Huthi-Miliz droht nach US-Luftangriffen mit Vergeltung

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- von Phil Stewart und Idrees Ali und Mohammed Ghobari

Washington/Aden (Reuters) - Nach den Angriffen der USA und Großbritanniens auf die Huthi-Miliz im Jemen droht eine Eskalation in der Nahost-Region über den Gaza-Krieg hinaus.

Als Reaktion auf anhaltende Angriffe der Huthis auf Handelsschiffe im Roten Meer attackierten die Streitkräfte der USA und Großbritanniens in der Nacht auf Freitag Stellungen der mit dem Iran verbündeten Miliz. Deutschland und andere westliche Länder unterstützten das Vorgehen. Das Recht auf Selbstverteidigung sei gegeben, weil die Huthi-Rebellen die Angriffe auf Schiffe fortgesetzt hätten, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die auch von Dänemark, den Niederlanden, Kanada, Neuseeland, Südkorea, Australien und Bahrain unterzeichnet wurde. US-Präsident Joe Biden drohte mit weiteren Maßnahmen, sollten die Huthi-Angriffe auf den für den Welthandel wichtigen Seeweg nicht aufhören. Die Huthis kündigten Vergeltung und eine Fortsetzung ihrer Angriffe auf Frachter zur Unterstützung der radikal-islamischen Hamas im Gaza-Krieg gegen Israel an. Russland kritisierte die Angriffe auf die Huthi-Miliz scharf und beantragte eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats.

Die Spannungen schürten am Ölmarkt die Furcht vor Versorgungsengpässen. Der Ölpreis zog deswegen an. Schifffahrtsdaten zufolge wurden mindestens vier Öltanker aus dem Roten Meer umgeleitet. Das Nordseeöl Brent und das US-Öl WTI verteuerten sich in der Spitze um jeweils mehr als drei Prozent auf 79,92 Dollar beziehungsweise 74,48 Dollar je Fass.

Von Kampfflugzeugen, Kriegsschiffen und U-Booten aus, beschossen die Streitkräfte der USA und Großbritanniens Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen. Augenzeugen berichteten landesweit von Explosionen. Demnach wurde ein Militärstützpunkt in der Nähe des Flughafens der Hauptstadt Sanaa, ein Militärstützpunkt in der Nähe des Flughafens von Tais, ein Marinestützpunkt in Hodeidah und Militärstützpunkte in der Region Hadschdschah getroffen. Die US-Luftwaffe teilte mit, 60 Ziele an 16 verschiedenen Orten seien mit mehr als 100 präzisionsgelenkten Geschossen getroffen worden. Diese gezielten Angriffe seien eine klare Botschaft, dass die USA und ihre Partner es nicht zuließen, dass die Freiheit der Schifffahrt gefährdet werde, sagte Biden. Das britische Verteidigungsministerium erklärte, ersten Anzeichen zufolge sei es gelungen, die militärischen Möglichkeiten der Huthis, die Handelsschifffahrt zu bedrohen, zu schwächen.

HUTHIS DROHEN MIT VERGELTUNG

Die Huthi-Miliz erklärte, fünf ihrer Kämpfer seien bei insgesamt 73 Luftangriffen getötet, sechs weitere verletzt worden. Die Angriffe würden nicht ohne "Bestrafung oder Vergeltung" bleiben, und die Gruppe werde weiterhin Schiffe mit Kurs auf Israel angreifen, sagte ein Sprecher.

Der Iran, die libanesische Hisbollah-Miliz sowie die Hamas, die mit den Huthi-Rebellen und anderen Gruppen in der Region die sogenannte Achse des Widerstandes bilden, verurteilten die Angriffe der USA und Großbritanniens scharf. Dies sei eine klare Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität des Jemen sowie ein Verstoß gegen internationale Gesetze, Vorschriften und Rechte, sagte ein Sprecher des iranischen Außenministeriums. Die USA und Großbritannien trügen die Verantwortung für die Auswirkungen ihres Angriffs auf die Sicherheit in der Region, teilte die Hamas mit. Die amerikanische Aggression bestätige, dass die USA ein Partner bei den Massakern seien, "die der zionistische Feind im Gazastreifen und in der Region verübt", erklärte die Hisbollah. Auch sie hat sich solidarisch mit der Hamas erklärt. Massiv eingegriffen in den Gaza-Krieg hat die Hisbollah allerdings bislang nicht.

SAUDI-ARABIEN MAHNT ZURÜCKHALTUNg AN

Die Regionalmacht Saudi-Arabien rief zur Zurückhaltung und zur "Vermeidung einer Eskalation" auf. Das Königreich unterstützt im Bürgerkrieg im Jemen, der sich in einer heiklen Phase von Friedensverhandlungen befindet, die Gegner der Huthis. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die Luftangriffe von Großbritannien und den USA auf Huthi-Stellungen als unverhältnismäßig. Die beiden Länder versuchten, das Rote Meer in ein "Meer aus Blut" zu verwandeln, sagte Erdogan.

Die Huthis haben in den vergangenen zehn Jahren den größten Teil des Jemen unter ihre Kontrolle gebracht hat. Seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober greifen sie immer wieder Schiffe in der Region des Roten Meeres an - eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt. Die USA haben deswegen unlängst eine Allianz mit dem Namen "Prosperity Guardian" (auf Deutsch etwa "Wohlstandsschutz") zum Schutz der Handelsschifffahrt auf einem der wichtigsten Seewege der Welt gebildet. Allerdings verschärfte sich die Lage zuletzt massiv. In der Silvesternacht griffen US-Hubschrauber erstmals direkt Huthi-Einheiten an, versenkten drei Boote und töteten Kämpfer, die versuchten, an Bord eines Schiffes zu gelangen. Am Dienstag schossen dann Streitkräfte der USA und Großbritanniens 21 Raketen und Drohnen ab. Es soll der bis dahin größte Angriff der Huthis gewesen sein, der direkt auf ihre Kriegsschiffe gerichtet gewesen sei.

Das Rote Meer ist über den Golf von Aden an der Küste des Jemens mit dem Arabischen Meer verbunden, einem Randmeer des Indischen Ozeans. Hier verlaufen einige der weltweit wichtigsten Schifffahrtswege nach Afrika und Asien und über den Suezkanal am westlichen Ende des Roten Meeres bis ins Mittelmeer. Wegen der wiederholten Angriffe der Huthis meiden viele Reedereien wie Hapag-Lloyd und der dänische Rivale Maersk das Rote Meer und den Suezkanal, durch den etwa 15 Prozent des Welthandels gehen. Stattdessen nehmen die Frachter die weitaus längere und erheblich teurere Route um das Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas.

(Mitarbeit von Andrew Mills, Maher Hatem, Jeff Mason, Kanishka Singh, Eric Beech und Andreas Rinke, geschrieben von Christian Götz, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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