Apple überrascht mit Preissenkung - ist der Apfel etwa faul?

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Quelle: Vytautas Kielaitis/Shutterstock.com

Nachdem Apple in den letzten Wochen, durch EU-Regulierungen und den iPhone-Bann für chinesische Beamte, für Negativschlagzeilen sorgte, hat das Unternehmen aus Cupertino vergangene Woche sein berüchtigtes "Apple Event" abgehalten.

Man könnte meinen, dass die Anleger, die den Aktienkurs vor 2 Wochen um 6 Prozent in den Süden schickten und somit 260 Mrd. EUR an Marktkapitalisierung vernichteten, durch dieses Event wieder optimistischer werden - doch dem war erstmal nicht so. Der Kurs gab am Tag des Events im außerbörslichen Handel um 1,71 Prozent nach, am darauffolgenden Handelstag büßte das Papier einen weiteren Prozent Kursverlust ein. Erst in den anschließenden Handelstagen setzte etwas Erhohlung ein.

Doch was ist passiert?

Am Dienstag den 12. September um 19 Uhr mitteleuropäischer Zeit präsentierte das Unternehmen seine neusten technologischen Fortschritte. Unter anderem wurden selbst festgelegte Klimaziele bestätigt und Softwareupdates für sämtliche Apple-Hardware vorgestellt. Doch die Apple-Fans wollten etwas ganz anderes sehen - Das neue iPhone.

Die Gerüchteküche um die neuen Modelle fängt immer stärker an zu brodeln, wenn es auf den Herbst zugeht, jedoch gab es dieses Jahr eine kleine Überraschung. Nicht wegen bahnbrechenden, technologischen Innovationen, sondern weil Apple die Preise für ihre iPhones und Apple-Watches im Euro-Raum gesenkt hat. In den USA hat Apple, trotz gestiegenen Produktionskosten, die Preise seit 2020 zumindest nicht erhöht.

Diese Preispolitik sind die Kunden von Apple so gar nicht gewöhnt. Doch was viele Kunden erfreut, könnte auf Probleme im Smartphonemarkt hindeuten.

Preissenkungen im Detail

Die Preise für die neue Apple-Watch Series 9 sind für die Aluminium- sowie die Edelstahlvariante um 50 EUR auf 449 bzw. 799 EUR gesenkt worden.

Der Nachfolger der ersten Apple-Watch-Ultra ist sogar um 100 EUR günstiger geworden und startet nun bei einem Preis von 899 EUR.

Das neue iPhone in der Standardausführung ist auch um 50 EUR im Preis gesunken. Hier zahlen Kunden zum Verkaufsstart 949 bzw. 1.099 EUR für die größere Max-Variante.

Bei dem Premiumsmartphone iPhone Pro gestaltete sich die Preisreduktion etwas anders. Die normale Pro-Variante ist um ganze 100 EUR auf 1.199 EUR gesunken. Das größere iPhone 15 Pro Max ist preislich unverändert geblieben. Hier wurde jedoch der fest verbaute Speicher auf 258 GB verdoppelt. Vergleicht man den Preis von 1.449 EUR also mit dem Startpreis der 256 GB Variante des 14 Pro Max, dann ist der Preis um 130 EUR gesunken.

Schade nur, dass man gleich die teurere Variante kaufen muss. Aber wer sich das Luxus-Smartphone kaufen möchte, ist wahrscheinlich eh bereit tiefer in die Tasche zu greifen, auch wenn er den extra Speicher gar nicht benötigt.

Alles in allem liegen die Preissenkungen in einem Spektrum von 4,35 und 10 Prozent.

Wieso hat Apple entgegen der Inflation die Preise gesenkt?

Man könnte meinen Apple verliert an Marktanteilen und der Konzern versucht händeringend sie zu behalten. Schließlich haben die neueren chinesischen Wettbewerber die Platzhirsche Apple und Samsung stark unter Druck gesetzt.

