Drei Fragen an Bernecker: Zuschauen, Marktsignale abwarten und dann entscheiden!

Die US-Inflationsrate ist natürlich heute das zentrale Thema bei den drei Fragen an den Börsenexperten Hans A. Bernecker. Wir wollten wissen, wie er die Lage sieht und was sein Tipp für die Anleger ist.
1. Herr Bernecker, die US-Inflationsrate ist höher ausgefallen als erwartet. Jetzt ist die Notenbank an der Reihe. Wie wird sie ihrer Meinung nach reagieren?
Die amerikanische Inflationsrate hat mit 9,1 % im Juli den höchsten Wert seit 40 Jahren erreicht. Die Statistiker sagen eine erste Korrektur ab August voraus, weil die Vergleichszahlen des Vorjahres höher ausgefallen waren und deshalb der Inflationseffekt geringer wirkt. Damit ist eine Entspannung wohl sicher anzunehmen. Eine echte Umkehr ist es natürlich nicht. Das sieht die Notenbank nicht anders. Aber: Sie steht vor der gleichen Frage wie 1979. Damals musste Fed-Chef Paul Volcker mit dem Hammer ran. Er verteuerte die Zinsen kurzfristig und dramatisch in einer kaum vorstellbaren Form mit einer Rendite von 16 % für T-Bonds im Januar 1980. Dies zeigte Wirkung: Innerhalb von 6 Monaten reduzierte sich die Inflation bedeutend. Gleichzeitig nahm die Fed ihre Bremspolitik ebenso kurzfristig zurück. Ein ähnliches Verhalten wäre jetzt der Normalfall.
2. Werden die USA dadurch in eine Rezession abdriften?
Der IWF reduzierte das amerikanische Wirtschaftswachstum soeben von 2,4 % auf 2,2 %. Was ist eine Rezession? Nach amerikanischer Lesart sind 2 bis 2,5 % über mehr als zwei oder drei Quartale eine Rezession. Das ist jetzt ebenfalls zu unterstellen. Gleichgültig, was die Fed daraus macht. Bei Vollbeschäftigung und der niedrigsten Arbeitslosenquote der letzten drei Jahrzehnte ist es schwer vorstellbar, dass bei stabiler Produktion (lt. aktueller Statistik) ein bedeutender Rückgang zu erwarten ist. Dann stellt sich die Frage: Haben die Märkte (Dow und S&P) mit bisher rd. 20 % Korrektur und für den Nasdaq mit rd. 30 % dies Szenario richtig eingepreist? Das dürfte stimmen.
3. Mit welchen Werten fahren Anleger ihrer Meinung nach am besten durch eine Rezession?
In einer unklaren Markttendenz und der noch nicht bewiesenen Stabilisierung sind neue Investments kein Thema. Richtmaß bleibt vorerst der Umfang aller Korrekturen, zum anderen die Unternehmenslage, wie jetzt in der Berichtssaison erkennbar wird, um anschließend zu entscheiden, wo die neuen Schwergewichte für Investments liegen. Der Zeitrahmen dafür lässt sich bis etwa August angeben. Also: Erst mal zuschauen und erst dann entscheiden, wenn die Marktsignale überzeugend ausfallen.