Gazprom dreht am Gashahn für EU-Staaten - Pochen auf Rubelbezahlung

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UKRAINE:Gazprom dreht am Gashahn für EU-Staaten - Pochen auf Rubelbezahlung

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- von Marek Strzelecki und Tsvetelia Tsolova und Pavel Polityuk

Warschau/Sofia/Kiew (Reuters) - Russland macht offenbar ernst mit der Drohung, Gas nur noch gegen Rubelzahlung nach Westen zu liefern.

Allerdings gibt es widersprüchlich Meldungen, ob sich dies bereits auf die Versorgung auswirkt. So teilte der russische Energieriese Gazprom am Mittwoch mit, dass er die Gaslieferungen nach Bulgarien und Polen vollständig eingestellt habe, weil die Länder die Zahlungen für die Brennstofflieferung in Rubel nicht geleistet hätten. Gleichzeitig melden Gasfernleitungsunternehmen der EU aber, dass kurzzeitig unterbrochene Lieferungen durch die Pipelines durch Polen und Bulgarien wieder aufgenommen worden seien.

Bereits am Dienstag hatte der russische Staatskonzern Gazprom nach Angaben der Regierung Bulgariens und des polnischen Energieunternehmens PGNiG für diesen Mittwoch einen Stopp der Gaslieferungen in beide Länder angekündigt. Dies käme einer deutlichen Eskalation im Konflikt Russlands mit westlichen Staaten über den Einmarsch in die Ukraine gleich. Die Bundesnetzagentur hatte Dienstagabend auf Anfrage erklärt, die Versorgungssicherheit in Deutschland sei derzeit weiter gewährleistet.

Die Regierung in Moskau hatte Europa gewarnt, dass Gaslieferungen unterbrochen werden könnten, wenn künftig nicht in Rubel gezahlt werde. Dies lehnen die EU-Regierungen und -Firmen ab, weil die Verträge auf Euro oder Dollar laufen. Die ukrainische Regierung sprach von einer "Gaserpressung". Die EU-Staaten haben ihrerseits angekündigt, aus dem Import von russischer Kohle, Öl und Gas wegen des Angriffs auf die Ukraine aussteigen zu wollen. Ein Kohlembargo ist bereits Teil des fünften EU-Sanktionspakets. Derzeit wird als weitere Maßnahme über ein Ende der Ölimporte debattiert. Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte am Dienstag bei einem Besuch in Polen mitgeteilt, dass man für einen Stopp russischer Öl-Lieferungen innerhalb von Tagen gerüstet sei. Deutschland will aber russisches Gas nach bisherigen Stand noch bis zum übernächsten Jahr beziehen, um die Versorgungssicherheit etwa für die Industrie zu sichern. Auch andere EU-Staaten sind derzeit vom Bezug russischen Gases abhängig.

Russische Gaslieferungen nach Bulgarien seien bis auf weiteres im Fluss, sagte Vladimir Malinov, Geschäftsführer des bulgarischen Gasnetzbetreibers Bulgartransgaz, gegenüber Reuters. Neben Bulgarien erklärten auch Ungarn und Österreich, die Gaslieferungen seien normal. Auch durch die Ukraine sollte am Mittwoch weiter russisches Gas gepumpt werden. Nach Angaben des ukrainischen Gaspipelinebetreibers allerdings etwas weniger als am Dienstag.

KÄMPFE GEHEN WEITER

Aus der Ukraine wurden weiter schwere Kämpfe gemeldet. Wie die russischen Behörden mitteilten, waren in den frühen Morgenstunden des Mittwochs auch in drei russischen Provinzen an der Grenze zur Ukraine mehrere Explosionen zu hören. Etwa zur gleichen Zeit geriet ein Munitionsdepot in der russischen Provinz Belgorod in Brand. Der Gouverneur der Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, teilte mit, dass das Feuer im Munitionsdepot in der Nähe des Dorfes Staraja Nelidowka gelöscht und keine Zivilisten verletzt worden seien. Russland beschuldigte die Ukraine in diesem Monat, ein Treibstoffdepot in Belgorod mit Hubschraubern angegriffen und das Feuer auf mehrere Dörfer in der Provinz eröffnet zu haben. Die Ukraine hat keine Verantwortung für Angriffe übernommen.

Russische Truppen waren am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert. Derzeit konzentrieren sich die Angriffe auf den Osten des Landes. Russland will dort nach eigenen Angaben den gesamten Donbass erobern. Am Dienstag warnte die Regierung in Moskau aber auch vor einem Eingreifen in Transnistrien, einem Landesteil der Republik Moldau, die an der Südwestgrenze der Ukraine liegt. In dem abtrünnigen Landesteil Transnistrien sind seit dem seit Ende der Sowjetunion russische Soldaten stationiert.

Moskau bezeichnet die Invasion in der Ukraine als Sondereinsatz zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung des Nachbarlandes. Sie weist Vorwürfe zurück, Zivilisten anzugreifen. Westliche Staaten sprechen hingegen von einem Angriffskrieg Russlands und schweren Verbrechen gegen die ukrainische Zivilbevölkerung. Seit Beginn der russischen Invasion sind nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als fünf Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen.

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