Die Angst geht um an der Börse

Heiko Böhmer · Uhr
Quelle: traveliving/Shutterstock.com

In diesen Tagen ist die Angst an den Märkten deutlich spürbar. Die vielen negativen Nachrichten drücken auf die Stimmung der Investoren und lassen die Kurse sinken. Dabei kann zu viel negative Marktstimmung schon wieder das Signal für die nächste Trendwende sein. „Wenn die Nacht am tiefsten, ist der Tag am nächsten“ Genau das gilt auch häufig an der Börse und das lässt zumindest hoffen auf Sicht der nächsten Monate.

Fakt ist aber: Derzeit befindet sich die Stimmung in manchen Marktsegmenten auf historischen Tiefständen. Dazu lohnt es sich einmal genauer auf die aktuellen Stimmungsdaten beispielsweise für europäische Aktien zu schauen. Seit Jahresanfang hat der maßgebliche EuroStoxx 50 Index schon rund 18 Prozent verloren. Nun liegen zum europäischen Aktienmarkt die neuen Ergebnisse von sentix vor, die schon seit 2001 die Marktstimmung in Form von wöchentlichen Umfragen für verschiedenste Anlageklassen messen.

Das Sentiment gibt dabei die kurzfristige Einschätzung der Marktteilnehmer auf Sicht der nächsten 30 Tage wieder. In der aktuellen Umfrage hat es hier ein extremes Ergebnis gegeben: „Mit -49 Prozentpunkten markiert das Sentiment für die Aktien aus Euroland ein Rekordtief“, erklärt dazu Patrick Hussy, einer der Geschäftsführer von sentix. Diese extrem schlechte Marktstimmung hat jedoch auch einen positiven Aspekt: „Dieses negative Ergebnis macht den konträren Investor hellhörig. Meist treten solche Stimmungsextreme in der Nähe von Markttiefs auf.“

Die Stimmung ist am Boden – ist das der richtige Kaufzeitpunkt?

Also sollten wir jetzt direkt umfangreiche neue Positionen aufbauen, weil der nächste Aufschwung nicht mehr weit entfernt ist? So leicht ist die psychologische Deutung der Marktstimmung an der Börse doch nicht. Darauf weisen die Experten von sentix in der aktuellen Analyse ebenfalls hin: „Sehr starke Stimmungseinbrüche können aber auch eine letzte große Lawine auslösen, die von Kurzschlusshandlungen begleitet werden. Das war beispielsweise im August 2008 der Fall: Mit der Pleite von Lehman Brothers entlud sich der hohe Pessimismus in stark fallenden Kurse.“

Tatsächlich ist die Marktlage nicht so eindeutig. Selbst wenn derzeit kurzfristig die Panik an den Märkten dominiert, so könnte doch der mittelfristige Ausblick schon wieder positive Signale senden. Doch genau das bleibt aus. Die Basis hierfür ist der strategische Bias. Das ist die Wertwahrnehmung an den Börsen auf Sicht von 6 Monaten. Hier sind die Werte noch auf einem extrem niedrigen Niveau und verharren speziell für europäische Aktien nahe dem Allzeittief.

Sie sehen an diesem Beispiel wie angeschlagen derzeit die Marktstimmung ist. Tatsächlich bieten sich kurzfristig nur wenige Anzeichen dafür, dass es an den Märkten wieder deutlich nach oben geht Dafür müssten für viele der Krisen, die uns beschäftigen, zumindest erst einmal Lösungsansätze vorliegen - doch danach sieht es nun wirklich nicht aus.

Konjunktur-Erwartungen sacken massiv ab

Hinzu kommt der weiter angespannte Blick auf die Konjunkturlage. Die Erwartungen auf Sicht von sechs Monaten sind laut sentix in Deutschland deutlich gefallen und erreichen mit einem Indexwert von -22,6 Punkten den tiefsten Stand seit Juni 2020. Geschäftsführer Manfred Hübner weist darauf hin, dass „die Lage und die Erwartungen gleichermaßen um rund 5 Prozentpunkte einbrechen. Die Rezession wird sichtbar.“ Auf globaler Ebene schlägt jetzt der Lockdown in China immer stärker durch. Der globale Konjunkturindex ist nun drei Mal in Folge gesunken und notiert auf dem tiefsten Stand seit Juni 2020.

Unser Motto: Vorsicht ist weiter angesagt

Wie gesagt: Diese extrem schlechte Stimmung kann sich schon bald wieder auflösen – wenn die Angst von der Gier verdrängt wird. Doch aktuell sind viele Investoren noch vorsichtig. Es zeigt sich kein gesteigertes Kaufinteresse an den Börsen – trotz der zum Teil schon deutlich gesunkenen Kurse.

Wir bleiben in unseren Mandaten erst einmal vorsichtig, denn der Mix aus geopolitischer Unsicherheit rund um den Ukraine-Konflikt, hohen Preisen, unsicheren Lieferketten und wieder steigenden Zinsen bildet unserer Einschätzung nach keine Basis für eine rasche und breite Erholung der Aktienmärkte.

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