Virgin Galactic: US-Luftfahrtbehörde erteilt Raumschiff „SpaceShipTwo“ vorerst Startverbot – Hat Richard Branson nicht nach den Regeln gespielt?

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Rückschlag für den Raumfahrt-Pionier Virgin Galactic: Das Raumschiff „SpaceShipTwo“ darf nach Problemen bei einem Testflug mit dem britischen Milliardär Richard Branson an Bord zunächst nicht mehr starten. Die US-Luftfahrtbehörde FAA verfügte einer Mitteilung vom Donnerstag zufolge, dass das Flugobjekt bis zum Abschluss einer Untersuchung nicht starten dürfe. Das Raumschiff des Briten war der FAA zufolge bei dem aufsehenerregenden Flug Bransons im Juli „von seiner Flugsicherungsfreigabe abgewichen“.

Zuvor hatte das Magazin „New Yorker“ berichtet, dass es bei dem Flug Bransons mit seiner Crew in 86 Kilometern Höhe Komplikationen gegeben habe. Das Raumschiff sei bei dem nur wenige Minuten langen Trip außerhalb des ihm zugewiesenen Luftraum-Korridors geflogen, einem Sprecher von Bransons Firma Virgin Galactic zufolge für fast zwei Minuten.

Die Virgin-Galactic-Aktie hat am Donnerstag im späten Handel mit einem Minus von 3 Prozent auf das Startverbot der US-Behörden reagiert. Auch im heutigen vorbörslichen US-Handel notiert der Wert rund ein Prozent im Minus. Die Aktie hat nach dem Börsengang über eine SPAC-Fusion eine turbulente Zeit hinter sich. Nach zwei extremen Kursausschlägen in Bereiche weit über der 50-Dollar-Marke im Laufe dieses Jahres notiert die Aktie derzeit noch bei gut 25 Dollar, was immer noch gut 150 Prozent über der Notierung vor der Fusion ausmacht.

Der heute 71-jährige Branson, der als Abenteurer und Showman bekannt ist, war Mitte Juli mit zwei Frauen und drei Männern zu einem Kurztrip ins All aufgebrochen. Das Raumschiff war zunächst unter einem Mutterflugzeug auf eine Höhe von etwa 14 Kilometer gebracht und dann abgesetzt worden. Danach zündete das Triebwerk und beschleunigte das Raumfahrzeug während eines steilen Aufstiegs den Angaben zufolge auf mehr als die dreifache Schallgeschwindigkeit, was mehr als 3700 Stundenkilometern entspricht.

Ziel von Branson – und auch von Amazon-Gründer Jeff Bezos und Tesla-Chef Elon Musk – ist es, ins Geschäft mit dem Weltraumtourismus einzusteigen. Bransons All-Trip war auch ein gelungener PR-Coup gegen seinen Konkurrenten Bezos: Der reichste Mann der Welt hatte zuvor seinen Flug ins Weltall am 20. Juli mit großem Aufwand beworben – dann kam Branson und kündigte an, dass er neun Tage früher fliegen werde. Das erhöhte auch den Druck, seinen Flug erfolgreich und ohne Zwischenfälle durchzuführen. Ein Abbruch der Mission hätte sich negativ auf die Geschäftspläne des Unternehmens auswirken können.

dpa-AFX

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onvista-Redaktion: Milliardäre, die die Regeln ein wenig verbiegen, um mit ihren ambitionierten Plänen voranzukommen, sind nicht unbedingt etwas Neues. Nun muss abgewartet werden, was bei der Untersuchung herauskommt. Ohnehin ist der Wert aufgrund des frühen Stadiums der Raumfahrtbranche ein hoch spekulativer Wert. Mit seinem vorgezogenen Start hat Richard Branson dennoch erreicht was er wollte: Er hat Jeff Bezos die Show gestohlen und eine Menge Publicity eingeheimst.

Generell gilt: Die kommerzielle Raumfahrt-Branche befindet sich noch im Embryo-Stadium. Extrem hohe Risiken sind hier vorprogrammiert. Andererseits stellt das auch einen Wachstumsmarkt von absolut gigantischen Ausmaßen in Aussicht – und umso früher man dabei ist, desto größer die Skaleneffekte, sollte man auf das richtige Pferd gesetzt haben. Virgin Galactic ist definitiv einer der Vorreiter und betitelte sich nach dem Börsengang 2019 selbst als „das weltweit erste börsennotierte Raumfahrtunternehmen für Menschen“.

Langfristig geht es nicht nur um den reinen Weltraumtourismus, sondern auch um eine Möglichkeit, Langstreckenflüge durch den Weg in den Weltraum um ein Vielfaches zu verkürzen. Virgin Galactic hat jedoch zwei sehr starke Konkurrenten – Elon Musks SpaceX und Jeff Bezos´Blue Origin – zwei Unternehmen, die sich auf noch weit mehr fokussieren, als den bloßen Weltraum-Tourismus, sondern ihre Fühler ins tiefe Weltall ausstrecken. Elon Musk arbeitet an nichts Geringerem als an der Kolonisierung des Mars. Vielleicht besteht hier jedoch für Virgin Galacitic aufgrund der spezifischeren Fokussierung auch eine Chance, trotz der starken Konkurrenz.

Wer sozusagen zur Geburtsstunde des Weltraum-Sektors dabei sein will, der schnappt sich Anteile von Virgin Galactic – und wartet mit einem Teil des eingeplanten Kapitals noch auf den bereits angeteaserten Börsengang von Starlink, der Teilsparte von SpaceX, die ein weltweites Breitband-Internet mit einem Satellitennetzwerk aufbaut. Dieser dürfte jedoch noch ein paar Jahre auf sich warten lassen. Der Anlagehorizont für diesen Sektor: Jahrzehnte, nicht Jahre oder Monate.

Titelfoto: Kathy Hutchins / Shutterstock.com

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