Handelsstreit: USA treiben Huawei immer mehr in die Enge – Doch auch die Apple-Aktie könnte nachhaltig darunter leiden
Der chinesische Huawei-Konzern wird durch US-Sanktionen immer weiter in die Enge getrieben. So stellte nach BBC-Informationen der Chipentwickler ARM jegliche Zusammenarbeit mit Huawei ein. Die Chip-Architekturen von ARM bilden die Basis der Prozessoren in nahezu allen heutigen Smartphones und Tablets – auch bei Huaweis Chips aus eigener Entwicklung.
Platzierung auf der „Schwarzen Liste“ macht sich bereits bemerkbar
ARM ist in Großbritannien ansässig und gehört dem japanischen Technologiekonzern Softbank. Die Firma habe ihre Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass die Chip-Designs von ARM auch aus den USA stammende Technologie enthielten und deshalb alle Geschäfte mit Huawei eingestellt werden müssten, berichtete der britische Sender am Mittwoch. Ohne eine Zusammenarbeit mit ARM dürfte Huawei das Smartphone-Geschäft außerhalb des chinesischen Heimatmarktes vergessen können.
Die USA hatten Huawei vergangene Woche auf eine schwarze Liste von Unternehmen gesetzt, deren Geschäftsbeziehungen zu US-Partnern strengen Kontrollen unterliegen. Wer US-Technik an Huawei verkaufen oder transferieren will, muss eine Lizenz erwerben. Diese kann verweigert werden, wenn Sicherheitsinteressen berührt sind.
Huawei will eigenes Betriebssystem bis zum Frühjahr einsatzbereit haben
Unter dem massiven Druck dieser Sanktionen will Huawei sein eigenes Betriebssystem spätestens zum nächsten Frühjahr einsatzbereit haben. Es solle auf Smartphones, Computern, Tablets, Fernsehern, in Autos und tragbaren Geräten laufen und mit Android-Apps kompatibel sein, kündigte der Chef der Huawei-Verbrauchersparte, Yu Chengdong, laut „Phoenix News“ vom Mittwoch an. Die Software könne auch schon im Herbst fertig sein. Er betonte jedoch, dass dies nur passieren würde, wenn das Unternehmen die Nutzung der Software von Google und Microsoft vollständig einstellen würde.
Die bereits seit 2012 verfolgte Entwicklung eines eigenen Betriebssystems bekam für Huawei eine ganz neue Dringlichkeit, da die US-Maßnahmen dem Konzern den Zugang zum Google -System Android erschweren. Huawei dürfte in Zukunft später als andere Smartphone-Anbieter an neue Android-Versionen kommen und könnte keine Google-Dienste vorinstallieren. So wurde bereits aus der Liste der Geräte, die Beta-Versionen der nächsten Android-Generation Q unterstützen, ein erst vor kurzem hinzugefügtes Huawei-Smartphone wieder gestrichen.
Es gibt mehrere Herausforderungen, denen sich Hauweis eigenes Betriebssystem stellen könnte.
Erstens muss Huawei dafür sorgen, dass seine eigene Software eine Benutzererfahrung bietet, die mit Google mithalten kann und über die „Vielseitigkeit der Sammlung von Apps“ verfügt, so Neil Shah, Research Director bei Counterpoint Research gegenüber dem US-Nachrichtendienst CNBC. Zweitens ist es wichtig, Apps sicher zu machen.
„Die Gewährleistung der Sicherheit von Apps ist von höchster Wichtigkeit. Dazu gehört das Scannen und Zertifizieren von Apps für den Store. Dies ist eine gewaltige Aufgabe, die herausfordernd und ressourcenintensiv sein kann. Das Letzte, was Huawei möchte, sind Datenschutz- oder Sicherheitsprobleme, die das Angebot plagen “, sagte Shah.
Zunächst untersagte US-Präsident Donald Trump am Freitag alle Geschäfte, lockerte aber die Maßnahmen für 90 Tage. Damit soll vor allem weiter die Versorgung bereits ausgelieferter Smartphones sowie der Betrieb von Mobilfunk-Netzwerken mit Huawei-Technik in ländlichen Regionen in den USA sichergestellt werden. Das Unternehmen ist der zweitgrößte Smartphone-Anbieter der Welt und auch ein führender Netzwerkausrüster.
