Ethereum: Massive Transaktionskosten als großes Hindernis für den weiteren Aufstieg, doch Lösungen sind in Sichtweite – das könnte das nächste Level einläuten

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die zweite große Korrektur der derzeitigen Aufschwungsphase von Bitcoin scheint vorüber zu sein. Mit einem Wochenplus von annähernd 13 Prozent hat sich die Kryptowährung bei derzeit knapp 55.000 Dollar wieder nachhaltig über die psychologisch wichtige Marke von 50.000 Dollar abgesetzt.

Auch Ethereum, die Nummer 2 hinter Bitcoin, konnte sich deutlich erholen, nachdem der Kurs vom Rekordhoch bei 2000 Dollar ebenfalls heftig abgestürzt war, bis unter die Marke von 1400 Dollar. Derzeit notiert ETH mit einem Wochenplus von knapp 22 Prozent wieder über der Marke von 1.800 Dollar.

Trotz der in letzter Zeit beeindruckenden Performance hinkt Ethereum Bitcoin langfristig noch hinterher, was die preisliche Entwicklung angeht. Während Bitcoin sich in der nun angebrochenen neuen Euphoriewelle bereits weit vom letzten großen Allzeithoch von 20.000 Dollar aus dem Jahr 2017 abgesetzt hat, konnte Ethereum bisher nicht ganz so viel neues Kapital auf sich vereinen. Das alte Rekordhoch aus dem Jahr 2017/18 von 1600 Dollar ist zwar mit dem Durchbrechen der 2000 Dollarmarke ebenfalls übertrumpft worden, doch wenn man sich die Erwartungen am Markt für das Projekt anschaut, kann man fast von einem Rückstand sprechen.

Ethereum hinkt seinem Potenzial noch hinterher

In jüngster Zeit sind von diversen Analysten Kursziele von Ethereum von 5.000 bis 10.000 Dollar ausgesprochen worden, da die Adaption des Blockchain-Netzwerks laufend voranschreitet und ein Großteil des Krypto-Ökosystems Ethereum als Fundament verwendet. Zudem hat das langfristige Ziel des Projektes im Vergleich zu Bitcoin ein um ein vielfaches größeres Potenzial was die Anwendungsmöglichkeiten angeht. Während Bitcoin in seiner Rolle als digitaler Vermögensspeicher bereits sehr gut funktioniert und zuletzt vor allem von institutioneller Seite aus diesem Grund sehr viel Aufmerksamkeit erhält, wird mit Ethereum die Grundinfrastruktur einer neuen und dezentralen Finanzwelt errichtet, die darauf abzielt, die derzeitige langfristig nachhaltig zu verbessern oder sogar komplett zu ersetzen.

Extreme Transaktionsgebühren belasten

Allerdings hemmen die limitierten Kapazitäten derzeit das weitere Vorankommen von Ethereum enorm. Momentan sind Transaktionsgebühren von 30 bis 40 Dollar Normalität, wenn ein Nutzer ETH oder andere, auf Ethereum basierende Token von seiner digitalen Geldbörse zu einer anderen verschicken möchte. In den letzten Wochen sind sogar Transaktionskosten von bis zu 100 Dollar und mehr vorgekommen. Das macht den Handel mit kleineren Geldmengen angesichts dieser enormen Kosten unrentabel. Alternative Projekte, die denselben Ansatz wie Ethereum verfolgen, eine Grundinfrastruktur für eine digitale Finanzwelt zu errichten, jedoch andere Ansätze bei Skalierungs- und Abwicklungsmechanismen verfolgen, erleben aus diesem Grund derzeit einen enormen Aufschwung im Kryptosektor.

Cardano und Polkadot profitieren von den Problemen bei Ethereum

Cardano ist eine Blockchain, die von dem früheren Ethereum-Entwickler Charles Hoskinson ins Leben gerufen wurde und in den letzten Wochen einen Hype erfahren hat, da Cardano einen alternativen Ansatz zu Ethereum verfolgt, der sehr viel günstigere Transaktionen und eine viel größere Netzwerk-Kapazität verspricht. Der native Token des Netzwerks, ADA, ist seit Beginn des Jahres von etwa 17 Cent auf derzeit 1,16 Dollar gestiegen. Das ist ein Anstieg um fast 700 Prozent und ein Zuwachs der Marktkapitalisierung von 5,7 auf derzeit 37 Milliarden Dollar seit Jahresanfang.

