Zukunft der Finanzvertriebe: Folge 3: "Marktbereinigung hin zu mehr Professionalität sehen wir sehr positiv"

DAS INVESTMENT · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Wie fangen Finanzvertriebe die sinkenden Provisionserlöse in der privaten Altersvorsorge auf? Bei Dr. Klein & Co. werden die Produktbereiche Finanzierung und Versicherung miteinander verzahnt, um zum Beispiel Baufinanzierungkunden auch eine qualifizierte Versicherungsberatung anzubieten.

Deutschlands Finanzvertriebe werden derzeit arg in die Zange genommen: Sowohl die Regulierungen im Bereich der Altersvorsorge als auch die Digitalisierung der Finanzbranche erfordern Neustrukturierungen. Wie sie diese Herausforderungen anpacken, fragte DAS INVESTMENT.com die wichtigsten Unternehmen der Branche.

In unserer heutigen Folge der Interview-Reihe lesen Sie die Antworten der Dr. Klein & Co. AG:

Finanzvertriebe, die bisher vor allem auf das Personengeschäft und hierbei insbesondere die Altersvorsorge gesetzt haben, mussten teilweise starke Einbußen bei Umsatz und Gewinn hinnehmen. Wie stark haben Sie unter dieser Entwicklung gelitten?

Die regulatorischen Eingriffe erfordern bei allen Marktteilnehmern einen Paradigmenwechsel. Im Fokus muss mehr denn je der Aufbau von wiederkehrenden Bestandsprovisionen liegen. Das ist ein Transformationsprozess, der auch an unserem Versicherungsgeschäft nicht völlig schmerzfrei vorbeigegangen ist. Wir sind jedoch froh, dass wir zwischenzeitlich durch steigende Umsätze aus Beständen Rückgänge bei den Abschlussprovisionen kompensieren können.

Welche strategischen Maßnahmen leiten Sie ein beziehungsweise haben Sie bereits eingeleitet, um Umsatz- und Gewinnzahlen im Bereich Altersvorsorge zu stabilisieren beziehungsweise wieder zu steigern?

Tatsächlich ist es sehr schwierig, die Umsatz- und Gewinnzahlen kurzfristig zu stabilisieren. Mittel- und langfristig geht das unserer Meinung nach nur mit dem Ansatz der ganzheitlichen Beratung. Durch selbige machen wir unseren Kunden klar, dass das Absichern der Altersvorsorge ein wichtiger und elementarer Baustein ist. In der Beratung zeigen wir unseren Kunden alle Risiken detailliert auf. Dadurch gelingt es uns, auch nachhaltiger das Thema Altersvorsorge zu platzieren.

Seite 2: "Jeder Kunde muss individuell beraten werden"

Inwieweit versuchen Ihre Berater den Kunden bei der Altersvorsorge von höherrentierlicheren Anlageformen wie zum Beispiel Aktienfonds anstelle der klassischen Lebensversicherung zu überzeugen?

Grundsätzlich vertreten wir die Meinung, dass jeder Kunde individuell beraten werden muss. Mit dem Ansatz der ganzheitlichen Beratung identifizieren wir, ob zum Beispiel ein Aktienfonds zu einem Kunden passt und inwieweit selbiger zu seiner persönlichen Lebenssituation und Risikoklasse abgeschlossen werden kann. Kunden, die bereit sind, ein höheres Anlagerisiko zu akzeptieren, wird im Rahmen einer Beratung auch ein Aktienfonds angeboten. Unterstützt werden unsere Berater durch eine Beratungssoftware. Mit dieser und mit einer besonderen Risikoanalyse finden Kunde und Berater gemeinsam eine Anlagelösung. Eine Herausforderung ist sicherlich die Komplexität einer Geldanlageberatung. Wir fördern dennoch diesen Produktbereich, indem wir verstärkt diesen Bereich fokussieren.