Aber sind nicht alle Apple-User markentreue Fans, die eine ihrer Nieren opfern würden um weiterhin ein iPhone zu nutzen? (Ja das ist tatsächlich schonmal passiert) Im übertragenen Sinne sind es wahrscheinlich wirklich Viele, ich zähle mich ja schon selbst dazu. Die Markentreue für Appleprodukte ist bemerkenswert. Das einzigartige Apple-Ökosystem samt IOS ermöglicht dem Konzern eine starke Kundenbindung. Eine Umfrage aus 2021 zeigte, dass 91,9 Prozent aller iPhone-Besitzer wieder zu einem Smartphone aus dem Hause Apple greifen würden. Bei Android-Smartphones wechseln die Kunden aufgrund der gemeinsamen Platform viel öfter zwischen den Herstellern hin und her.

Die Folgende Statistik zeigt die Anteile des iPhoneverkaufs prozentual am gesamten Smartphoneabsatz nach Quartal. Apple hat die Marktanteile konstant zwischen 12 und 20 Prozent gehalten, die Schwankungen nach Quartal hängen von den verschiedenen Verkaufsstarts der Konkurrenz ab. In den letzten beiden Jahren ist sogar ein kleiner Aufwärtstrend zu sehen, Apple baut die Marktanteile also sogar aus. 75 Prozent aller 2022 weltweit verkauften Smartphones mit einem Preis von über 600 USD waren iPhones.

Quelle: Statista

Wenn Apple also nicht aufgrund schwindender Marktanteile auf höheren Margen verzichtet, stellt sich wieder die Frage: Wieso senkt Apple die Preise? Besagt nicht das BWL-Ein-mal-Eins die Marktanteile zu erhöhen und anschließend die Preisschraube anzuziehen?

iPhone-Verkäufe stagnieren seit 2015

Um das zu beantworten, schauen wir uns folgende Statistik an in der zu sehen ist, dass die iPhone-Verkäufe seit 2015 stagnieren. In den letzten beiden Jahren 2021 und 2022, der Corona-Hochphase, sind die Verkäufe nochmal im Vergleich zu den zwei vorherigen zwei Jahren deutlich angestiegen. Jedoch ist dieser Effekt auf die Pandemie selbst zurückzuführen.

Die Menschen hatten weniger Gelegenheiten ihr Geld für Dienstleistungen auszugeben. Anstatt es zu sparen, verkonsumiert die heutige Gesellschaft es aber lieber, wie gewohnt. Das Geld wurde vermehrt in Konsumgüter, wie zum Beispiel ein iPhone gesteckt.

Quelle: Statista

Dies hat für Apple im Geschäftsjahr 21/22 zum besten Geschäftsjahr der Geschichte geführt. Apple verzeichnete ein Gewinn pro Aktie von 5,7 EUR, ein Anstieg um 8,91 Prozent zum Vorjahr, der das KGV von 31,65 auf 21,26 minimierte und die Aktie somit so günstig wie seit 5 Jahren nicht mehr werden ließ.

Doch die Pandemie ist vorüber, es gibt keine Lockdowns mehr und um den Coronafrust zu kompensieren stecken die Menschen so viel Geld wie noch nie in Dienstleitungen. Die Pandemie hat uns gezeigt, was plötzlich auf uns zukommen kann. Nach dem Motto "Jetzt erst recht" scheinen die Menschen ihr Leben, so stark wie noch nie in vollen Zügen genießen zu wollen.

Zum Beispiel kann die, durch Corona stark unter die Räder geratene Reisebranche mehr als nur aufatmen - sie erlebt regelrecht einen Boom.

Reisebüros und Reiseveranstalter sind mit Vollgas ins neue Jahr gestartet. Seit Dezember 2022 liegen die Neubuchungseingänge für Pauschal- und Bausteinreisen fast kontinuierlich über denen von Vor-Corona

Im Januar 2023 verdoppelten sich die Buchungsumsätze gegenüber dem Pandemie-Januar des Vorjahrs. Im Vergleich zum Vor-Corona-Januar im Jahr 2019 lagen sie zwölf Prozent im Plus.

