Chef der Schweizer Finanzmarktaufsicht tritt nach CS-Kollaps zurück

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Zürich (Reuters) - Der Direktor der wegen der Krise um die Credit Suisse in die Kritik geratenen Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) tritt Ende September überraschend zurück.

Die hohe und dauerhafte Belastung des Amtes habe gesundheitliche Folgen gezeigt, erklärte Urgan Angehrn am Mittwoch in einer Mitteilung. "Ich habe meinen Entscheid reiflich überlegt und mich nun entschlossen, zurückzutreten", so der frühere Manager des Versicherers Zurich. "Es fällt mir sehr schwer, diese Aufgabe abzugeben, doch dies ist ein Schritt der Vernunft." Weitere Angaben zu den Gründen für den Rücktritt und zu einem möglichem Zusammenhang zum Fall Credit Suisse wollte ein Finma-Sprecher nicht machen.

Angehrns Stellvertreterin Birgit Rutishauser sei zum 1. Oktober 2023 zur Interims-Direktorin ernannt worden. Angehrn werde ihr für eine geordnete Übergabe aller Geschäfte und für Folgearbeiten nach der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS zur Verfügung stehen. Der Verwaltungsrat habe den Prozess zur Neubesetzung der Stelle eingeleitet. Angehrn hatte das Amt 2021 übernommen, nachdem sein Vorgänger Mark Branson an die Spitze der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gewechselt war.

Die Finma-Verwaltungsratspräsidentin, Marlene Amstad, und die anderen bisherigen Mitglieder des Aufsichtsgremiums wurden für die neue Amtsperiode 2024 bis 2027 von der Schweizer Regierung am Mittwoch wiedergewählt. Neu dazu stoße der frühere Informatikchef der Standard Chartered Bank in Singapur, Rene Keller. Zuvor hatte er Führungspositionen bei der Deutschen Bank und der Deutsche Börse inne.

"CREDIT SUISSE IST AN SICH SELBER GESCHEITERT"

Nach dem Kollaps und der Notübernahme der Credit Suisse durch den größeren Rivalen UBS im März wurden die Finma, aber auch die Schweizerische Nationalbank und die Schweizer Regierung für ihr spätes Eingreifen kritisiert. Nach einem ersten Bankensturm im Oktober 2022 habe sich bereits abgezeichnet, dass die Credit Suisse in Schieflage geraten könnte, so die Kritiker. In einem Gastkommentar im Juli wies Angehrn die Vorwürfe zurück. Die Finma sei für die CS-Krise nicht verantwortlich, die Credit Suisse sei an sich selber gescheitert. Die vorrangige gesetzliche Aufgabe der Behörde sei es, die Gläubiger zu schützen und den Schweizer Finanzmarkt funktionsfähig zu halten. "Diese zentralen Zielsetzungen haben wir im Fall Credit Suisse erreicht – dank engster Zusammenarbeit mit Nationalbank und Finanzdepartement."

Der Untergang des 167-jährigen Instituts hatte in der Schweiz und auch an den internationalen Finanzmärkten Wellen geschlagen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Behörden des für seine Stabilität und Verlässlichkeit bekannten Landes einschreiten musste; 2008 eilte sie der UBS zur Hilfe, die während der Finanzkrise ins Straucheln geriet. Verschärfungen der regulatorischen Vorgaben reichten aber offenbar nicht aus, um die Credit Suisse zu schützen. Die Krise hat ein politisches Nachspiel. Eine sehr selten eingesetzte Sonderkommission des Parlaments hat ihre Arbeit im Juli aufgenommen. Sie soll klären, was in den Jahren vor dem Kollaps der zweitgrößten Schweizer Bank falsch lief und wie die Regierung zusammen mit anderen Behörden eine Notübernahme orchestrierte.

(Bericht von Oliver Hirt, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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