Fresenius: Aktie verliert fast 25 Prozent in drei Monaten – bringen die Zahlen morgen Ruhe in den Kurs?

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Die Aktie des Krankenhaus- und Medizinkonzerns hat sowohl bei Anlegern, als auch bei Branchenexperten in den vergangenen Monaten einige Fragezeichen aufblitzen lassen. Nachdem der Dax-Konzern Mitte Juli seine Jahresprognose gekappt hatte, nahmen die Anleger immer mehr Abstand von der Aktie. In den vergangenen 3 Monaten hat das Papier fast ein Viertel an Wert verloren.

Die Tochter – Fresenius Medical Care – hat sich im gleichen Zeitraum zwar auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert, aber immerhin ist der Rücksetzer mit gut 10 Prozent deutlich kleiner. Mutter und Tocher legen morgen ihre Quartalszahlen vor. Verstärken Sie die Talfahrt oder sorgen sie für ein wenig Ruhe bei beiden Dax-Mitgliedern.

Stark gestartet und dann etwas nachgelassen

Bislang ist der Krankenhaus- und Medizinkonzern noch vergleichsweise glimpflich durch die Krise gekommen: Nach einem guten Jahresauftakt hatte Konzernchef Stephan Sturm für das zweite Quartal immerhin noch einen stabilen operativen Gewinn vermelden können. Doch das Konzernergebnis ging bereits deutlich zurück, denn die erste Welle der Pandemie hatte ihre Spuren vor allem im Ergebnis der Klinikgesellschaft Helios und bei der auf Flüssigmedizin, Narkosemittel und klinische Ernährung spezialisierten Tochter Kabi hinterlassen. Dagegen konnte die Dialysetochter FMC im zweiten Quartal den Corona-Belastungen – auch dank staatlicher Hilfen – sogar mit einem kräftigen Ergebnissprung trotzen.

Während der Dialyseanbieter bislang an seinen Wachstumsambitionen nicht gerüttelt hat, kappte das Fresenius-Management im Juli kurzerhand seine Ziele. Eigentlich hatte das Unternehmen aus dem hessischen Bad Homburg nach Problemen vor zwei Jahren 2020 wieder richtig durchstarten wollen.

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Die gesenkte Jahresprognose sieht vor, dass das um Sondereinflüsse und Wechselkurseffekte bereinigte Konzernergebnis inklusive Corona-Belastungen bei minus vier Prozent bis plus ein Prozent im Vergleich zum Vorjahreswert von knapp 1,88 Milliarden Euro liegen wird. Beim Umsatz wird währungsbereinigt ein Plus von drei bis sechs Prozent angepeilt, nach etwa 35,4 Milliarden Euro vor einem Jahr. FMC will seinen Jahresumsatz und das bereinigte Konzernergebnis im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich steigern.

Fresenius hoffte nach dem ersten Halbjahr aber auf eine Belebung der Geschäfte in der zweiten Jahreshälfte, rechnete aber mit weiteren negativen Effekten durch die Pandemie. Wie sich der Konzern im dritten Quartal geschlagen hat, werden die an diesem Donnerstag (29.10) anstehenden Zahlen zeigen.

Die Krux: Die überarbeiteten Jahresziele von Fresenius stehen unter dem Vorbehalt, dass es zu keiner weiteren großen Corona-Infektionswelle kommt und es lediglich bei lokalen Ausbrüchen bleibt. Mit täglich immer mehr Neuinfektionen weltweit zeichnet sich aktuell aber womöglich ein ganz anderes Szenario ab.

Kurs kein Augenschmaus

Die Sorgen der Investoren insbesondere um das Kabi-Geschäft spiegeln sich auch im Aktienkurs von Fresenius wider. Vom Corona-Tief Mitte März bei etwas mehr als 24 Euro hatte sich das Papier zwar bis Ende Juni im Wert knapp verdoppelt, doch nur einen Monat später begann der bis heute anhaltende Sinkflug der Aktie. In den vergangenen drei Wochen hat sich das Tempo des Kursrückschlags noch weiter beschleunigt.

