Handelsstreit: Huawei-Boss Zhengfei spricht im Interview Klartext – Trumps Vorschläge sind ein „großer Witz“ und Apple sollte nicht zu Chinas Vergeltungsziel werden

onvista · Uhr

Nach den US-Sanktionen gegen den chinesischen Huawei-Konzern hat dessen Chef Ren Zhengfei US-Präsident Donald Trump scharf kritisiert. „Ich sehe seine Tweets und finde es lächerlich, weil sie sich widersprechen“, sagte Ren Zhengfei in einem am Montag veröffentlichten Interview der Finanznachrichtenagentur Bloomberg.

Der Chef des Smartphone-Anbieters und Netzwerk-Ausrüsters bezog sich dabei auf eine Äußerung von Trump, wonach die gegen Huawei verhängten Strafen auch Teil der Verhandlungen über ein Handelsabkommen zwischen China und den USA werden könnten. Ren Zhengfei fragte, wie sein Konzern mit dem Handelsstreit Zusammenhänge und nannte Trumps Vorschlag einen „großen Witz“.

„Wir sind den USA voraus“

Die USA hatten Huawei zuvor auf eine schwarze Liste von Unternehmen gesetzt, deren Geschäftsbeziehungen zu US-Partnern strengen Kontrollen unterliegen. Trump begründete seine Schritte mit Sicherheitsbedenken gegen Technik aus China.

Auch da die Vorwürfe bislang nicht konkret belegt wurden, sehen viele Experten die Sanktionen im Kontext des Handelskonfliktes zwischen den USA und China.

Vorwürfe des Technologiediebstahls wies Ren Zhengfei in dem Interview zurück. „Wir sind den USA voraus“, sagte er: „Ich habe die Technologie von morgen gestohlen. Die USA habe diese Technologien gar nicht. Wenn wir zurückliegen würden, müsste Trump uns nicht so heftig angreifen.“

Zhengfei spricht sich gegen Straf-Zölle auf Apple-Produkte von chinesischer Seite aus

Kritisch äußerte sich Ren Zhengfei zu der Möglichkeit, dass China als Vergeltung den US-Konkurrenten Apple ins Visier nehmen könnte. „Das wird erstens nicht passieren. Und wenn es doch passieren sollte, werde ich der erste sein, der dagegen protestiert“, sagte er. Apple sei für ihn ein Lehrer, der in Führung sei. „Warum würde ich als Schüler gegen meinen Lehrer vorgehen? Niemals“, sagte Ren Zhengfei.

Huawei hatte jüngst Apple vom zweiten Platz in der Rangliste der größten Smartphone-Anbieter nach verkauften Stückzahlen verdrängt und sieht sich auf technologischer Ebene auch den unmittelbaren Wettbewerbern Nokia und Sony Ericsson mehrere Jahre voraus. Dennoch gibt der Huawei-Chef zu erkennen, dass die Sanktionen gegen seinen Konzern eine existenzielle Bedrohung darstellen. Die Entwicklung eines eigenen Betriebssystems, sowie die weitere Forcierung als Vorreiter im 5G-Standard sollen dem Konzern jedoch die nötige Stütze geben.

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Unter dem massiven Druck der Sanktionen will Huawei sein eigenes Betriebssystem spätestens zum nächsten Frühjahr einsatzbereit haben. Es soll auf Smartphones, Computern, Tablets, Fernsehern, in Autos und tragbaren Geräten laufen und mit Android-Apps kompatibel sein. Die Software könnte laut Konzernangaben im Notfall auch schon im Herbst fertig sein.

Vor allem in Sachen 5G ist aber nicht nur Huawei ein Leittragender. Viele Wirtschafts-Experten befürchten, das Verbot könnte die weltweite Einführung von 5G empfindlich verzögern und damit auch einen Standard zurückhalten, der als Voraussetzung beispielsweise für das autonome Fahren und Roboterautos, sowie im Allgemeinen die nötige Infrastruktur für das „Internet der Dinge“ gilt.

(onvista/dpa-AFX)

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Titelfoto: flowgraph / Shutterstpck.com

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