Brexit: Heute wird wieder abgestimmt – aber was soll das am Ende bringen?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Das britische Parlament stimmt an diesem Mittwoch über die weiteren Schritte beim EU-Austritt ab. Allerdings ist noch ungewiss, wie die genau aussehen könnten. Fest steht nur: Eine Rebellion in Teilen ihrer Fraktion und des Kabinetts konnte Theresa May voraussichtlich abwenden, indem sie am Dienstag versprach, die Abgeordneten über eine Verschiebung des Brexits abstimmen zu lassen. Die Abstimmung ist aber aktuell noch mit Fragezeichen versehen. Die Verschiebung greift nur, wenn die britische Premierministerin bis zum 12. März mit ihrem Austrittsabkommen erneut scheitert. Dann will May die Abgeordneten vor die Wahl zwischen einem Ausscheiden ohne Abkommen oder einer „kurzen Verlängerung“ stellen. Also noch eine Abstimmung!

Theresa May hat die Brexit-Zügel noch in der Hand

Die Abgeordneten hatten gedroht, der britischen Premierministerin die Kontrolle über das Brexit-Verfahren zu entreißen, um ein Ausscheiden ohne Abkommen am 29. März zu verhindern. Dutzende Abgeordnete und einige Kabinettsmitglieder hatten angekündigt, für einen entsprechenden Antrag und damit gegen die Regierung zu stimmen. Diese Gefahr ist vorerst wohl abgewendet. Die Medien hatten aber auch darüber spekuliert, dass die „Rebellen“ eine Abstimmung fordern, die einen ungeregelten Brexit komplett ausschließt. Ob das Thema mit dem Einlenken von May vom Tisch ist, wird sich heute zeigen.

Wird es Anträge hageln?

Eine überparteiliche Gruppe von Abgeordneten kündigte jedoch an, May bei der Abstimmung am Mittwoch auf ihre Versprechen festzunageln. Eine andere Gruppe will einem Medienbericht zufolge über die Forderung nach einem zweiten Brexit-Referendum abstimmen lassen. Spannend wird vor allem, wie sich Oppositionschef Jeremy Corbyn zu einer zweiten Volksabstimmung positioniert. Er hatte am Montag angekündigt, seine Partei werde sich hinter die Forderung nach einem Referendum stellen, sollte die Regierung nicht auf die Labour-Linie einer engen Bindung an die EU umschwenken. Daher steigt die Spannung welche Anträge die größte Oppositionspartei einreicht und wie sie bei den Abstimmungen abschneiden.

So verpassen Sie keine wichtige Nachricht mehr! Der kostenlose Newsletter onvista weekly - hier geht es zur Registrierung.

Beginn der Debatte ist voraussichtlich am Nachmittag gegen 14 Uhr. Mit den Abstimmungen wird ab 20 Uhr gerechnet. Über welche Änderungsanträge zur Beschlussvorlage der Regierung abgestimmt wird, entscheidet wie immer Parlamentspräsident John Bercow.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Wie lange genau der EU-Austritt verschoben werden könnte, ließ May offen. Die Regierungschefin betonte jedoch, dass eine Verschiebung des Brexits über Ende Juni hinaus nicht möglich sei. Andernfalls müsse Großbritannien an der Wahl zum Europaparlament Ende Mai teilnehmen. Das sei aber im Lichte des Brexit-Votums der Bevölkerung nicht vermittelbar. Eine zweite Verschiebung sei dann so gut wie ausgeschlossen.

Die Abstimmungen über einen No-Deal-Brexit und eine Verschiebung des EU-Austritts sollen spätestens am 13. und 14. März stattfinden. May: „Das Vereinigte Königreich wird am 29. März nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Unterhauses ohne Deal austreten.“ Ein späterer ungeregelter Austritt sei aber weiter möglich. „Wenn wir müssen, werden wir am Ende einen Erfolg aus einem No-Deal-Brexit machen.“

