Deutsche Wirtschaft blickt mit "großer Sorge" auf Krise in Frankreich

Berlin (Reuters) - Die Haushalts- und Regierungskrise beim wichtigen Handelspartner Frankreich besorgt auch die deutsche Wirtschaft.
"Ein handlungsunfähiges Frankreich, das auch noch an den Finanzmärkten unter Druck gerät, kann die Europäische Union in dieser entscheidenden Phase für die europäische Industrie nicht gebrauchen", sagte der Leiter des Brüsseler Büros des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Holger Kunze, am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Derzeit würden die Weichen für eine neue EU-Politik mit Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit gestellt, während gleichzeitig die geopolitischen Spannungen zunähmen. Deshalb sehe der Verband die Regierungskrise in Frankreich "mit großer Sorge".
Ähnlich schätzt das die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) ein. "Die hohe Schuldenlast im Nachbarland und Reformen, die die unternehmerische Aktivität belasten würden, könnten das Investitionsklima beeinträchtigen", sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. "Gerade auch für ausländische Investoren könnte es ungemütlicher werden."
Zu denen gehören traditionell die deutschen Unternehmen. Mit einem bilateralen Handelsvolumen von mehr als 190 Milliarden Euro und Investitionen in Höhe von 80 Milliarden Euro durch mehr als 2600 deutsche Firmen zähle Frankreich zu den wichtigsten Märkten für die deutsche Wirtschaft, so die DIHK. "Ein starker deutsch-französischer Motor wäre für die Unternehmen auf beiden Seiten der Grenze und in Europa ein wichtiger wirtschaftlicher Impuls beim aktuellen konjunkturellen Gegenwind", sagte Treier.
Neue Zahlen belegten bereits einen schwächelnden bilateralen Handel zwischen Deutschland und Frankreich. Dem Statistischen Bundesamt zufolge sind die deutschen Exporte ins Nachbarland in den ersten drei Quartalen 2024 um 1,6 Prozent auf 88,6 Milliarden Euro gefallen, während die Importe sogar um 4,0 Prozent auf 50,5 Milliarden Euro nachgaben.
Ministerpräsident Michel Barnier droht im Haushaltsstreit der Sturz durch ein Misstrauensvotum im Parlament. Die rechtsnationale Partei Rassemblement National (RN) um ihre Spitzenpolitikerin Marine Le Pen werde in den kommenden Tagen einen Misstrauensantrag gegen die Regierung wahrscheinlich unterstützen, sagte deren Vorsitzender Jordan Bardella dem Radiosender RTL - es sei denn, es geschehe "in letzter Minute ein Wunder". Allerdings ging die Regierung zuletzt weiter auf den RN zu und ließ nach eigenen Angaben Pläne für Kürzungen bei der Erstattung von Medikamentenkosten im kommenden Jahr fallen.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)