Merz will auch rückwirkend nur noch 1:1-Umsetzung von EU-Richtlinien

Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Friedrich Merz will bei allen auf EU-Richtlinien basierenden deutschen Gesetze überprüfen, ob sie nur die vorgeschriebenen EU-Regeln oder darüber hinaus zusätzliche Auflagen enthalten.
"Dieses sogenannte gold-plating ... muss jetzt aufhören", sagte er am Freitag beim Familienunternehmertag in Berlin. EU-Richtlinien dürften nur noch 1:1 umgesetzt werden, ohne zusätzliche deutsche Auflagen. "Ich bin fest entschlossen, auch in der Wirtschaftspolitik einen Kurswechsel herbeizuführen", sagte der CDU-Vorsitzende.
Es sei gut, dass die EU-Kommission bei etlichen Regulierungsvorhaben eine Vertagung beschlossen habe. "Aber Vertagung ist nicht die Antwort, sondern Aufhebung ist die richtige Antwort", sagte Merz. Der Kanzler hatte bereits mehrfach eine Debatte in der schwarz-roten Koalition angeheizt, ob neben dem deutschen Lieferkettengesetz auch die EU-Lieferkettenrichtlinie fallen soll, die Unternehmen vorschreibt, die Einhaltung etwa von Menschenrechten auch von Lieferanten weltweit zu garantieren. Die Firmen beklagen einen hohen Bürokratieaufwand. Im Koalitionsvertrag ist nur die Abschaffung der nationalen Regelung sowie eine Reform der EU-Richtlinie enthalten.
Merz sagte, dass die neue Regierung das zentrale Problem angehen werde, dass die deutsche Wirtschaft etwa wegen hoher Stromkosten teilweise preislich nicht konkurrieren könne. Deshalb müsse man auch neue Wege in der Wirtschafts- und Sozialpolitik gehen. Er selbst hätte auch gerne eine Senkung bei der Einkommenssteuer erreicht. "Spätestens" zum Ende der Legislaturperiode müsse der Solidarbeitrag aber abgeschafft werden. Man wolle es Familienunternehmen erleichtern, von der Einkommens- in die Körperschaftssteuer zu wechseln.
Zudem mahnte Merz eine Vollendung der EU-Kapitalmarktunion an. "Wir sind mit 450 Millionen Konsumenten in Europa größer als die Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada zusammen. Was die können, können wir auch", sagte Merz.
Die Regierung wolle zudem eine neue Mentalität. Er wolle ein Land, "das nicht vom Misstrauen des Staates gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern, gegenüber den Unternehmerinnen und Unternehmen geprägt ist". Stattdessen solle es "grundsätzlich Vertrauen in die Menschen, Vertrauen in die Unternehmer" geben.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)