„Harter Brexit“ immer noch das wahrscheinlichste Szenario

Irgendwie beißt sich die britische Katze in den Schwanz. Wie sollen die bevorstehenden Abstimmungen zu einem Ergebnis führen, wenn nicht irgendwer einlenkt. Da die EU beim Backstopp kein großes Entgegenkommen signalisiert, wird Theresa May voraussichtlich Mitte März, wie bereits gewohnt, eine deutliche Niederlage einfahren. Mittlerweile fehlen ihr ja durch Parteiaustritte drei Stimmen in ihrer hauchdünnen Mehrheit im Unterhaus. Das einzige positive daran ist, dass sich mittlerweile eine Gruppe von 11 „Austretern“ zusammengeschlossen hat und klar sagt, was sie wollen - ein zweites Referendum. Somit stehen die Chancen mehr als schlecht, dass die britische Premierministerin den aktuellen Deal abgesegnet bekommt.

Drehen wir das Rad weiter

Theresa May verliert die Abstimmung über den Brexit-Deal mit der EU erneut. Wir gehen mal davon aus, dass der Antrag auf Verlängerung der Frist heute eine Mehrheit findet und dann greift. Die EU wird ihn wahrscheinlich genehmigen, obwohl schon Stimmen laut werden, die einen triftigen Grund für eine Verlängerung fordern. Da kommen eigentlich nur zwei in Betracht. Neuwahl oder ein zweites Referendum. Aktuell könnte es aber auch ohne die beiden Optionen gelingen, da die EU sich bestimmt nicht nachsagen lassen möchte, sie hätte den „harten Brexit“ verschuldet. Jetzt liegt der Ball wieder auf der Insel.

Und dann?

Theresa May dürfte wieder zwischen Brüssel und London pendeln, um weitere Zugeständnisse von der EU zu bekommen. Daran glaubt die britische Premierministerin aber wohl selbst nicht mehr. Sie hat auf ihrer Rede am Dienstag ja schon betont, dass auch aus einem „No-Deal-Brexit“ ein Erfolg gemacht werden könnte. Das lässt darauf schließen, dass May auch bei einer Fristverlängerung wohl nicht mit einem Abkommen rechnet, dass seinen Segen im Unterhaus findet. Eine weitere Fristverlängerung hat May wegen der Europawahl ausgeschlossen, somit dürfte das ganze Hickhack spätestens im Juni ein Ende finden. Da gibt es dann wahrscheinlich auch nur die Möglichkeit, die aktuell kritisiert wird. Um einen „harten Brexit“ auszuschließen müssten einige dann doch in den sauren Apfel beißen und dem ausgehandelten Deal letztendlich zustimmen, sonst gibt es einen „harten Brexit“ eben nur etwa 2 Monate später.

Neuwahlen oder zweites Referendum einziger Ausweg

Die Fronten unter den britischen Politikern scheinen so verhärtet zu sein, dass keine gemeinsame Lösung des Problems möglich scheint. Die einzige logische Schlussfolgerung wäre daher: Noch einmal Abstimmen zu lassen. Nicht die Politiker, die haben ja schon genug unnötig abgestimmt. Jetzt sollte das Vereinte Königreich noch einmal zu Urne gebeten werden. Entweder um die Machtverhältnisse im Unterhaus zu verschieben oder um ihre Einstellung zum Brexit noch einmal zu verdeutlichen. In der aktuellen Konstellation scheint es eher eines Wunders zu bedürfen damit ein geregelter Austritt noch zustande kommt.

Von Markus Weingran

DAS WICHTIGSTE DER BÖRSENWOCHE – IMMER FREITAGS PER E-MAIL

Zum Wochenende die Top Nachrichten und Analysen der Börsenwoche!

Hier anmelden >>

Bild: Melinda Nagy / Shutterstock.com

onvista Premium-Artikel

Exklusive Analyse zum Cashflow
Diese drei weniger bekannten Konzerne haben Margen wie Applegestern, 11:02 Uhr · onvista
Diese drei weniger bekannten Konzerne haben Margen wie Apple
Kolumne von Stefan Riße
Herr Merz, stoppen Sie das nächste Bürokratie-Monster!17. Aug. · Acatis
Herr Merz, stoppen Sie das nächste Bürokratie-Monster!
Rheinmetall, Renk und Hensoldt
Die drei deutschen Rüstungs-Aktien im großen Chart-Check14. Aug. · onvista
Die drei deutschen Rüstungs-Aktien im großen Chart-Check