Steuer auf Derivate: Aufgepasst bei Termingeschäften!
Ratgeber

Steuer auf Derivate: Aufgepasst bei Termingeschäften!

onvistaStand:

Der Fiskus verdient am Handel mit Derivaten mit. Worauf Anleger und Trader hinsichtlich der Besteuerung und der Verlustverrechnung achten sollten.

Steuer auf Derivate - gut zu wissen

  • Wer Kapitalerträge aus Derivaten erzielt, muss darauf Abgeltungssteuer zahlen.
  • Verluste aus Derivaten können grundsätzlich mit Gewinnen verrechnet werden.
  • Das gilt allerdings nur beschränkt für Termingeschäfte. Hier beträgt die maximale Verlustverrechnung 20.000 Euro pro Jahr.
  • Optionsscheine und Knock-out-Zertifikate sind von dieser Regelung nicht betroffen. Sie zählen laut neuer Regelung des Bundesfinanzministerium (BMF) nicht zu den Termingeschäften. CFDs dagegen schon.

⚠️ Wichtige steuerliche Änderungen beim Handel mit Derivaten. Wie Trader Steuern sparen können.

1. Was ist ein Derivat?

Der Begriff Derivat stammt vom lateinischen „derivare“ ab, was sich in etwa mit „ableiten“ übersetzen lässt. Konkret leiten sich Derivate von der Wertentwicklung eines Basiswerts ab.

Derivate sind immer abhängig von der Wertentwicklung eines Basiswerts, zum Beispiel einer Aktie oder einer Anleihe.

Basiswert können zum Beispiel einzelne Aktien und Aktienindizes, aber auch Währungspaare, Rohstoffe, Anleihen, Zinssätze, Kryptowährungen oder andere Wertpapiere sein. Die Wertentwicklung des Basiswerts bestimmt maßgeblich auch den Preis des Derivats.

Diese Finanzinstrumente und Wertpapiere zählen zu den Derivaten:

Derivate, die als standardisierte Termingeschäfte an Terminbörsen gehandelt werden

  • Futures
  • Optionen

Derivate, die als Termingeschäfte außerbörslich gehandelt werden

  • Forwards
  • Devisentermingeschäfte
  • Swaps

Derivate, die als verbriefte Finanzinstrumente an Kassabörsen oder außerbörslich gehandelt werden

  • Anlagezertifikate (zum Beispiel Discount-Zertifikate, Bonus-Zertifikate, Kapitalschutz-Zertifikate, Aktienanleihen)
  • Optionsscheine
  • Knock-out-Zertifikate (zum Beispiel Turbos, Open End Turbos, Mini-Futures)
  • CFDs (Contract for Difference)

2. Welche Steuern fallen auf Derivate an?

Kapitalerträge aus Derivaten unterliegen grundsätzlich der einheitlichen Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent zuzüglich des Solidaritätszuschlages in Höhe von 5,5 Prozent - zusammen sind das 26,375 Prozent. Gegebenenfalls kommt noch die Kirchensteuer dazu. Da viele Derivate wie Optionsscheine, Knock-out-Zertifikate oder CFDs von Privatanlegern gekauft werden, um damit Kursgewinne zu erzielen, handelt es sich bei den Kapitalerträgen aus Derivaten, sofern die Spekulation aufgeht, in der Regel um Veräußerungsgewinne.

Allgemein unterliegen Gewinne aus Derivaten der Abgeltungssteuer. Bei der Verrechnung von Verlusten hingegen wird genau unterschieden: Termingeschäft oder nicht?

Der Steuerabzug erfolgt dabei grundsätzlich durch die konto- beziehungsweise depotführende Stelle, also durch die Bank oder den Broker. Bei den im Ausland realisierten Kapitalerträgen (zum Beispiel über ausländische Konten und Depots) wird die Abgeltungsteuer im Rahmen der Einkommenssteuerveranlagung durch das Finanzamt erhoben.

Es gibt für private Kapitalerträge einen Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 1.000 Euro sowie für zusammen veranlagte Ehegatten bzw. Lebenspartner nach dem Lebenspartnergesetz einen Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 2.000 Euro. Der Anleger kann seiner Bank in maximal dieser Höhe einen Freistellungsauftrag erteilen. Eine Staffelung über mehrere Institute ist möglich.

Freibeträge gelten auch für Erträge aus Derivaten.

Für Kapitalerträge, die den Freistellungsauftrag bzw. den Sparer-Pauschbetrag nicht überschreiten, wird keine Abgeltungssteuer erhoben. 

