Das Wichtigste zum Gesetzesentwurf in Kürze
- ab 2026 soll dir der Staat Geld dazu geben, wenn du mit Wertpapieren wie Aktien, Fonds oder ETFs fürs Alter vorsorgen willst
- bis zu 600 Euro Zulage im Jahr soll es geben. Eltern, Menschen mit geringem Einkommen oder Berufsanfänger profitieren von zusätzlicher Förderung
- um die Förderung zu erhalten, musst du mindestens 120 Euro im Jahr fürs Alter ansparen
- deine bisherigen Riester-Verträge kannst du ins neue System übertragen, ohne deine Zulagen zu verlieren
Die Ampelregierung plant eine Neuregelung der privaten Rente. Wichtiger Baustein: das so genannte "Altersvorsorgedepot". Damit sollst du in Zukunft auch mit Aktien und ETFs privat fürs Alter vorsorgen können - und dafür Geld vom Staat dazubekommen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.
Was soll das Altersvorsorgedepot bringen?
Die gesetzliche Rente in Deutschland ist grundsätzlich umlagefinanziert. Das bedeutet: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen in die Rentenkasse ein. Der Beitragssatz beträgt 18,6 Prozent des Bruttolohns. Rentnerinnen und Rentner erhalten aus diesen Beiträgen ihre Rente ausbezahlt. Doch das funktioniert immer schlechter. Weil immer weniger Arbeitnehmerinnen immer mehr Rentner finanzieren müssen, müssen jedes Jahr aus dem Bundeshaushalt über 100 Milliarden Euro ins System gegeben werden. Gleichzeitig sank das Rentenniveau (Definition unten) aus der gesetzlichen Rente von knapp auf 53 im Jahr 2000 auf aktuell 48 Prozent.
Das Rentenniveau drückt aus, wie hoch die Rente nach 45 Beitragsjahren mit durchschnittlichem Gehalt gemessen am aktuellen Durchschnittsgehalt ist. Bei der Berechnung werden Sozialabgaben berücksichtigt, Steuern aber nicht. Aktuell beträgt das Rentenniveau 48 Prozent. Wer jetzt in Rente geht und zuvor 45 Jahre lang genau den Durchschnittslohn erhalten und entsprechend Beträge bezahlt hat, bekommt 48 Prozent des aktuellen Durchschnittsgehalts als Rente.
Weil diese Probleme der gesetzlichen Rente lange bekannt sind, wurden schon 2001 die Riester- und Rürup-Renten für die private Altersvorsorge eingeführt. Doch die Modelle, mit denen die Menschen eigentlich ihre schrumpfende gesetzliche Rente aufbessern sollten, erwiesen sich als bürokratisch, teuer und renditeschwach. Die Folge: Immer weniger Menschen nutzen diese Art der privaten Vorsorge. Seit 2017 ging die Zahl bestehender Riester-Verträge netto um mehr als eine Million auf rund 15,5 Millionen zurück.
Das Altersvorsorge-Depot soll diese Probleme beheben und einen Neustart der privaten Altersvorsorge in Deutschland ermöglichen.
Welche Änderungen sind konkret geplant?
Der Gesetzentwurf sieht für die Zukunft drei Modelle privater Vorsorge vor. Das bisher gängige Riester-Modell, bei dem dir 100 Prozent deiner Einzahlungen zu Rentenbeginn garantiert werden, soll es weiterhin geben. Diese Garantie gibt dir Planungssicherheit. Sie sorgt aber auch dafür, dass Anbieter beim Anlegen kaum Risiken eingehen und entsprechend renditeschwach anlegen müssen - ein Kern-Kritikpunkt bei Riester.
Deshalb plant die Koalition eine Erweiterung des bisherigen Riester-Modells, bei dem nur noch 80 Prozent der Einzahlungen garantiert werden. Das gibt größere Flexibilität und Renditechancen.
Die eigentlich große Revolution ist aber die neu entstehende dritte Möglichkeit, privat vorzusorgen: Das Altersvorsorge-Depot. Das kommt ganz ohne Garantien aus. Und du kannst auch komplett selbst entscheiden, in welche ETFs, Aktien oder Anleihen du dabei investierst - mit allen Chancen und Risiken. Alternativ kannst du auch einen Anbieter die Anlageentscheidung für dich treffen lassen. Wichtig nur: An das Geld im Vorsorge-Depot kommst du vor der Rente nicht ran; frühestens soll das mit 65 Jahren der Fall sein.