Ein weiterer „Ethereum-Killer“ ist das Projekt Polkadot, welches in den letzten Monaten ebenfalls enormen Zuwachs erfahren hat. Polkadot zielt auf eine Blockchain-Interoperabilität ab, was es ermöglicht, dass Projekte zwischen verschiedenen Blockchain-Netzwerken, die eigentlich geschlossene Systeme darstellen, interagieren können. Zudem arbeitet auch Polkadot an Skalierungsmethoden, die einen breiteren Nutzen von Blockchain-Systemen möglich machen sollen. Polkadot hat mit einem Anstieg um 540 Prozent seit Jahresanfang eine ähnliche Entwicklung hingelegt wie Cardano. Derzeit beträgt die Marktkapitalisierung ebenfalls etwa 37 Milliarden Dollar.

Allerdings ist es bei beiden Projekten derzeit noch der Hype und die Hoffnung auf eine Alternative zu Ethereum, die die Preise nach oben treiben, denn im Gegensatz zu der viel älteren Ethereum-Blockchain befinden sich bisher kaum Projekte auf Cardano und Polkadot. Beide befinden sich zudem in einem noch viel früheren Entwicklungsstadium und haben teilweise noch gar nicht die Funktionen, die Ethereum bietet, beispielsweise Smart Contracts, also intelligente Verträge die automatisch bestimmte Aktionen ausführen, wenn vorher festgelegte Parameter erfüllt werden. Auf Ethereum findet derzeit noch ein Großteil des Krypto-Ökosystems statt, da die meisten Projekte, wenn sie keine eigenen Blockchains entwickelt haben, auf Ethereum programmiert werden.

Wird Ethereum langfristig verdrängt?

Die spannende Frage ist, ob Cardano und Polkadot Ethereum langfristig den Rang ablaufen können, da die horrenden Transaktionskosten Ethereum zunehmend unattraktiver für Entwickler wie Nutzer machen. Doch die breite Ethereum-Entwicklerbasis arbeitet unter Hochdruck an einer Verbesserung der Skalierung der Blockchain. Langfristig soll mit der Einführung des großen Ethereum 2.0 Upgrades ein Paradigmenwechsel herbeigeführt werden, der die Ethereum-Blockchain in die Lage versetzen soll, als dezentrales Betriebssystem von globalem Umfang zu funktionieren, mit extrem hoher Bandbreite und sehr geringen Transaktionskosten. Dieser Wechsel dürfte jedoch noch Monate oder gar Jahre in Anspruch nehmen.

Trotzdem wird an Zwischenschritten gearbeitet, die die Skalierung schrittweise auf dem Weg dorthin bereits nachhaltig verbessern sollen. Die nächsten Maßnahmen dazu stehen unmittelbar bevor. Im Juli diesen Jahres soll mit der Implementierung des sogenannten EIP 1559 Protokolls eine Umstrukturierung der Transaktionsgebühren stattfinden.

Änderung der Gebührenstruktur steht bevor

Bisher sind die Transaktionsgebühren für eine Ethereum-Transaktion komplett variabel und können individuell eingestellt werden. Dabei gilt – je höher man die Transaktionsgebühr setzt, desto eher wird sie von den Minern, die die Transaktion auf der Blockchain letzten Endes einspeichern, berücksichtigt. Dadurch ergeben sich entsprechend des „Verkehrs“ auf der Blockchain die immer höheren Gebühren, je mehr Leute digitale Assets hin und her versenden wollen. Gängige Wallets errechnen die optimale Transaktionsgebühr dabei automatisch anhand der Daten aus der Blockchain. Als Nutzer könnte man zwar manuell eine sehr viel niedrigere Gebühr einstellen, doch dies hätte zur Folge, dass die gewünschte Transaktion tage- oder gar wochenlang nicht berücksichtigt werden würde – oder im Zweifel gar nicht verarbeitet wird.

