Chinas Motor stottert – Regierung verkündet niedrigstes Wachstumsziel seit drei Jahrzehnten

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Zum Auftakt der Jahrestagung des Volkskongresses in Peking hat die chinesische Regierung ernste Töne angeschlagen. Angesichts des Handelskrieges mit den USA und der hohen Verschuldung gab Regierungschef Li Keqiang das niedrigste Wachstumsziel seit fast drei Jahrzehnten vor. Demnach soll die chinesische Wirtschaft in diesem Jahr mit 6,0 bis 6,5 Prozent spürbar langsamer wachsen als bisher.

Regierung will ausländischen Unternehmen die Tür öffnen

Keqiang sprach während seiner Rede von den anstehenden wirtschaftlichen Herausforderungen und mahnte, dass sich China auf einen harten Kampf einstellen müsse. „Vor dem Hintergrund der Entwicklungen innerhalb und außerhalb Chinas zeigt sich: Das Umfeld für eine gute wirtschaftliche Entwicklung wird komplizierter, der Weg wird steiniger. Die Risiken und Herausforderungen sind groß.“

Als Antwort auf die Herausforderungen kündigte der Ministerpräsident auch weitere Wirtschaftsreformen an. „Wir werden mehr tun, um Investitionen aus dem Ausland zu fördern. Wir werden Marktzugänge vereinfachen und die Negativliste kürzen. Ausländische Unternehmen dürfen in mehr Sektoren als bislang investieren. Wir werden reformieren und öffnen, im Finanz- aber auch in anderen Sektoren.“

Stimmung im Dienstleistungssektor trübt sich

In China hat sich auch die Stimmung im Bereich Dienstleistungen überraschend stark eingetrübt. Der vom Wirtschaftsmagazin Caixin erhobene Stimmungsindex für Februar fiel nach Angaben von Dienstag auf 51,1 Punkte, nach 53,6 Zählern im Vormonat. Analysten wurden von der Stärke des Rückgangs überrascht, sie hatten nur mit einem leichten Dämpfer auf 53,5 Punkte gerechnet. Es war der zweite Rückgang in Folge und der niedrigste Wert seit vergangenem Oktober.

Trotz des unerwartet starken Rückgangs liegt der Stimmungsindikator nach wie vor über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Bereits am vergangenen Freitag war der Stimmungsindikator für den Bereich Industrie veröffentlicht worden. Hier hatte es allerdings einen überraschend starken Anstieg auf 49,9 Punkte nach 48,3 Zählern im Vormonat gegeben.

Sorge um China hält die Märkte in Atem

Der stotternde chinesische Wirtschaftsmotor ist immer wieder Anlass für Sorge bei den Investoren. „Vorerst keine weiteren Fakten zu den Handelsgesprächen zwischen den USA und China, dafür aber Nachrichten aus dem Reich der Mitte, die den Konjunktursorgen wieder neue Nahrung geben“ – die Anleger blieben vor diesem Hintergrund lieber an der Seitenlinie, schrieb Marktanalyst Milan Cutkovic von Axitrader.

Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners erklärte, aus technischer Sicht seien die Märkte in Europa „überverkauft“. Zudem zeige das niedrige Wachstumsziel der chinesischen Regierung eindrucksvoll, „wie kritisch es aktuell um die Weltwirtschaft bestellt ist“.

Die Sorge um Chinas Wirtschaft belastete unterdessen an der Börse vor allem die Autobauer und -zulieferer, für die der dortige Markt immens wichtig ist. Die Verluste blieben aber moderat, Daimler verloren mit 0,75 Prozent am deutlichsten.

Daimler, BMW und VW im Tageschart

Die asiatischen Märkte halten sich derweil seit Beginn des Jahres weiter im Aufwärtstrend. Mit einer Year-to-Date-Performance von plus 12,06 Prozent übertrifft der Hang Seng im weltweiten Vergleich den Euro Stoxx 600 mit 11,10 Prozent, den US-Leitindex Dow Jones mit 10,68 Prozent und den deutschen Leitindex mit 9,74 Prozent.

Hang Seng, Dow Jones, Euro Stoxx 600 und Dax im 3-Monatschart

(Onvista/dpa-AFX)

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Titelfoto: Oranzy Photography / Shutterstock.com

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