Europas Anleger sind vor EZB-Sitzung auf der Hut

Reuters · Uhr

Frankfurt (Reuters) - Vor der Zinsentscheidung der EZB haben Anleger Aktien nur mit spitzen Fingern angefasst.

Europas Börsen konnten ihre anfänglichen Kursgewinne am Donnerstag nicht halten: Dax und EuroStoxx50 traten am Vormittag mit 11.104 und 2993 Punkten auf der Stelle.

Die realwirtschaftlichen Einbußen infolge der Corona-Krise trübten die Stimmung an den Börsen. Die deutschen Einzelhändler erlitten im März so starke Einbußen wie seit über 13 Jahren nicht mehr, die Wirtschaft in der Euro-Zone schrumpfte im ersten Quartal im Rekordtempo. Indes sinkt die Inflation im Euro-Raum immer weiter unter die Zielmarke der Europäischen Zentralbank von knapp zwei Prozent.

Volkswirte erwarten, dass EZB-Präsidentin Christine Lagarde bei der Zinssitzung ihre Bereitschaft betont, die Konjunkturhilfen notfalls auszuweiten. Am Leitzins, der seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent steht, wird der EZB-Rat dagegen wohl nicht rütteln. Einige Marktteilnehmer halten es aber für denkbar, dass die EZB ihr 750 Milliarden Euro schweres Notfallprogramm zum Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren aufstockt. Der Zinsbeschluss soll um 13.45 Uhr veröffentlicht werden.

Auf Monatssicht stehen die europäischen Aktien unter anderem wegen der drastischen Konjunkturhilfen von Notenbanken und Regierungen vor ihrem größten Gewinn seit Juli 2009. Zuletzt hatte auch die Hoffnung auf eine effiziente Coronavirus-Behandlung zu einer Erholung beigetragen. Dabei standen ermutigende Testergebnisse des Mittels Remdesivir des US-Pharmakonzerns Gilead im Fokus.

ÖL-ANLEGER SETZEN AUF NACHFRAGEBELEBUNG

Entspannungssignale bei den US-Lagerbeständen trieben die Ölpreise an. Der Preis für ein Fass West Texas Intermediate (WTI) stieg um mehr als dreizehn Prozent auf 17,15 Dollar. Die Nordseesorte Brent verteuerte sich um acht Prozent auf 24,33 Dollar. Die US-Rohöllagerbestände waren nach Daten der Energiebehörde EIA in der vergangenen Woche um neun Millionen Barrel und damit weniger stark als erwartet angestiegen. "Wenn wir in den kommenden Wochen eine Fortsetzung dieses Trends sehen, könnte dies darauf hindeuten, dass das Schlimmste hinter dem Ölmarkt liegen könnte", sagte Rohstoffstratege Warren Patterson von ING. Für eine allgemeine Entwarnung reiche es aber noch nicht. "Vor dem Hintergrund des Ausmaßes des allgemeinen Rückgangs der Ölpreise seit Beginn der Pandemie ist die Erholung immer noch winzig", sagte Jeffrey Halley, Marktanalyst beim Brokerhaus OANDA in Singapur.

SHELL ERSTMALS SEIT ZWEITEM WELTKRIEG MIT DIVIDENDENKÜRZUNG

Beim Ölgiganten Royal Dutch Shell schlug der Nachfrageeinbruch gewaltig ins Kontor: Der Konzern kürzte erstmals seit 80 Jahren seine Dividende. Der bereinigte Gewinn auf vergleichbarer Basis fiel im ersten Quartal um 46 Prozent auf 2,9 Milliarden Dollar. Die Aktien brachen in London um 5,9 Prozent ein.

Auch der deutsche Chemiekonzern BASF hat mit den Folgen der Corona-Beschränkungen zu kämpfen. Die Aktien gaben bis zu 4,2 Prozent ab. Zum Jahresauftakt schmolz der Gewinn ab, die Jahresprognose wurde zurückgezogen. Konzernchef Martin Brudermüller schloß nicht aus, dass das Ebit vor Sondereinflüssen im zweiten Quartal null oder negativ sein kann.

Titel des Triebwerksbauers MTU Aero gewannen rund vier Prozent. Im ersten Quartal war von der Krise bei MTU noch kaum etwas zu spüren.

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