Schauplatz Internet: Erster Schlichtungsfall bei ARD und Verlagen

dpa-AFX · Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Die Hoffnungen der deutschen Medienhäuser liegen auf dem Internet. Zeitungsverlage bauen hier genauso ihren Markt aus wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der durch Beiträge finanziert wird. Mediatheken, Streaming-Plattformen, Webseiten, Apps auf dem Smartphone, Podcasts - vor allem jüngere Leute sollen an journalistische Marken gebunden werden. Momentan mehren sich wieder Streitfälle zwischen Verlegern und den Öffentlich-Rechtlichen, ob man sich dabei zu stark ins Gehege kommt. Erstmals wird deshalb am Freitag (14. Oktober) eine Schlichtungsstelle aus Presseverlegern und Rundfunk-Vertretern eingesetzt. Was ist von ihr zu erwarten?

Es geht für die im freien Markt agierenden Zeitungshäuser schlicht auch um viel Geld: Digitale Abos, Bezahlschranken und der wichtige Faktor Werbung. US-Konzerne sind mit Plattformen wie Google oder Facebook zu großen Konkurrenten geworden und schöpfen jedes Jahr einen Löwenanteil am digitalen Werbegeschäft hierzulande ab. Die Zeiten, in denen Medienhäuser Anzeigenkunden auch mal ablehnen mussten, weil ihre Zeitungen schon prall gefüllt waren - längst vergangen. Die Auflagen sinken in Deutschland. Im Netz, da tummeln sich alle. Es ist ein Wettlauf um die eigene Sichtbarkeit entbrannt. Und das Netz ist schnelllebig, die Politik kommt mit dem Regulieren kaum hinterher.

Verleger finden, dass die Öffentlich-Rechtlichen zu viel Raum bei der Ausgestaltung ihres Rundfunkauftrags im Netz in Anspruch nehmen. Die Sender argumentieren natürlich anders.

Gestritten hatten die Parteien in der Vergangenheit immer mal wieder. Es ging mal freundlicher, mal robuster zu. Verleger zogen sogar vor Gericht und tun es im Südwesten gerade wieder im Fall der App "Newszone" vom Südwestrundfunk (SWR), deren Nachrichtenangebot sich vor allem an jüngeres Publikum richtet. Für Montag (17. Oktober) hat das Landgericht Stuttgart eine Entscheidung angekündigt.

Ein Kernvorwurf, der von Verlegerseite immer wieder zu hören war und ist: Das Angebot der öffentlich-rechtlichen Sender sei im Netz zu textlastig und komme so zu nahe an das klassische Betätigungsfeld von Zeitungen heran. Fachleute nutzen in dem Kontext den Begriff presseähnlich. Manche Kritiker sehen die Gefahr von Marktverzerrung für die unter Druck geratenen Verlage.

Die Bundesländer, die für Medienpolitik zuständig sind, beschlossen vor Jahren, dass Verlage und Sender miteinander ins Gespräch kommen und Streitfälle durch Kompromisse selbst lösen sollten. Davor hatte es einen jahrelangen Rechtsstreit zwischen Verlagen und der ARD um die "Tagesschau"-App gegeben, die die Verlage für sich entschieden hatten.

Die Schlichtungsstelle, die im Staatsvertrag der Länder seit 2019 aufgeführt ist, kam bisher nie zum Einsatz. An diesem Freitag wollen Vertreter des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und ARD-Spitzenvertreter in Berlin zusammenkommen, um über die Ausgestaltung der Webseiten von Mitteldeutschem Rundfunk (MDR) und Radio Bremen (RB) zu diskutieren. Verleger hatten sich beschwert.

Es könnten erste Erfahrungen gesammelt werden, ob das Instrument der Schlichtungsstelle in der Praxis überhaupt wirksam sein kann. Es gibt bislang kein Drehbuch für so etwas./rin/DP/ngu

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