Was genau wird gefördert?
Im Gesetzentwurf werden fünf Wertpapier-Arten genannt, die du im Altersvorsorge-Depot besparen kannst. So genannte OGAW-Sondervermögen, zu denen etwa aktiv gemanagte Fonds oder passive Indexfonds (ETFs) zählen. Daneben kannst du auch in alternative Investmentfonds (Publikums-AIFs) investieren. Das sind für Privatanleger investierbare Fonds, die nicht in Wertpapiere investieren - zum Beispiel Immobilienfonds.
Drittens kannst du in Euro-Anleihen der öffentlichen Hand in Deutschland investieren; zum Beispiel in Bundesanleihen oder in Anleihen der Bundesländer. Viertens stehen dir auch Euro-Anleihen anderer EU-Staaten, der EU selbst oder EU-Institutionen wie der Europäischen Investitionsbank offen.
Die fünfte und vielleicht interessanteste Anlagemöglichkeit sind Aktien. Einzige Voraussetzung ist, dass sie an einer deutschen oder einer anderen EU- beziehungsweise EWR-Börse (EWR steht für "Europäischer Wirtschaftsraum") zum Handel zugelassen ist. Du kannst also auch in eine Vielzahl von Nicht-EU-Aktien investieren. Denn auch die Aktien von Apple, Nvidia, Microsoft und Co. sind an deutschen Börsen zum Handel zugelassen.
Risikoreichere Produkte wie Knock-Out-Zertifikate, kurzlaufende Optionsscheine und Krypto-Assets werden dagegen nicht ins Altersvorsorgedepot einbezogen.
Übrigens: Mit dem onvista-Musterdepot kannst du dir schon mal dein eigenes Altersvorsorge-Depot zusammenbauen - und ohne Risiko beobachten, wie sich die von dir ausgewählten Wertpapiere entwickeln.
Wer wird gefördert?
Die Förderung bekommst du, wenn du mindestens 120 Euro im Jahr fürs Alter zurücklegst - unabhängig von deinem Einkommen.
Wie hoch ist die Förderung?
Grundsätzlich sollst du für jeden Euro, den du einzahlst, 20 Cent vom Staat dazubekommen (Grundzulage). In den ersten vier Jahren ab 2026 soll die Obergrenze bei 3.000 Euro Einzahlung pro Jahr liegen. Bedeutet: So wären maximal 600 Euro vom Staat pro Jahr an Zulage drin. Ab 2030 soll die Obergrenze auf 3.500 Euro steigen, die maximale Förderung entsprechend auf 700 Euro.
Doch es kann durchaus auch mehr geben: Für jedes Kind kannst du zusätzlich 25 Cent pro Jahr und investiertem Euro dazu bekommen (Kinderzulage). Bei zwei Kindern ergibt sich also eine Förderung von insgesamt 70 Cent für jeden Euro, den du einzahlst: 20 Cent für dich, 50 Cent für deine Kinder. Allerdings ist die Kinderzulage bei 300 Euro je Kind gedeckelt. Zahlst du also 2.000 Euro im Jahr selbst ein, bekommst du für zwei Kinder nur 600 Euro Zulage und nicht 1.000.
Besondere Regeln gibt es zudem für Menschen mit geringem Einkommen sowie Berufsanfänger. Bist du unter 25, kannst du 200 Euro extra pro Jahr bekommen - für maximal drei Jahre. Voraussetzung ist auch hier, dass du mindestens 120 Euro im Jahr gespart hast.
175 Euro extra pro Jahr gibt es zudem für Menschen, die im betreffenden Jahr weniger als 26.250 Euro verdient haben (brutto). Wer diese Bedingung erfüllt, ein Kind hat, und 120 Euro eingezahlt hat, bekommt also 24 Euro Grundzulage (20 Prozent von 120 Euro Einzahlung), 30 Euro Kinderzulage (25 Prozent von 120 Euro Einzahlung), sowie 175 Euro Bonus. Macht in Summe 229 Euro Zulage bei 120 Euro eigenen Beiträgen.
Was passiert mit meinem Riester-Vertrag?
