Spahn spricht von ermutigenden Infektions-Zahlen - Aber noch zu hoch

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung macht angesichts seit einer Woche sinkender Corona-Neuinfektionen einen positiven Trend aus.

"Die Zahlen sind in den letzten Tagen ermutigend, sie gehen in die richtige Richtung", sagte Gesundheitsminister Jens Spahn am Freitag in Berlin. "Sie sind aber immer noch auf zu hohem Niveau." Auch wegen neuer, vermutlich stärker ansteckender Virus-Varianten machte Spahn daher keine Hoffnung auf ein schnelles Ende der Kontakt-Beschränkungen. Er verglich sie mit einer Antibiotika-Therapie: "Wenn man es zu früh absetzt, zu früh aufhört, kann daraus noch größerer Schaden entstehen." Auch der Virologe Christian Drosten warnte vor einer mutierten Virus-Variante. Sie sei nach neuesten Studien wohl 22 bis 35 Prozent ansteckender. In Deutschland habe sie sich bis jetzt zwar noch nicht flächendeckend verbreitet. "Es gibt aber erste Ausbrüche", sagte Drosten.

Über eine Woche betrachtet sind die Zahlen der täglichen Neuinfektionen um rund ein Viertel im Vergleich zur Vorwoche gesunken - trotz der Befürchtung eines Anstiegs wegen der Silvesterfeiern. Auch die Belegung der Intensivbetten geht zurück. Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen über eine Woche pro 100.000 Einwohner, liegt nun bei 115 - vor einer Woche war sie noch bei fast 150. Ziel ist aber, sie auf unter 50 zu bringen, da nur dann die Gesundheitsämter die Infektionsketten wieder verfolgen können.

Sorgen machen aber die Mutationen des Virus, die offenbar ansteckender sind, wie Erfahrungen etwa in Großbritannien und Irland zeigen. Eine in Brasilien entdeckte Mutation wurde am Freitag erstmals in Hessen nachgewiesen. Die betroffene Person sei am Tag zuvor aus dem südamerikanischen Land eingereist, sagte Hessens Sozialminister Kai Klose.

BRAUN: ZEIT NUTZEN BEVOR VARIANTEN DOMINANT WERDEN

Drosten, Spahn und auch Kanzleramtschef Helge Braun forderten die Zeit jetzt zu nutzen, um die Infektionszahlen weiter zu drücken. "Die große Frage ist: Sind wir schnell genug, bevor das mutierte Virus wie in Großbritannien dominant wird?", sagte Braun dem "Spiegel". Bundeskanzlerin Angela Merkel und er hätten sich vor diesem Hintergrund von den Ländern mehr Konsequenz bei der Umsetzung von Einschränkungen erhofft.

Solange Virus-Varianten noch nicht weit verbreitet seien, könne man ein rasantes neues Ansteigen der Infektionszahlen verhindern und Zeit bis zu Impfungen in großem Umfang gewinnen, sagte Drosten. Derzeit konzentrieren sich die Impfungen auf Alten- und Pflegeheime sowie medizinisches Personal. Inzwischen hat es über 1,5 Millionen Impfungen gegeben. Über 100.000 Menschen bekamen die nötige zweite Dosis.

Die Hoffnung ist zunächst, dass wenn trotz knappen Impfstoffs im Laufe des Februar die meisten Menschen in den Alten- und Pflegeheimen geimpft wurden, sich die Lage entspannt. Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, verwies darauf, dass ein großer Teil der neuen Infektionen in den Heimen stattfinden. Aktuell gebe es 900 Ausbrüche.

Mit den Impfungen dort könnte sich auch die Lage in Krankenhäusern und Intensivstationen entspannen und die tägliche Todesrate von derzeit um die 1000 sinken. Zuletzt war die Belegung der Intensivbetten von über 5000 leicht gesunken. Um aber für eine mögliche neue Infektionswelle gerüstet zu sein, müssten die Kliniken jetzt weiter entlastet werden, sagte der Präsident der Vereinigung der Intensivmediziner, Gernot Marx.

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