Smartphonebranche auf dem Rückzug

Ok, verstanden: Dienstleistungen sind zurzeit der neue Hit. Mit der neuen "live your life" Mentalität bleibt den Leuten eben weniger Geld für Konsumgüter übrig. Zu allem Übel frisst ihnen die Inflation auch noch ein Loch in die Geldbörse. Somit haben viele (ja auch eingefleischte Apple-Fans) nicht mehr das nötige Kleingeld, um sich das jährliche Upgrade auf das neuste iPhone-Modell leisten zu können.

Doch die Probleme betreffen nicht nur Apple. Die stagnierenden iPhone-Verkäufe in Kombination mit den gestiegenen Marktanteilen zeigen eindeutig, dass die Smartphonebranche rückläufig ist. Auf das Jahr 2022 sind die Smartphoneabsätze um 11,35 Prozent eingebrochen, auf das Jahr 2023 wird ein weiterer Rückgang um 4,6 Prozent erwartet.

Weitere Gründe für den Nachfragerückgang

Der nächste Punkt, der Viele davon abhalten könnte jährlich aufzurüsten ist die steigende Qualität und Langlebigkeit der Geräte. Viele wollen und brauchen auch nicht mehr den Wechsel auf ein neueres Gerät alle ein oder zwei Jahre. Vor allem, da bei der technischen Innovation eher Evolution statt Revolution angesagt, die Neuerungen zum Vorjahresmodell fallen immer geringer aus.

Zudem ist es auch viel ökologischer nicht andauernd neue Smartphones zu kaufen, sondern die älteren zu pflegen und lange zu besitzen.

Apple wird langsamer wachsen

Aber was nützt es Apple, wenn am Ende jeder ein altes iPhone besitzt, doch die Zahlen einbrechen, weil kein neues mehr verkauft wird?

Schließlich ist im letzten Weihnachtsquartal, Apples erstes Quartal im Fiskaljahr 22/23 der Umsatz um 5,48 Prozent zum Vorjahreszeitraum eingebrochen. Das Betriebsergebnis ist mit einem Rückgang von 13,19 Prozent überproportional zum Umsatz gesunken, ein Indikator für die gestiegenen Produktionskosten. Auch in den darauffolgenden zwei Quartalen konnte Apple die Umsätze aus der Pandemiezeit nicht erreichen. Experten prognostizieren für Apple im laufenden Geschäftsjahr sogar ein Gewinnrückgang von 0,93 Prozent.

Apple möchte also höchstwahrscheinlich mit den Preissenkungen erreichen, dass sie auf Wachstumskurs bleiben. Die Kunden sollen sich, trotz der Inflation, trotz der Langlebigkeit und trotz der ökologischen Nachteils jedes Jahr für das neue iPhone entscheiden.

Als Leser denkt man sich jetzt höchstwahrscheinlich: Momentmal, Apple setzt doch schon seit Jahren auf Instandhaltung und lässt sich die Reparatur bei zertifizierten Service-Providern teuer bezahlen. Das stimmt die Reparaturen sind teuer, aber...

Apple-Service ist ein Minus-Geschäft

Reperaturexperten beklagen, dass Apple allerlei technische Hürden eingeführt hat, um den Austausch mit nicht autorisierten Komponenten durch nicht lizensierte Reperaturdienstleister zu verhindern. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, sich durch die Abschottung gegenüber freien Werkstätten bereichern zu wollen.

Aber Apple gibt Im Zuge einer kartellrechtlichen Untersuchung an mit der Reparatur kein Geld zu verdienen.  Das Unternehmen erklärt der US-Justiz, dass die Kosten für geschultes Personal sowie Ersatzteile hoch seien und die Reparaturumsätze übersteigen, Apple zahlt "im Sinne der Kunden" drauf.

