Studie: Dividenden-Jägern stehen noch schwere Jahre bevor – Wachstumswerte dominieren das Geschehen an den Börsen

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Dass an den Finanzmärkten die früheren Regeln nicht mehr so richtig gelten, darüber sind sich die meisten Experten spätestens seit den neuen Exzessen der Notenbanken, die im Zuge der Corona-Krise losgelassen werden mussten, einig. Das lange gehegte Prinzip, in schweren wirtschaftlichen Zeiten auf solide Value-Titel zu setzen, die regelmäßig Dividende zahlen, scheint nun auch nicht mehr zu gelten, wie eine Studie nun zeigt.

Die Durststrecke bei Dividenden wird für viele Aktionäre europäischer Unternehmen nach Einschätzung der DZ Bank auch in den nächsten Jahren anhalten. „Es ist wahrscheinlich, dass das Ausschüttungsniveau in Europa frühestens 2022 wieder das Niveau von 2019 erreicht“, sagte Analyst Michael Bissinger am Montag mit Blick auf die 600 Unternehmen im europäischen Aktienindex Stoxx. Das heißt, dass in schweren wirtschaftlichen Zeiten der Blick auf solide Unternehmen mit funktionierendem Geschäftsmodell gerichtet werden sollte und nicht auf unsichere Wachstumstitel, wohl nicht mehr so recht sinnvoll ist.

Dividende adé

Einer aktuellen Analyse von Bissinger zufolge fallen die Gewinnausschüttungen in Europa im vom der Corona-Krise geprägten aktuellen Jahr insgesamt um 25 bis 30 Prozent niedriger aus als vor Jahresfrist. Im Euro Stoxx 50, der die 50 bedeutendsten Aktiengesellschaften des Euroraums vereint, seien die Dividenden gar auf das Niveau von 2005 gesunken.

15 der 50 Unternehmen im Euro Stoxx 50 haben demnach die Dividende gestrichen oder ausgesetzt, darunter alle Banken. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte die Geldhäuser im Euroraum aufgefordert, wegen der Corona-Krise in diesem Jahr kein Geld an ihre Aktionäre auszuschütten. Auch Industriekonzerne und Konsumgüterhersteller, die der Wirtschaftsabschwung besonders hart traf, strichen die Dividende.

Die Dividenden für das Geschäftsjahr 2019, die Euro-Stoxx-Gesellschaften im laufenden Jahr ausschütteten, lagen der Analyse zufolge um 22 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres.

Tech- und Wachstumswerte legen weiterhin Outperformance hin

Das heißt also, das für Value-Aktien weiterhin die große Bühne verwehrt bleiben wird, zumindest bis das tiefste Tal der Corona-Pandemie ausgestanden ist. Im Grunde ist dies jedoch seit der Finanzkrise 2008 und den daraufhin eingetretenen, neuen geldpolitischen Spielregelen nichts neues mehr. Im zurückliegenden Bullrun der letzten 10 Jahre haben Tech-Werte, die teils jahrelang keine Gewinne geschrieben haben, meilenweit die Nase vorn, da der Wachstumsdrang von der in die Zukunft gerichteten Börse höher bewertet wurde – und das vielleicht auch nicht zu Unrecht. Und die Corona-Krise zeigt, dass sich daran – zumindest bis jetzt – überhaupt nichts zu ändern scheint.

Gut erkennbar ist das, wenn man sich beliebte ETFs anschaut, die genau diese eigentlich dividendenstarken Segmente abbilden, und diese mit den Indizes wie dem Nasdaq vergleicht, der die hochkarätigsten Wachstumstitel der Welt in sich vereint.

Die Outperformance ist offensichtlich und gerade nach dem März-Crash erst noch so richtig ins Rollen geraten. Ein großer Grund dürfte wie bereits erwähnt die entgültige Entfesselung der Notenbanken sein, die zwar an den fundamentalen Tatsachen nichts ändert, dass die Gewinne vieler Unternehmen und damit auch die Dividende schmaler wird, jedoch viel neue Liquidität in die Finanzmärkte spült und die Überflieger weiter befeuert.

onvista-Redaktion/dpa-AFX

Titelfoto: Wright Studio / Shutterstock.com

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