Du kannst deine aktuellen Riester-Verträge behalten. Ebenfalls sollst du die Möglichkeit haben, von alten Riester-Produkten in ein Altersvorsorgedepot oder ein Vorsorgeprodukt mit 80-Prozent-Garantie zu wechseln, ohne deine bisher erhaltenen Zulagen zu verlieren.
Außerdem sollst du ab dem kommenden Jahr mehr Geld in deinen Riester-Vertrag einzahlen können. Statt bisher 2.100 Euro im Jahr sieht der Gesetzesentwurf jetzt 3.500 Euro vor, die du pro Jahr einzahlen und von der Steuer absetzen kannst.
Wie ist es mit der Steuer?
Die Einzahlungen in deine private Altersvorsorge bleiben steuerfrei. Das funktioniert so: Du zahlst in deine Verträge ein und setzt diese Einzahlungen in deiner Steuererklärung als Altersvorsorge-Aufwendung ab. Diese Ausgaben mindern also dein zu versteuerndes Einkommen: Du zahlst weniger Steuern. Das Finanzamt prüft nun, wie hoch dein Steuervorteil dadurch ist.
Ist er kleiner als die Zulagen, die du bekommen hast, passiert nichts. Dann hast du deinen Steuervorteil bereits über die Zulagen vom Staat erhalten. Ist der potenzielle Steuervorteil aber größer als die Zulagen, die du bekommen hast, bekommst du mit deinem Steuerbescheid die Differenz zwischen Steuervorteil und Zulagen erstattet. Zu viel gezahlte Steuer gibt's also zurück.
Ein wichtiger Unterschied zur normalen Geldanlage auf eigene Faust ist zudem, dass deine Erträge während der Ansparphase nicht versteuert werden müssen. Kaufst du also beispielsweise Aktien in dein Vorsorgedepot, die dann Dividenden ausschütten, musst du darauf keine Steuern zahlen. Erst wenn du in Rente bist, musst du die Erträge mit deinem persönlichen Steuersatz versteuern. Das sorgt dafür, dass der Zinseszins-Effekt voll wirken kann und dein Kapital während der Ansparphase idealerweise kräftig wächst.
Wie läuft die Auszahlung der Rente?
Grundsätzlich kannst du erst ab dem 65. Geburtstag an dein Geld ran. Du hast dann folgende Möglichkeiten: Entweder lässt du dir das bis dahin angesammelte Kapital mithilfe eines Auszahlsplans, der mindestens 20 Jahre laufen muss, auszahlen. Das Geld ist dann zum Ende des Auszahlplans aufgebraucht und du erhältst keine weiteren Zahlungen.
Die Alternative ist eine lebenslange Rente. Die dürfte niedriger ausfallen als die monatlichen Zahlungen aus dem Auszahlplan. Dafür hast du hier die Sicherheit, dass du wirklich bis an dein Lebensende eine Rente erhältst. Wie bei Riester-Verträgen hast du zudem die Möglichkeit, bis zu 30 Prozent deines angesparten Kapitals als Einmalzahlung zu Rentenbeginn zu erhalten. Vom Rest wird dann eine lebenslange monatliche Rente finanziert.
Eine Ausnahme gibt es, wenn die Höhe deiner Rente sehr niedrig ist, nach aktuellem Stand also etwa 35 Euro monatlich oder weniger beträgt. Bei so einer so genannten Kleinbetragsrente hast du die Möglichkeit, dir das gesamte Kapital mit Rentenbeginn auf einen Schlag auszahlen zu lassen. Die erhaltenen Zulagen oder Steuervorteile darfst du dann behalten. Allerdings musst du Einmalzahlungen auch komplett in dem Jahr versteuern, in dem du sie erhältst. Das kann diese Option unattraktiver machen.
Wie geht es jetzt weiter?
Den Gesetzentwurf hat das FDP-geführte Bundesfinanzministerium am 30. September 2024 veröffentlicht. Ziel der FDP ist es, das Gesetz noch in diesem Jahr durch den Bundestag zu bringen. Das Gesetz soll zum Jahresanfang 2026 in Kraft treten, so dass ab diesem Zeitpunkt staatlich geförderte Altersvorsorgeprodukte gewählt werden können. Zu aktuellen Entwicklungen halten wir dich hier auf dem Laufenden.
Mitarbeit: Savanna Schmitz