EZB tagt in Frankfurt - Vierte Zinssenkung in diesem Jahr erwartet

Reuters · Uhr

Frankfurt (Reuters) - Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) beraten am Vormittag in Frankfurt auf ihrer letzten Sitzung in diesem Jahr über die Zinsen.

Volkswirte gehen mit großer Mehrheit davon aus, dass die EZB die Schlüsselsätze um 0,25 Prozentpunkte senken wird. Es wäre der vierte Schritt nach unten in diesem Jahr. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder horten, und der inzwischen als Leitzins für die Euro-Zone gilt, würde dadurch von 3,25 auf 3,00 Prozent sinken. Erwartet wird zudem, dass die Währungshüter angesichts der trüben Konjunktur im Euroraum und einer Inflation auf dem Weg zur Zielmarke von 2,0 Prozent weitere Schritte nach unten im kommenden Jahr signalisieren werden.

Den Euro-Wächtern um EZB-Chefin Christine Lagarde liegen bei ihren Beratungen neue Wirtschaftsprognosen der Notenbank-Volkswirte vor. Experten gehen davon aus, dass diese Projektionen zeigen werden, dass die Inflation auch angesichts der schwachen Konjunktur 2025 relativ zügig zum Notenbank-Ziel von 2,0 Prozent zurückkehren wird. Zudem könnten die Wachstumsprognosen für die Euro-Zone etwas nach unten korrigiert werden.

Die EZB will ihren Zinsbeschluss am Nachmittag um 14.15 Uhr veröffentlichen. Im Anschluss daran steht Lagarde ab 14.45 Uhr den Journalisten Rede und Antwort. Dabei dürfte die zentrale Frage sein, wie die EZB die Konjunkturaussichten einschätzt und wie es geldpolitisch im kommenden Jahr weitergehen soll. Die nächste EZB-Zinssitzung steht am 30. Januar an.

Denn neben den zuletzt eher schwachen Konjunkturdaten haben auch die politischen Unsicherheiten angesichts der Regierungskrisen in Deutschland und Frankreich zugenommen. Dazu drohen in der zweiten Amtszeit des designierten US-Präsidenten Donald Trump neue Zölle. Handelskonflikte wären die Folge, was die Wirtschaft in der Euro-Zone zusätzlich belasten dürfte. Am Finanzmarkt wird angesichts dieser Gemengelage erwartet, dass die EZB im kommenden Jahr bis Juni auf jeder ihrer Zinssitzungen die Schlüsselsätze weiter nach unten setzen wird. Aktuell wird davon ausgegangen, dass der Einlagensatz zum Jahresende 2025 bei 1,75 Prozent liegen wird.

THEMA FRANKREICH

Aber es gibt auch weitere Themen, zu denen Lagarde sich äußern könnte. "Im Rahmen der Pressekonferenz dürften die politischen Turbulenzen in Frankreich zur Sprache kommen", meint DZ-Bank-Analystin Birgit Henseler. Die Regierung von Ministerpräsident Michel Barnier ist durch ein Misstrauensvotum vom linken und rechten Lager im Parlament gestürzt worden. Manche Investoren befürchten, dass die EZB angesichts der hohen Staatsschulden und der Regierungskrise genötigt sein könnte, Frankreich mit Staatsanleihenkäufen unter die Arme zu greifen.

Die EZB besitzt mit ihrem sogenannten "Transmission Protection Instrument" (TPI) ein geldpolitisches Werkzeug, das es ihr erlaubt, unbegrenzt Staatsanleihen eines Euro-Landes zu kaufen. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass das Land unter einer ungerechtfertigten Verschärfung seiner Finanzierungsbedingungen leidet und der Anstieg der Staatsanleihe-Renditen ungeordnet erfolgt. Bisher ist TPI noch nicht eingesetzt worden.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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