Droht eine neue Eurokrise?

Jessica Schwarzer · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Italien ist und bleibt ein Problemfall. Die pessimistischste Prognose: Italien könnte eine neue Eurokrise auslösen. Selbst hartgesottene Optimisten schließen dieses Szenario nicht mehr aus.

Eurokrise 2.0 oder Eurokrise reloaded – seit Monaten bestimmt Italien regelmäßig die Schlagzeilen. Das Land ächzt unter seinen Schulden, das Wirtschaftswachstum ist schwach, die Regierung wenig stabil. Die Lage ist wirtschaftlich gefährlich und Besserung nicht in Sicht. Im Gegenteil. Es scheint wie ein Déjà-vu: Zum zweiten Mal in der Geschichte der Eurozone könnte ein Mitgliedstaat vor dem finanziellen Zusammenbruch stehen. Das Drama, das sich vor gut zehn Jahren in Griechenland abspielte, wiederholt sich nun in Italien.

Die Angst vor einer neuen Eurokrise ist groß. Abzulesen ist das auch am Zinsabstand, dem sogenannten Spread, zwischen italienischen und deutschen Anleihen. Er ist für 30-jährige Laufzeiten jüngst auf ein Siebenjahreshoch geklettert. Das Vertrauen in Italien schwindet immer weiter. Kein Wunder, hätte das Land doch das Zeug dazu, die nächste Krise und damit auch einen Börsencrash auszulösen. Schließlich ist Italien die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Das Land hat einen Anteil von etwa elf Prozent am realen Bruttoinlandsprodukt der EU-Länder. Damit ist es viel größer als Griechenland.

Bleibt zu hoffen, dass Brüssel aus Krisenfall Nummer eins etwas gelernt hat. Denn Griechenland ließen EU-Kommission und Euro-Finanzminister sehenden Auges in die Pleite rutschten, zumindest aber reagierten sie nicht nicht auf Warnungen. Das Land musste erst zahlungsunfähig werden, damit Brüssel reagierte. Der Rest ist Geschichte.

Nun also Italien. Noch ist das Land nicht pleite, aber der Weg dahin ist nicht mehr weit. Schon jetzt weist Italien nach Griechenland die zweithöchste Staatsverschuldung in Relation zur Wirtschaftsleistung in der Eurozone auf.  Sollte das Land in eine Rezession schlittern und seine aktuelle Ausgabenpolitik beibehalten, könnte die Schuldenquote massiv weiter steigen. Der von der Regierung prognostizierte Rückgang auf unter 130 Prozent wäre dann wohl endgültig nicht mehr zu schaffen. Die EU warnt die Regierung immer wieder vor den Gefahren der exorbitanten Staatsverschuldung. Dem Land droht ein EU-Strafverfahren. Ob es offiziell eingeleitet wird, darüber entscheiden die EU-Finanzminister im Juli. Ein „Ja“ gilt als ziemlich sicher.

Noch gibt es Hoffnung, dass das südeuropäische Land die Kurve kriegt,  wichtige Reformen angeht und das Problem seiner wachsenden Staatsverschuldung angeht. Denn wenn Italien kippt, haben wir ein großes Problem: Italien ist zu groß für den Rettungsschirm. Oder anders herum: Der Euro-Rettungsfonds ESM ist zu klein. Eine Finanzkrise 2.0 wäre die Folge.

Denn finanzielle Hilfe von anderen EU-Staaten dürfte nur schwer zu bekommen sein. Italien wird von finanzpolitischen Geisterfahrern regiert, dass andere Regierungen Kredite im dreistelligen Milliardenbereich bereit stellen werden, ist kaum vorstellbar. Auch wenn sie an dringend erforderliche Reformen geknüpft wären. Im Grunde würde also nur ein Schuldenschnitt helfen – schlechte Nachrichten für Italiens Gläubiger.

Investoren werden sich die weiteren Verhandlungen und Streitereien zwischen der EU und Italien genau anschauen. Nicht ausgeschlossen, dass es in den kommenden Monaten zu einigen Turbulenzen kommen könnte.

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