Konjunkturflaute belastet Jobmarkt: "Herbstbelebung fällt weitgehend aus"

Reuters · Uhr
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Nürnberg/Berlin (Reuters) - Die lahmende Konjunktur in Deutschland hinterlässt auf dem deutschen Arbeitsmarkt deutliche Bremsspuren.

Die Zahl der Arbeitslosen sei im Oktober lediglich um 16.000 auf 2,791 Millionen gesunken, teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch in Nürnberg mit. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung hätten damit zwar abgenommen. Wie schon im Vormonat seien die Rückgänge aber "sehr gering", sagte BA-Chefin Andrea Nahles und fügte an: "Die Herbstbelebung am Arbeitsmarkt fällt in diesem Jahr weitgehend aus." Die Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 6,0 Prozent.

"Das Wirtschaftsklima drückt auf den Arbeitsmarkt", sagte die Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Leonie Gebers, mit Blick auf die schwachen Herbsbelebung. Unter Herausrechnung jahreszeitlicher Schwankungen stieg die Erwerbslosenzahl laut BA von September auf Oktober um 27.000. Damit fiel die Zahl überraschend hoch aus, denn von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten hatten lediglich mit 15.000 gerechnet.

Auf dem falschen Fuß erwischt wurden sie auch bei den jüngsten Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP): Denn die deutsche Wirtschaft ist im dritten Quartal wider Erwarten leicht gewachsen und nicht weiter geschrumpft. Das BIP legte von Juli bis September um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu. Im zweiten Quartal war die Wirtschaft dagegen mit minus 0,3 (bisher: minus 0,1) Prozent stärker geschrumpft als zunächst angenommen. Zwei Minus-Quartale in Folge hätten eine technische Rezession bedeutet.

"Unter der Last vieler Strukturschwächen sendet die Wirtschaft ein Lebenszeichen", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) rechnet nach einer am Dienstag vorgelegten Umfrage unter 25.000 Unternehmen allerdings damit, dass die Wirtschaft 2024 das zweite Jahr in Folge schrumpfen und im Wahljahr 2025 nur stagnieren wird.

"UNGENUTZTES POTENTIAL" AM AUSBILDUNGSMARKT

Die maue Konjunktur macht sich auch am Ausbildungsmarkt bemerkbar. Von Oktober 2023 bis September 2024 wurden den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern insgesamt 519.000 Berufsausbildungsstellen gemeldet. Das waren 26.000 weniger als im Vorjahreszeitraum. Dieses Minus geht laut BA auf weniger betriebliche Ausbildungsstellen zurück, die mit 502.000 den überwiegenden Teil der Berufsausbildungsstellen ausmachen.

Im gleichen Zeitraum nahmen 432.000 Bewerber die Ausbildungsvermittlung in Anspruch. Das waren 9000 mehr als im vorherigen Berufsberatungsjahr. "Wie in den letzten Jahren waren auch im Beratungsjahr 2023/24 mehr Ausbildungsstellen gemeldet als Bewerberinnen und Bewerber", so das Fazit von Nahles. Die Lücke zwischen beiden Marktseiten sei kleiner geworden. Denn die Bewerberzahl sei gestiegen, während gleichzeitig die Stellenzahl zurückging. "Die Herausforderungen, junge Menschen und Ausbildungsstellen zusammenzubringen, haben aus unserer Sicht zugenommen. Es gibt noch viel ungenutztes Potential", erklärte die BA-Chefin.

Am Ende des Beratungsjahres waren am 30. September noch 69.000 unbesetzte Ausbildungsstellen zu vermitteln. Gegenüber dem Vorjahr waren das 4.000 weniger. Gleichzeitig waren 31.000 Bewerber noch unversorgt, 5000 mehr als im letzten Jahr am 30. September. Damit blieben sieben Prozent der gemeldeten Bewerber ohne Ausbildungsstelle oder alternatives Angebot.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte zur Lage am Ausbildungsmarkt: "Im vergangenen Jahr blieben 35 Prozent aller Ausbildungsplätze unbesetzt – so viele wie noch nie. Es ist nicht akzeptabel, dass so viele junge Menschen keine Ausbildung machen." Es sei ein vernetztes System nötig: "Die Schülerdaten der unversorgten Schulabgänger müssen geteilt werden, damit die Berufseinstiegsberatung ohne Umwege erfolgen kann. Es kann nicht sein, dass Chancen ungenutzt bleiben, weil wir in Bürokratie verharren."

(Bericht von Reuters TV, Reinhard Becker, Mitarbeit Christian Krämer und Rene Wagner,; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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