Dies soll mit dem neuen Update so geändert werden, dass es eine algorithmisch festgelegte Basis-Gebühr geben soll. Diese vom Ethereum-Protokoll berechnete Gebühr soll dabei trotzdem die Netzwerkauslastung berücksichtigen und sich schrittweise erhöhen oder verringern, jedoch soll die Preissteigerung bei weitem nicht so hoch ausfallen, wie im jetzigen Zustand. Miner sollen jedoch sogenannte „Tips“ erhalten können, also eine Art Trinkgeld, damit sie Transaktionen bevorzugen. Für die Miner bedeutet das Update trotzdem eine enorme Umsatzverringerung und stößt auf wenig Anklang, dennoch wird das Update forciert, da die derzeitige Gebührenstruktur dem Wachstum und der Weiterentwicklung des Ethereum-Netzwerks langfristig schaden würde, so der Tenor des Ethereum-Entwickler-Netzwerks.

Ein weiteres Feature: Die beschriebene Basis-Gebühr soll bei ausgeführter Transaktion verbrannt werden, die Ether also vernichtet werden. Das würde ETH einen deflationären Charakter geben und zu langfristigem Halten von Ether-Beständen motivieren. Dies ist ein Schritt hin zur langfristigen Umstrukturierung auf Ethereum 2.0, welches die gesamte Netzwerk-Sicherheit und Instandhaltung weg vom derzeitigen „Proof of Work“-Mechanismus führen soll, bei dem Miner große Mengen an Strom für die dafür nötige Rechenleistung brauchen, und hin zum „Proof of Stake“-Mechanismus, bei dem die Sicherheit mittels dem Einfrieren und Nachweisen von ETH-Beständen der einzelnen Netzwerk-Validatoren gewährleistet werden soll.

Vitalik Buterin hält zeitige „Verhundertfachung“ der Netzwerk-Skalierung für erreichbar

Das geplante EIP 1559 Update ist jedoch nicht die einzige Maßnahme, die die Skalierung von Ethereum verbessern soll. Vitalik Buterin, einer der Erfinder und nun führende Kopf hinter Ethereum hat vor kurzem in einem Interview von weiteren Verbesserungen für die Skalierung gesprochen, die mit sogenannten „Second Layer Solutions“ erreicht werden sollen, also Infrastruktur-Protokollen, die auf das Grundnetzwerk aufgelegt werden können.

Diese auch als „Rollups“ bezeichneten Protokolle können die Masse an Transaktionen mithilfe von sogenannten „Sidechains“, also sekundären Blockchains, bündeln, bevor sie auf der Haupt-Blockchain verarbeitet werden. Das erhöht die Effizienz und senkt die Transaktionskosten weiter. Buterin spricht in dem Interview davon, dass die weitere Implementierung von Rollups, von denen einige bereits aktiv sind, das Potenzial hat, die Skalierung um den Faktor 100 verbessern könnten. Das würde dem Ethereum-Netzwerk genug Kapazitäten geben um ausreichend gut zu funktionieren und den weiteren Andrang zu verarbeiten, bis die große Umstellung auf Ethereum 2.0 gemeistert ist.

Ethereum könnte bald das nächste Level betreten

Solche umfassenden Systemupdates sind immer mit Risiken verbunden, da meistens nicht alle Fehler im Testumfeld gefunden werden. Vor allem bei einem bereits laufenden System mit vielen aktiven Projekten ist eine solche Implementierung risikoreich. Dennoch ist eine Verbesserung der Skalierung, gerade angesichts des Nutzerwachstums von Ethereum, absolut notwendig für das Projekt. Ohne eine zeitnahe Zwischenlösung könnte es zu spät sein, bis Ethereum 2.0 fertiggestellt ist und die Probleme langfristig behebt, da die Konkurrenz um Cardano und Polakdot nicht schläft. Doch Ethereum hat auch den Vorteil des Netzwerkeffekts und kann sich vor allem auf die größte Basis an Entwicklern im gesamten Krypto-Ökosystem verlassen, die laufend an den Verbesserungen arbeiten.

Eine Lösung des Transaktionskostenproblems, auch wenn es nur eine Zwischenlösung ist, könnte für die Preisentwicklung den Weg nach oben frei machen und für nachhaltige Kurssteigerungen sorgen. Zum einen weil die Nutzung des Netzwerks dann wieder attraktiver wird und zum anderen, weil die vielen Projekte im Ökosystem dann keinen unbedingten Zwang zum wechseln auf eine andere Blockhain mehr haben.

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Von Alexander Mayer

Titelfoto: AlekseyIvanov / Shutterstock.com

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