Warum außergewöhnliche Jahresrenditen kein Grund zur Sorge sind
Der US-Aktienmarkt hat ein brillantes Jahr hinter sich. Wer nun glaubt, so könne es nicht weitergehen, sollte sich die Statistiken ansehen.

Gut 25 Prozent hat der S&P 500 2024 zugelegt – eine fantastische Rendite. Gleichzeitig drängt sich dadurch der Verdacht auf: So gut kann es unmöglich weitergehen.
Wer so denkt, macht einen ähnlichen Fehler wie Spieler im Casino. Die fallen oft der sogenannten „Gambler’s Fallacy“ zum Opfer. Fällt beim Roulette die Kugel wiederholt auf Rot, glauben Spieler, dass die Kugel mit immer höherer Wahrscheinlichkeit bald auf einem schwarzen Feld liegen bleiben muss.
Auch beim Münzwurf scheint es so gut wie unmöglich, dass nach sechs oder sieben Mal Kopf nicht endlich auch einmal die Zahl nach oben zeigt. Tatsächlich haben aber alle denkbaren Kombinationen genau dieselbe Wahrscheinlichkeit. Sicher, über eine enorme Zahl an Würfen wird sich das logische Verhältnis von 50:50 herauskristallisieren. Nach nur wenigen Würfen nicht unbedingt.
Dem S&P 500 gelingt öfter eine Traumperformance, als man denken mag
Natürlich verhalten sich Aktienmärkte nicht so zufällig wie Roulette oder Münzwürfe, bei weitem nicht. Trotzdem könnten Anleger glauben, dass eine Serie hervorragender Jahre eine Anomalie sein muss, und dementsprechend auf enorm rentable Jahre – tendenziell – schwächere Jahre folgen müssen.

Die Statistik zeigt ein etwas anderes Bild. Natürlich „klumpen“ sich die Jahre mit Renditen nahe dem historischen Durchschnitt mehr als andere Jahre. Ebenso aber sind herausragende Jahre gar keine Seltenheit.
In den 96 Jahren seit 1928 verbuchte der S&P 500 in 21 Jahren eine Performance jenseits der 25 Prozent. Werden nur 20 Prozent als Benchmark angesetzt, sind es sogar 28 Fälle. Anders ausgedrückt: In fast jedem dritten Jahr geht es um gut ein Fünftel nach oben. In noch knapp 22 Prozent der Zeit geht es sogar um mehr als 25 Prozent nach oben.
Statistische „Ausreißer“ sind solche Jahre demnach nicht. Werden dann noch Dividenden miteinbezogen, sieht es sogar noch besser aus, wie US-Aktienmarktstratege Charlie Bilello in seinem Blog anmerkt. So berechnet hat der S&P 500 im vergangenen Jahr sogar 29 Prozent zugelegt. Inklusive Dividenden steigt der Anteil der Jahre, in denen die Performance 25 Prozent überschreitet, insgesamt auf 27 Prozent.
In der Mehrzahl der Fälle folgen rentable Jahre aufeinander
Doch die Statistik zeigt noch mehr – beispielsweise, dass auf gute Börsenjahre überwiegend ebenso gute Jahre folgen. Da der Markt natürlich auch die meiste Zeit zulegt, ist das nur logisch. Nichtsdestotrotz verdeutlichen die Zahlen, dass ein brillantes Jahr wie 2024 nicht automatisch heißt, dass auf einen Höhenflug eine Talfahrt folgt – zumindest nicht zeitnah.
Tatsächlich entwickelter sich der S&P 500 in 13 von 21 Fällen mit einem Kursplus von mehr als 25 Prozent auch im Folgejahr positiv. Nur in den übrigen acht Fällen ging es nach großen Kursgewinnen nach unten. Im Mittel gewann der S&P 500 nach Jahren mit 25 Prozent Plus übrigens nochmal 4,64 Prozent im Folgejahr hinzu. Allerdings ist die Streuung der Folgejahre hoch.
Insbesondere in der jüngeren Vergangenheit hielten Gewinnsträhnen zudem länger an. In jedem der vier Jahre nach 1995 (plus 34,1 Prozent) verbuchte der US-Index ein zweistelliges Kursplus. Auch 2003, nach dem Platzen der Dotcom-Blase ging es für fünf Jahre ohne Unterbrechung nach oben.
Bloß nicht voreilig Gewinne mitnehmen
Welche Lektion lässt sich aus diesen Zahlen nun ziehen? Die wohl wichtigste: Die auf den ersten Blick so außergewöhnlich starke Performance des Indizes im vergangenen Jahr heißt nicht, dass nun zwangsläufig ein Jahr der Schwäche folgen muss. Diesen Fehlschluss sollten Anleger vermeiden.
Stattdessen bietet sich eher an, zum neuen Jahr nüchtern zu hinterfragen, ob Gewinnmitnahmen wirklich sinnvoll wären oder ob die Lage an den Märkten weiterhin zum persönlichen Rendite-Risiko-Profil passen.
Wenn das der Fall ist, spricht nichts dagegen, weiter investiert zu bleiben, statt nun zu versuchen, „am Gipfel“ auszusteigen. Damit folgen Anleger auch einer Börsenweisheit, die sich beim Blick auf die historischen Daten Mal ums Mal bestätigt: „Time in the markets beats timing the market.“