So rutschte das Papier zuletzt auf das niedrigste Kursniveau seit Anfang April, aktuell kostet ein Fresenius-Papier rund 33 Euro. Allein seit Monatsbeginn hat das Papier mehr als zehn Prozent an Wert eingebüßt. In den vergangenen drei Monaten summiert sich das Minus auf rund ein Viertel und seit Jahresbeginn hat sich der Börsenwert um gut ein Drittel auf zuletzt etwa 18,9 Milliarden Euro reduziert.

Damit schlägt sich die Fresenius-Aktie an der Börse deutlich schlechter als die Branche und der Dax. Der europäische Sammelindex für den Gesundheitssektor Stoxx Europe 600 Healthcare und der deutsche Leitindex kommen auf ein Minus von unter zehn Prozent.

Die Dialysetochter FMC bringt mit rund 20,5 Milliarden Euro aktuell sogar mehr auf die Börsenwaage als die Mutter. Sie kann seit Jahresbeginn sogar einen Gewinn von rund sechs Prozent verbuchen – die Anleger honorierten in den vergangenen Monaten die vergleichsweise robuste Geschäftsentwicklung. Im Dax gehört FMC damit zu den besten Zehn, während sich die Fresenius-Aktie im unteren Drittel wiederfindet. Allerdings kam auch das FMC-Papier zuletzt wegen Sorgen um den Geschäftsverlauf im restlichen Jahr zurück und rutschte zeitweise gar auf das tiefste Niveau seit Ende April.

Analysten sehen eher eine Chance

Nach Einschätzung von Analysten sind die Papiere von Fresenius und FMC derzeit günstig zu haben, sogar zu günstig. Fresenius-Aktien würden so „massiv unterbewertet“, als habe der Konzern den Wachstumspfad verlassen, schrieb Berenberg-Analyst Tom Jones unlängst. Dabei sei dies fernab der Realität, trotz aller kurzfristigen Belastungen der Corona-Krise. Letztere habe mit Blick auf strukturelle Wachstumsfelder sogar ihr Gutes, denn starke Anbieter wie Fresenius könnten ihren Vorsprung vor schwächerer Konkurrenz noch ausbauen. So sei das Risiko bei Fresenius eingepreist, das potenzielle Wachstum aber nicht, bemängelt Jones.

Auch für JPM-Analyst David Adlington bleiben die Fresenius-Papiere eine „Top-Idee“. Trotz eines in Aussicht gestellten Umsatzwachstums hinke die Aktie weit hinter den Papieren der Branche zurück, stellte er fest. Dabei sei das Ziel des Konzerns für den Nettogewinn ambitionierter als das der meisten anderen von ihm beobachteten Unternehmen, lobte er.

Den jüngsten Kursrückgang bei FMC führt Viktoria Dubajova von der US-Investmentbank Goldman Sachs insbesondere auf die Sorgen der Investoren um das US-Geschäft wegen der Corona-Pandemie zurück. Ausschlaggebend sei hier vor allem die hohe Sterblichkeitsrate schwerkranker Nierenpatienten durch das Virus. Aus ihrer Sicht sollte FMC mit dieser Thematik aber zurechtkommen, und der Gegenwind sei inzwischen über die Gebühr in den Aktien eingepreist, findet auch sie.

JPM-Experte Adlington sieht aber Licht am Horizont: Er geht davon aus, dass die Anleger nach den US-Präsidentenwahlen Anfang November den Fokus auf den für 2021 erwarteten Rückenwind durch Zuzahlungen für Dialyse-Behandlungen im Rahmen der US-Krankenversicherung Medicare richten dürften und empfiehlt deshalb die FMC-Aktie weiterhin zum Kauf.

Im dpa-AFX Analyser gehört er damit zur Mehrheit. Dort votieren seit Jahresbeginn neun Branchenkenner für den Kauf der FMC-Aktien, sieben sind neutral. Eine Verkaufsempfehlung gibt es nicht. Für den Kauf von Anteilsscheinen der Mutter Fresenius sprechen sich sogar elf Experten aus bei drei neutralen Stimmen. Einzig die Jefferies-Experten sind skeptisch und votieren seit Anfang August für einen Verkauf der Aktien. Analyst James Vane-Tempest begründete seine damalige Abstufung mit seinen zunehmenden Zweifeln an der erhofften Erholung der Fresenius-Geschäfte im zweiten Halbjahr.

Redaktion onvista / dap-AFX

Foto: Homepage Fresenius

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