetzliche Regelungen zur Gleichstellung der Geschlechter beitragen können. Besonders schlimm ist die Diskriminierung von Frauen demnach in Ländern wie dem Iran und Irak, Afghanistan, Marokko, Guinea, Kamerun, Bangladesch oder im Jemen.

Dem Bericht zufolge verbietet immer noch knapp die Hälfte (88) aller untersuchten Länder Frauen, bestimmte Berufe auszuüben. In 24 Ländern brauchten Frauen die Erlaubnis des Ehemannes, um zu arbeiten. In einer Mehrheit (108) der Länder gebe es Bedingungen für eine legale Abtreibung wie etwa, dass das Leben der Mutter in Gefahr ist. In 32 der untersuchten Länder sei es Frauen verboten, für eine bestimmte Zeit lang nach der Scheidung wieder zu heiraten. In 29 Ländern hätten Witwen oder Töchter im Erbrecht nicht dieselben Rechte wie Witwer oder Söhne.

Der Bericht kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass Frauen in allen Regionen der Welt in ihrer eigenen Familie die größte Diskriminierung erfahren. Demnach übernehmen Frauen 75 Prozent der unbezahlten Hausarbeit und Betreuung. Auch in Europa und in Nord- und Südamerika würden Frauen vor allem über die traditionelle Rolle als Mutter und Hausfrau definiert.

Ein zweiter OECD-Bericht, der lediglich die Entwicklung in den 36 entwickelten Industrieländern - also den OECD-Staaten - untersucht, zeigt, dass Regierungen zwar nach Strategien zur Gleichberechtigung suchen. Diese seien jedoch oftmals unzureichend, da ihre Umsetzung nicht mit dem nötigen Ehrgeiz vorangetrieben wird.

Die Präsenz von Frauen in öffentlichen Ämtern steigt demnach zwar langsam an. Allerdings besetzen Frauen nur 29 Prozent der Parlamentssitze und 28 Prozent der Ministerposten. Vorreiter in Sachen Gleichstellung seien dabei Lettland, Frankreich oder Irland. In Deutschland ist der Frauenanteil im Bundestag zuletzt wieder mächtig geschrumpft, nicht mal ein Drittel der Abgeordneten ist weiblich.

OECD-weit sind Frauen in Jobs auf niedriger Hierarchieebene und in Teilzeit-Positionen überrepräsentiert. Generell gilt: Je höher die Position, desto niedriger der Frauenanteil. Frauen machen nach wie vor im Schnitt nur ein Drittel der leitenden Beamten, Parlamentsmitglieder und Richter am Obersten Gerichtshof aus. Ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle, wenn auch geringer als im privaten Sektor, und Belästigung gebe es nach wie vor. Die Experten betonen, dass Gleichstellungsstrategien nur greifen können, wenn die Führung auf höchster Ebene auch dahintersteht./nau/DP/fba

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