Weil will Perspektiven für Exit - Regulärer Schulbetrieb nicht vor Sommer
Berlin (Reuters) - In der Corona-Krise mehren sich die Stimmen, dass die Politik den Weg zu einer Rückkehr in das öffentliche Leben ebnet.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sagte am Dienstag in Hannover, die Zeit sei reif, "die unterschiedlichen Sektoren alle mit einer Perspektive zu versehen". Die Wiederaufnahme des regulären Schulbetriebs wird es nach einer Vereinbarung der Kultusminister vor den Sommerferien allerdings nicht geben. Dennoch sollten alle Schüler "wochen- oder tageweise" in der Schule Präsenzunterricht erhalten. Das Robert-Koch-Institut sieht Deutschland im Begriff einer Kontrolle der Epidemie, mahnt aber weiter an, sich an die Auflagen zu halten.
Weil sagte, bei den Beratungen von Bund und Ländern am Donnerstag seien keine weitreichenden Beschlüsse zu weiteren Lockerungen zu erwarten. Bei dem darauffolgenden Gespräch der Länder-Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am 6. Mai sei dann aber zu klären, "an welchen Stellen wir, in welchem Tempo dann zu einem normaleren Leben zurückkehren können", mahnte der SPD-Politiker. Dies müsse stufenweise und abhängig von der Ausbreitung des Coronavirus geschehen. Weil zählte Handel, Tourismus, Gastronomie und Kinder auf: "Wir brauchen an dieser Stelle eine Perspektive."
Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig teilte als Vorsitzende der Kultusministerkonferenz der Länder mit, vereinbart worden sei ein Rahmenkonzept für den Schultrieb. Dies sehe bundesweit einheitliche Bedingungen etwa zu den Hygiene- und Abstandsregeln, für den Online-Unterricht, die Schülerbeförderung und für Lehrer in Risikogruppen vor. In dem Reuters vorliegenden 12-seitigen Papier heißt es: "Nach dem jetzigen Stand wird vor den Sommerferien aufgrund des Abstandsgebots kein uneingeschränkt regulärer Schulbetrieb mehr möglich sein."
"WIR WOLLEN DIESEN ERFOLG VERTEIDIGEN"
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geht davon aus, dass es bei einer regionalen Zunahme von Infektionen vor Ort auch wieder zu strikteren Maßnahmen kommen kann. Die Krankenhäuser sollen dennoch ab Mai einen Teil ihrer Kapazitäten wieder für planbare Operationen nutzen, die aufgeschoben worden waren, um Intensivbetten freizuhalten. Es gehe um "einen neuen Alltag auch für die Kliniken", sagte Spahn. Die Verschiebung von Rücken-, Hüft- und Tumoroperationen sei für die Betroffenen mit "körperlichem, seelischem Leid verbunden". Ein vierseitiges Konzeptpapier Spahns sieht vor, dass Krankenhäuser zunächst noch ein Viertel ihrer Intensivbetten für Covid-19-Patienten freihalten sollen.
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts erhöhte sich die Zahl der Neuinfizierte binnen Tagesfrist um 1144 auf 156.337. RKI-Präsident Lothar Wieler sprach von einem Erfolg. Die gesunkenen Zahlen der Neuinfektionen seien das Ergebnis der Einschränkungen der vergangenen Wochen. "Wir wollen diesen Erfolg verteidigen", betonte er. "Das schaffen wir auch, wenn wir uns weiterhin disziplinieren und an die Regeln halten."
Die Ansteckungsrate stieg von zuvor 0,9 auf 1,0. Das bedeutet, dass statistisch jeder Infizierte einen Menschen ansteckt. Das RKI hatte vor Tagen erklärt, der Wert müsse unter 1,0 gedrückt werden. Die Zahl verliert aber etwas an Bedeutung, wenn die Zahl der neu Infizierten bereits sehr niedrig ist und die Gesundheitsämter die Kontaktpersonen ermitteln können.