Fundementales Fazit

Die sinkende Nachfrage macht den Wachstumswunsch der Unterhaltungselektronik-Branche einen Strich durch die Rechnung, der Markt ist übersättigt und der Wettbewerb hoch. Das wird auch erstmal so bleiben. Experten schätzen den Absatz für Smartphones im Jahr 2027 auf 1,3 Mrd. Stück - ein Niveau, das bereits 2014 erreicht wurde. Nur durch gezielte strategische Entscheidungen, wie der Verzicht auf Margen durch eine angepasste Preispolitik lässt sich ein solcher Wettbewerb bestreiten.

Die positive Nachricht für Apple ist, dass sich das Unternehmen den Margenverzicht leisten kann. In den letzten 10 Jahren schwankte die EBIT-Marge, also der Anteil des Betriebsergebnisses am Umsatz zwischen 25 und 30 Prozent. Vergangenes Geschäftsjahr war sie mit 30,45 Prozent auf ihrem Höhepunkt.

Um das in Relation zu setzen schauen wir mal auf den direkten Konkurrenten Samsung, der einen weltweit 16 prozentigen Marktanteil für Premiumsmarphones mit Preisen über 600 USD aufweist. Zusammen nehmen Apple und Samsung in diesem Segment ganze 91 Prozent ein. Samsungs EBIT-Marge schwankte in den letzten 10 Jahren zwischen 12 und 25 Prozent, zuletzt lag sie gerade mal bei 14,37 Prozent.

Über die ganzen Chinamarken mit ihren Dumpingpreisen brauchen wir erst gar nicht von hohen Margen sprechen.

Fakt ist, dass Apple es sich am ehesten leisten kann auf Margen zu verzichten, um die Kauftreue der Kunden anzuregen. Ein Zusammenhang, der mit den ohnehin schon steigenden Marktanteilen eine gute Nachricht ist, auch wenn der Markt an sich rückläufig ist.

Doch ein Haar gibt es noch in der Apfelsuppe: Die Eigenkapitalquote (EKQ). Die EKQ gibt den Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital des Unternehmens an. Bei Samsung liegt dieser Wert bei soliden 80 Prozent. Bei Apple hingegen ist die EKQ über die letzten 10 Jahre stetig von 50 auf 14 Prozent gesunken. Klar nimmt Apple viele Schulden auf, um die Innovation voran zu treiben, aber gerade in der aktuellen Zeit, die von hohen Zinsen getrieben ist sorgen hohe Schulden für eine betriebliche Mehrbelastung.

Apples Aktienkurs

Der Aktienkurs des Technologieunternehmens befindet sich in einem langfristigen Aufwärtstrend und liegt aktuell bei 174,9 USD.  Der Kurs hat sich jedoch, getrieben vom Aufschwung der Tech-Branche durch den KI-Hype gefährlich weit von der 200-Tageslinie entfernt. Der Markt war stark überkauft. Dazu schürten weitere Konjunktursorgen vermehrt Druck auf die Aktie. Seit August befindet sich das Papier dadurch in einer Korrektur, der Kurs rutschte vom Allzeithoch bei 200 USD auf 170 USD ab.

Von Mitte August bis Anfang September erholte sich der Kurs wieder und erreichte nur knapp die 190 USD-Marke. Anschließend machte er einen erneuten Rutsch nach unten und bildete mit dem Zwischentief davor einen doppelten Boden bei 170 USD aus. Sollte diese Zone durchbrochen werden, dürfte sich die Aktie in eine größere Korrektur begeben.

Innerhalb einer solchen Korrektur kommt es zwar auch immer mal zu zwischenzeitlichen Erholungen, die Käufer werden es aber schwer haben den Widerstand bei 190 USD zu brechen. Sollte diese Marke jedoch durchbrochen werden, steigen die Chancen auf weitere Kursgewinne in Richtung Allzeithoch. Jedoch ist den Anlegegern durch das Chartbild sowie der Reaktion des Marktes auf das Apple-Event Vorsicht geboten, einen erneuten Rückfall auf die 170 USD halte ich für möglich.

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