Welche neuen Geschäftsbereiche abseits der Altersvorsorge wie zum Beispiel Sachversicherungen und das Firmenkundengeschäft haben Sie in den vergangenen Jahren neu erschlossen beziehungsweise welche wollen Sie in Zukunft neu aufbauen?

Schon immer war uns wichtig, dass wir dem Kunden alle Produkt- und Spartenlösungen anbieten können. Insofern haben wir keine neuen Geschäftsbereiche in Form von anderen Sparten entwickelt. Viel wichtiger ist es für uns, den Gedanken unserer "Dr. Klein"-Vision, eine ganzheitliche Beratung zu gewährleisten, weiter auszubauen. Unsere Kunden werden in allen Produktbereichen qualifiziert und bedarfsorientiert beraten. Wir schaffen das, indem wir unsere beiden Produktbereiche, Finanzierung und Versicherung, weiter verzahnen. So können wir zum Beispiel immer mehr Baufinanzierungkunden auch eine qualifizierte Versicherungsberatung anbieten. Im Rahmen einer Baufinanzierung entstehen besondere Risiken für den Kunden, zum Beispiel erhöhter Todesfallschutz, Wohngebäudeversicherung und Berufsunfähigkeit. Unser Ziel ist es, jedem Kunden diese Risiken bewusst zu machen und dann natürlich auch die erforderlichen Produktlösungen anzubieten.

Und in welchen bereits vorhandenen Geschäftsbereichen - abseits der Altersvorsorge - haben Sie in den vergangenen Jahren ausgebaut beziehungsweise wollen Sie in Zukunft ausbauen?

Wiederkehrende Provisionen sind für Berater und Vertriebe unternehmerisch sehr wichtig. Daher bauen wir sehr stark das Sachversicherungsgeschäft aus. Hierzu gehört nicht nur der Neuabschluss, sondern auch die Bestandsübertragung mit einem Maklerauftrag. Seit 2013 machen wir dies vollautomatisiert und sehr smart für unsere Berater. So ist es unseren Beratern möglich, mit minimalem Aufwand auch große Stückzahlen und viele Kunden bedarfsgerecht zu beraten. Das vollautomatisierte Verwalten ist eines unserer Alleinstellungsmerkmale und ermöglicht uns, kosteneffizienter zu arbeiten und somit Courtagekürzungen zu kompensieren.

Seite 3: "Videoberatung ist ein wichtiger Fortschritt"

Stichwort Digitalisierung: Mit den neuen Online-Kommunikationsmöglichkeiten verlagert sich das persönliche Beratungsgespräch der Zukunft vom heimischen Wohnzimmer in den Chat-Room. Welchen Stellenwert hinsichtlich Umsatz und Gewinn räumen Sie dieser Entwicklung in Ihrem Unternehmen ein?

Das Medium der Videoberatung ist besonders in unseren Niederlassungen ein wichtiger Fortschritt. Hier beraten wir nicht nur Kunden am Standort, sondern auch verstärkt überregional. Durch den Einsatz dieser neuen Medien erzielen wir eine noch hochwertigere Fernberatung. Auch eine Steigerung der Konversion ist hierbei festzustellen. Die Videoberatung halten wir für sinnvoller als reine Text-Chats. Unsere Erfahrung zeigt, dass Kunden gerne das Gesicht des Beraters sehen, also Face-to-Face-Kontakt bevorzugen.

Im Versicherungsbereich ist das Vorantreiben der Digitalisierung unumgänglich. Das automatisierte Buchen und Verarbeiten von Dokumenten haben wir mit einer eigenen IT-Architektur vorangetrieben. Nur so wird es in Zukunft möglich sein, effizient und skalierbar Bestände aufzubauen. Auch die Brancheninitiative Prozessoptimierung, kurz Bipro, wird uns in Zukunft hierbei maßgeblich helfen.

