Israel gibt grünes Licht für Siedlungsprojekt - "Ende der Zweistaaten-Pläne"

Berlin/Jerusalem (Reuters) - Israels Regierung hat am Mittwoch die endgültige Zusage für den Bau eines umstrittenen jüdischen Siedlungsprojekts im besetzten palästinensischen Westjordanland gegeben.
Mit dem Projekt E1 liefere die Regierung, was seit Jahren versprochen worden sei, teilte der rechtsgerichtete israelische Finanzminister Bezalel Smotrich in einem Statement mit. "Ein palästinensischer Staat ist damit unmöglich geworden, nicht mit Slogans, sondern durch Handeln", schrieb er. Die Bundesregierung verurteilte den Schritt als faktische Teilung des Westjordanlandes. Sanktionen gegen Israel wegen des erneuten Verstoßes gegen Völkerrecht lehnt sie aber weiter ab. Das palästinensische Außenministerium verurteilte den Schritt und wies darauf hin, dass das E1-Projekt die Verbindung zwischen den palästinensischen Wohngebieten in der Region zerschneide.
Das seit 2012 auf Eis gelegte Vorhaben ist als E1-Plan bekannt. Israel hatte die Baupläne wegen des Widerstands der USA, europäischer Verbündeter und anderer Länder eingefroren. Nun sollen aber 3400 Wohneinheiten gebaut werden. Auch in Israel selbst gibt es Kritik an der Entscheidung. Die Organisation Peace Now, die die Bautätigkeit in den besetzten Gebieten registriert, rechnet mit einem Baubeginn schon in wenigen Monaten.
Israel hält das Westjordanland seit 1967 besetzt und hat dort über die Jahrzehnte den Bau jüdischer Siedlungen immer weiter vorangetrieben - oft an strategisch wichtigen Punkten, um Verbindungen zwischen palästinensischen Siedlungen zu zerschneiden. Die meisten Staaten halten Israels Vorgehen für völkerrechtswidrig. Israel verweist dagegen auf historische und biblische Verbindungen zu dem Gebiet, das es selbst Judäa und Samaria nennt. Mittlerweile leben bereits etwa 700.000 Siedler unter 2,7 Millionen Palästinensern im Westjordanland und in Ost-Jerusalem. Zuletzt hatte die Gewalt jüdischer Siedler gegen die Palästinenser deutlich zugenommen. Erstmals hatte Deutschland in diesem Zusammenhang EU-Sanktionen gegen einzelne jüdische Siedler zugestimmt - nicht aber gegen Israel.
Am Mittwoch verurteilte die Bundesregierung die Entscheidung scharf. "De facto hätte das Ganze die Auswirkung, dass das Westjordanland in zwei Teile geteilt wird", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Die Planungen für die Siedlung würden die Mobilität vor allem auch der palästinensischen Bevölkerung im Westjordanland und in Ostjerusalem einschränken. Es würde extrem schwierig für die Palästinenser, sich in dem Gebiet noch zu bewegen.
Man sehe "eine klare Abkehr" von einer verhandelten Zweistaatenlösung, die für Deutschland am Ende das Ziel bleibe, sagte auch ein Regierungssprecher. Man appelliere an die israelische Regierung, den Siedlungsbau einzustellen. Man werde nur solche territorialen Änderungen anerkennen, die von den Konfliktparteien vereinbart seien, und zwar auf den Grenzen vom 4. Juni 1967. Auch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat allerdings bereits mehrfach angekündigt, dass er eine Zweistaatenlösung verhindern wolle.
Sanktionen gegen Israel lehnte die Bundesregierung am Mittwoch erneut mit dem Hinweis ab, dass man es "als Wert empfinden, dass wir gute Beziehungen zum Staat Israel pflegen". Dies gebe Deutschland die Möglichkeit, "immer wieder auf diplomatischen Wegen Einfluss zu nehmen und diese Möglichkeiten wollen und werden wir weiter nutzen".
Die Entscheidung dürfte auch die internationale Debatte um die Anerkennung eines eigenen Palästinenserstaates weiter anheizen. Zuletzt hatten auch enge Verbündete wie Frankreich oder Kanada eine Anerkennung angekündigt. Die Bundesregierung lehnt dies weiter ab.
(Bericht von Andreas Rinke, Lili Bayer and Maayan Lubell; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)