Hamas-Anführer Hanijeh in Katar beigesetzt

Dubai/Washington (Reuters) - Zwei Tage nach seiner Tötung in Teheran ist der politische Anführer der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas, Ismail Hanijeh, in Katar beigesetzt worden.
An der Trauerfeier in einer großen Moschee nördlich der Hauptstadt Doha am Freitag nahm auch Chaled Meschaal teil, der als Hanijehs Nachfolger gehandelt wird. Weitere ranghohe Hamas-Funktionäre und Katars Emir, Scheich Tamim bin Hamad al-Thani, waren zugegen. Für die gezielte Tötung Hanijehs machen die Hamas und der Iran Israel verantwortlich. Israel hat sich dazu bislang nicht bekannt, wohl aber am Donnerstag die Tötung des militärischen Hamas-Führers Mohammed Deif Mitte Juli bei einem Angriff im Gazastreifen bestätigt. Der Iran und seine Verbündeten, die Hamas, die libanesische Hisbollah-Miliz und die Huthi-Rebellen im Jemen, drohten mit Vergeltung. US-Präsident Joe Biden äußerte sich kritisch über die Tötung Hanijehs. Sie sei nicht hilfreich für die Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg.
Hanijeh war am Mittwoch in der iranischen Hauptstadt Teheran getötet worden, wo er sich anlässlich der Vereidigung des neuen Präsidenten Massud Peseschkian aufgehalten hatte. Viele befürchten nun eine Eskalation des Nahost-Konfliktes und eine direkte Konfrontation zwischen den Erzfeinden Iran und Israel. Die USA hatten umgehend erklärt, sie seien nicht involviert gewesen.
Hanijeh findet seine letzte Ruhe auf einem Friedhof in der Stadt Lusail nördlich von Doha. Sein Sarg war in eine palästinensische Flagge gehüllt. Er wurde zusammen mit dem Sarg seines Leibwächters, der mit ihm in Teheran getötet wurde, an Hunderten Menschen vorbei durch die Moschee getragen.
Der hochrangige Hamas-Funktionär Sami Abu Suhri, der an der Beisetzung teilnahm, sagte Reuters telefonisch: "Unsere Botschaft an die Besatzung ist heute, dass sie tief im Schlamm versinken wird und ihr Ende näher rückt als je zuvor." Als Besatzer oder zionistisches Regime bezeichnet die Hamas Israel, dem es wie auch der Iran sein Existenzrecht als Staat abspricht.
Hanijeh sei von einer Rakete getötet worden, die seine Unterkunft in einem staatlichen Gästehaus in Teheran getroffen habe, sagte der ranghohe Hamas-Funktionär Chalil al-Hajja auf einer Pressekonferenz. Er berief sich dabei auf Zeugen.
Bereits am Donnerstag hatte es in Teheran eine Trauerfeier für Hanijeh gegeben, bei der der oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, das Totengebet sprach. An der Zeremonie nahm Hanijehs Witwe Amal teil. "Grüße alle Märtyrer von Gaza", sagte sie am Sarg ihres Mannes. "Grüße alle Führer, alle Märtyrer von Gaza, alle Muslime."
Hanijeh hatte sich seit langem in Katar aufgehalten, nicht im abgeriegelten Gazastreifen, und war häufig in die Türkei gereist, die Hamas-Angehörigen Unterschlupf gewährt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Freitag zum Tag der Staatstrauer für Hanijeh erklärt. An der türkischen Botschaft in Tel Aviv wurde die Flagge als Zeichen der Trauer auf Halbmast gesetzt. "Der Staat Israel wird keine Trauerbekundungen für einen Mörder wie Ismail Hanijeh dulden", erklärte der israelische Außenminister Israel Katz dazu. Er bestellte den türkischen Botschafter für eine Rüge ein.
Die Türkei stuft die Hamas anders als zum Beispiel die USA, die EU und Deutschland nicht als Terrororganisation ein. Vielmehr hat Erdogan sie mehrfach als Befreiungsorganisation bezeichnet. Die Spannungen zwischen Israel und der Türkei haben seit Beginn des Krieges im Gazastreifen Anfang Oktober 2023, bei dem über 39.000 Palästinenser getötet wurden, stark zugenommen. Die Bemühungen um eine beständige Waffenruhe haben bislang keinen Erfolg gebracht.
BIDEN: TÖTUNG HANIJEHS NICHT HILFREICH FÜR WAFFENRUHE
"Es hilft nicht", sagte US-Präsident Biden auf die Frage, ob die Tötung Hanijehs die Chancen auf eine Waffenruhe zerstört habe. Er habe zuvor ein direktes Gespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu geführt, fügte Biden auf dem Militärstützpunkt Andrews im US-Bundesstaat Maryland hinzu.
Die USA bemühen sich seit langem zusammen mit Katar und Ägypten um eine Waffenruhe im Gazastreifen und um die Freilassung der von der Hamas verschleppten Geiseln. Die Hamas hatte am 7. Oktober 2023 überraschend den Süden Israels überfallen und nach israelischen Angaben 1200 Menschen getötet sowie mehr als 250 Menschen in den Gazastreifen verschleppt.
(Bericht von: Michael Gerogy, Andrea Shalal, Kanishka Singh und James Mackenzie, geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)