Die Zukunftsfähigkeit der deutschen Finanzvertriebe hängt über digitale Services hinaus im hohen Maße davon ab, das Geschäftsmodell noch stärker auf den Kunden auszurichten. Worauf legen Sie hier Ihren Fokus?

Auch wir sind der festen Überzeugung, dass nur mit dem Ansatz der ganzheitlichen Beratung das Überleben eines Beraters möglich ist. Zudem ist es das Beste für den Kunden. Durch die vielen Möglichkeiten des Internets sind Kunden immer aufgeklärter und können einfache Produktlösungen im Zweifel leicht selbst abschließen. Nur durch eine enge und intensive Betreuung kann ein Berater seine Vorteile ausspielen. Diese Meinung vertreten wird bereits seit Jahren, so dass wir bereits Lösungen wie CRM und Beratungssoftware in der täglichen Beratungspraxis einsetzen.

Bei vielen Finanzvertrieben war die Zahl der Vermittler in den vergangenen Jahren stark rückläufig. Wie verhält sich das bei Ihnen?

Wir erleben auch den Trend, dass sich Vermittler nicht an die Marktbedingungen anpassen wollen. Insofern haben wir auch in den letzten Jahren einen leichten Vermittlerrückgang erfahren. Allerdings ist auch zu erkennen, dass Vermittler, die sich mitentwickelt haben, keine Umsatz- und Gewinneinbußen haben. Vielmehr werden fortschrittliche Vermittler am Markt gesucht. Und das nicht nur von Vertrieben, sondern besonders von Kunden. Eine Bereinigung des Marktes hin zu mehr Professionalität sehen wir insofern sehr positiv.

Seite 4: "Berater und Franchise-Nehmer maßgeblicher Treiber unserer Wachstumsstrategie"

Neben dem Umsetzen der Digitalisierungsstrategie und dem Verbreitern der Umsatzbasis zählt auch das Gewinnen neuer Berater zur Zukunftsstrategie von Finanzvertrieben. Wie sehen Ihre Aktivitäten hier konkret aus?

Der Aufbau von Beratern und Franchise-Nehmern ist ein maßgeblicher Treiber unserer Wachstumsstrategie. Wir unterscheiden hier zwischen unseren Niederlassungen und unserem Franchise-Vertrieb. In unseren Niederlassungen arbeiten wir mit angestellten Beratern. Diese arbeiten Hand in Hand mit unseren angestellten Beratern aus dem Bereich Baufinanzierung in einem Standort. Der Kunde steht im Fokus. Beide Berater aus den jeweiligen Bereichen Finanzierung und Versicherung schneidern für den Kunden ein ganzheitliches Konzept nach Maß. Selbiges Modell leben wir auch bei unseren Franchise-Partnern. Auch hier soll an einem Standort alles durch die jeweiligen Spezialisten beraten werden. Historisch bedingt haben wir sehr viele Baufinanzierungspartner. Für die Partner, die noch keinen Versicherungsspezialisten am Standort haben, suchen wir gezielt einen passenden Experten. So erfolgt ein visionsorientiertes Wachstum - aber nicht um jeden Preis. Wir schauen uns die Berater ganz genau an. Sie müssen zu unserem hohen Qualitätsanspruch passen.

Welchen Stellenwert hat die Weiterbildung Ihrer Berater? Welche Schwerpunkte setzen Sie hier aktuell?

Die Weiterbildung unserer Berater ist für uns ein Obligo. Der Versicherungsmarkt entwickelt sich täglich weiter, nur mit intensiver Weiterbildung ist es möglich, eine qualifizierte Beratung zu leisten. Wir bieten hierzu, neben einer intensiven Einarbeitung neuer Berater, auch regelmäßige Schulungen in Form von Webinaren oder direkt beim Berater vor Ort an.

Lesen Sie in der nächsten Folge unserer Interview-Serie, wie sich MLP auf die Herausforderungen für deutsche Finanzvertriebe einstellt.

Dieser Artikel wird bereitgestellt von www.dasinvestment.com

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