💎 Tipp: Prüfe anhand der Steuerübersicht deines Brokers am Ende des Kalenderjahres, über wieviel nicht genutzte Freistellungsbeträge du noch verfügst. Sofern noch eine größere Summe vorhanden ist, kann es sich möglicherweise auszahlen, noch nicht realisierte Kursgewinne steuerfrei zu Geld zu machen. Dazu verkaufen und kaufen unmittelbar danach das Wertpapier. So fallen lediglich die Ordergebühren an.

Beispiel für die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns

Ein Anleger kauft 50 Call-Optionsscheine auf die Aktie der Deutschen Telekom zum Preis von zehn Euro, um an Kursgewinnen der Deutschen Telekom gehebelt teilzunehmen. Die Ordergebühren betragen fünf Euro.

Die Spekulation geht auf und der Preis des Optionsscheins steigt auf 15 Euro. Der Anleger schließt daraufhin die Position, das heißt, er verkauft die 50 Scheine zu 15 Euro. Für diese Transaktion fallen ebenfalls fünf Euro Ordergebühren an.

Wie hoch ist die Abgeltungssteuer (ohne Berücksichtigung der Kirchensteuer und eines etwaigen Freistellungsauftrags)?

1. Kauf des Wertpapiers

2. Verkauf des Wertpapiers

3. Berechnung der Steuer und Gutschrift

Neben Veräußerungsgewinnen können bei einigen Derivaten auch Zinserträge (zum Beispiel Aktienanleihen) entstehen. Oder der Anleger erhält vereinnahmte Stillhalterprämien aus Geschäften mit Optionen. Auch diese Erträge gehören zu den steuerpflichtigen Kapitalerträgen und unterliegen damit der Abgeltungssteuer.

3. Können Verluste aus Derivaten steuerlich verrechnet werden?

Ja, grundsätzlich schon. Allerdings hat der Fiskus die Regelung, die den Verlustvortrag betrifft zu Jahresbeginn 2021 für bestimmte Derivate verschärft. Danach gilt für Derivate, die als Termingeschäfte eingestuft werden, nach § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG eine steuerliche Verlustverrechnung von maximal 20.000 Euro pro Jahr. Außerdem dürfen Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften oder Stillhalterprämien verrechnet werden.

Gute Nachrichten für Optionsschein- und Knock-out-Anleger!

Wie das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in einem Anwendungsschreiben über „Einzelfragen zur Abgeltungsteuer“ vom 03. Juni 2021 mitgeteilt hat, werden Optionsscheine und Knock-Out-Produkte ausdrücklich nicht den Termingeschäften zugeordnet, sondern als sonstige Kapitalerträge eingestuft. Sie fallen damit grundsätzlich nicht unter die auf 20.000 Euro pro Jahr begrenzte steuerliche Verlustverrechnung.

Die steuerliche Verlustverrechnung bei Termingeschäften ist auf 20.000 Euro pro Jahr begrenzt. Verluste aus Termingeschäfte können ausschließlich mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet werden.

Das gleiche gilt für Anlagezertifikate wie Discount-Zertifikate, Bonus-Zertifikate, Aktienanleihen oder Kapitalschutz-Zertifikate. Verluste aus diesen Anlagen können also unbegrenzt mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen verrechnet werden. Nicht verrechenbare Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden.

Ein Manko bleibt aber bestehen: Denn Verluste aus dem wertlosen Verfall – wie er zum Beispiel bei Optionsscheinen am Laufzeitende auftreten kann – unterliegen auch bei diesen Produkten weiterhin der Beschränkung der Verlustverrechnung.

Schlechte Nachrichten für CFD-Trader

Laut dem BMF-Schreiben umfasst der Begriff des Termingeschäfts sämtliche als Options- oder Festgeschäft ausgestaltete Finanzinstrumente sowie Kombinationen zwischen Options- und Festgeschäften, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Preis unmittelbar oder mittelbar abhängt von

  • dem Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren,
  • dem Börsen- oder Marktpreis von Geldmarktinstrumenten,
  • dem Kurs von Devisen oder Rechnungseinheiten,
  • Zinssätzen oder anderen Erträgen oder
  • dem Börsen- oder Marktpreis von Waren oder Edelmetallen.

Zu den Termingeschäften gehören laut Fiskus insbesondere:

  • Optionen
  • Swaps
  • Devisentermingeschäfte
  • Forwards
  • Futures
  • CFDs (Contract for Difference)

Für all diese Termingeschäfte gilt nach dem Einkommensteuergesetz ab Januar 2021 die steuerliche Verlustverrechnung von maximal 20.000 Euro pro Jahr. Zudem findet die Verlustverrechnung ausschließlich im Rahmen der persönlichen Veranlagung des Steuerpflichtigen statt. Es erfolgt also keine Verrechnung durch die Bank oder den Broker.

☞ Beachte: Anleger haben Verluste aus den genannten Termingeschäften in ihrer Steuererklärung in der Anlage KAP (Einkünfte aus Kapitalvermögen) ab 2021 selbst zu deklarieren. Dies gilt auch dann, wenn die Verluste unter 20.000 Euro liegen!

Beschränkte Verrechnung von Verlusten erschwert Hedging

Derivate werden nicht nur zu Spekulationszwecken oder zum Trading gekauft, sondern auch zur Absicherung, dem sogenannten Hedging, erworben. Tatsächlich kann die Absicherung größerer Aktienbestände in einem Depot, das der langfristigen Vorsorge dient, Sinn machen, weil es an den Kapitalmärkten immer wieder Phasen mit sehr hoher Volatilität gibt und solche Finanzinstrumente vor hohen kurzfristigen Verlusten schützen können.

Durch die Gesetzesänderung wird die Absicherung von Aktienpositionen durch Derivate, die der begrenzten Verlustverrechnung unterliegen – wie Optionen – erheblich eingeschränkt.

Dazu ein Beispiel: Eine Anlegerin erzielt aus Aktien einen Gewinn von 100.000 Euro. Sie hatte die Aktien aufgrund von Marktturbulenzen durch Put-Optionen, die sie an der Terminbörse Eurex gekauft hatte, abgesichert. Daraus erlitt sie einen Verlust von 80.000 Euro. Unterm Strich bleiben aus dem Gesamtinvestment also noch 20.000 Euro übrig. Optionen sind übrigens nicht mit Optionsscheinen zu verwechseln. Bei ersteren handelt es sich (auch steuerlich) um Termingeschäfte. Optionsscheine werden dagegen steuerlich nicht als Termingeschäfte eingestuft.

Nach der alten Regelung konnte der Verlust vollständig vom Gewinn subtrahiert werden (100.000 – 80.000 = 20.000), sodass sich die Abgeltungsteuer auf 5.275 Euro (26,375 Prozent auf 20.000 Euro) belief.

Nun können nur 20.000 Euro Derivateverluste abgezogen werden, sodass Steuer auf 80.000 (100.000 – 20.000 = 80.000) Euro zu zahlen sind. Das macht 21.100 Euro Steuer (26,375 Prozent auf 80.000). Die Steuer entspricht in diesem Beispiel also mehr als dem gesamten Gewinn der Anlegerin (20.000 - 21.100 = -1.100).

Glücklicherweise stehen Anlegern mit Put-Optionsscheinen und Knock-out-Zertifikaten weitere Absicherungsinstrumente zur Verfügung, die von der Regelung der begrenzten Verrechnung der Verluste nicht betroffen sind. Allerdings sollte man dabei Sorge tragen, dass die Produkte nicht wertlos verfallen.

4. Sonstige Fragen und Antworten zum Thema

Die wichtigsten Aspekte zur Besteuerung von Derivaten haben wir bereits geklärt. Nachfolgend einige weiter Punkte, die du beachten solltest.

Welches Gesetz regelt die Besteuerung von Kapitalerträgen?

Die Besteuerung von Kapitalerträgen wird im Einkommenssteuergesetz geregelt. In § 20 des Gesetzes wird definiert, was Kapitalerträge sind. In § 43 wird aufgeführt, welche Kapitalerträge von der Abgeltungssteuer, die offiziell eigentlich Kapitalertragssteuer heißt, betroffen sind. In § 43a ist die Höhe des Abgeltungssteuersatzes festgelegt.

Wer ist per Gesetz von der Besteuerung ausgenommen?

Wer seiner Bank eine Nichtveranlagungsbescheinigung (NV-Bescheinigung) vorlegt, muss keine Abgeltungssteuer zahlen oder kann sich eine bereits einbehaltene Steuer erstatten lassen. Eine NV-Bescheinigung erhält vom Finanzamt, wessen Jahreseinkommen unter dem Grundfreibetrag von 9.408 Euro liegt.

Sind Aktienoptionen Termingeschäfte?

Ja, Optionen auf Aktien sind Termingeschäfte. Optionen werden standardisiert an Terminbörsen gehandelt. Sie sind nicht zu verwechseln mit Optionsscheinen. Diese sind laut dem BMF-Schreiben vom 3. Juni 2021 aus steuerlicher Sicht kein Termingeschäft und damit von der begrenzten Verlustverrechnung ausgenommen.