Nutzer haben noch eine dreimonatige Gnadenfrist
Für Nutzer bedeutet das aktuell, dass Google die Telefone heutiger Huawei-Kunden in den kommenden drei Monaten weiter in vollem Umfang mit Updates und Apps versorgen kann. Für die Verwendung von US-Technologie in neuen Produkten gilt die Lockerung aber nicht. Wohl auch mit Blick darauf werden Huawei-Telefone beim anstehenden Start von Netzen des superschnellen 5G-Datenfunks in Großbritannien von den Mobilfunk-Betreibern nicht angeboten.
Huawei wird von US-Behörden verdächtigt, seine unternehmerische Tätigkeit zur Spionage für China zu nutzen. Beweise dafür wurden bislang nicht öffentlich gemacht. Die USA drängen auch andere westliche Länder wie Deutschland, Huawei von den Netzen für den künftigen superschnellen Mobilfunk-Standard 5G fernzuhalten. Huawei wies die US-Vorwürfe stets zurück.
Huawei-Chef kritisiert US-Sanktionen scharf - und lobt Deutschland
Der Konzern sieht die US-Sanktionen gegen sich als „gefährlichen Präzedenzfall“. Das stehe im Widerspruch zu den Werten der internationalen Geschäftswelt, sagte der stellvertretende Vorsitzender von Huawei, Hu Houkun, am Donnerstag in Potsdam bei einer Konferenz des Hasso-Plattner-Instituts (HPI).
„Die US-Regierung erlegt Huawei sehr unfaire Einschränkungen auf, auf der Grundlage unbegründeter Anschuldigungen“, sagte Hu. Sein Unternehmen habe darauf reagieren können. „Aber wer weiß, was als nächstes kommt, wenn sich dieses Verhalten so fortsetzt?“ Heute gehe es gegen Huawei, „morgen könnten es Ihre Branche, Ihr Unternehmen und Ihre Verbraucher sein.“
Hu lobte, dass Deutschland und andere europäische Staaten den USA nicht folgten. Statt Gefühlsentscheidungen brauche es klare Sicherheitsstandards und unabhängige Überprüfungen für Unternehmen.
Die Huawei-Misere könnte auch Apples Geschäfte verstärkt belasten
Das Vorgehen der USA gegen Huawei könnte das bereits kriselnde Geschäft von Apple in China noch weiter erschweren, die iPhone-Verkäufe auf dem weltgrößten Smartphone-Markt behindern und die Lieferkette des Unternehmens stören. Dies sagten einige Marktanalysten gegenüber der US-Nachrichtenagentur Bloomberg. Im Fokus stehen dabei mögliche Vergeltungsmaßnahmen der chinesischen Regierung im Handelsstreit.
„Es besteht die Möglichkeit eines Boykotts“ von Apple-Produkten, sagte etwa Shannon Cross von Cross Research. „Es könnte eine Bewegung in China geben, um die nationalen Unternehmen zu unterstützen.“
Apple könnte fast ein Drittel seines Gewinns einbüßen, wenn sich China mit einem Verbot von US-Produkten revanchiert, schätzen auch Analysten von Goldman Sachs. Dan Ives, Analyst bei Wedbush Securities, sagte, dass 3 bis 5 Prozent der iPhone-Verkäufe in China in den nächsten 12 bis 18 Monaten aufgrund des US-Verbots von Huawei wegfallen könnten. Zudem könnten Apple noch weitaus schlimmere Konsequenzen drohen, wenn in China Produktionsbeschränkungen eingeführt würden. Apple ist auf Produktionsebene ebenfalls stark vom Reich der Mitte abhängig.
„Wir glauben nicht, dass das Unternehmen in der Lage sein wird, kurzfristig einen Großteil des iPhone-Volumens außerhalb Chinas zu verlagern, obwohl Maßnahmen, die die Apple-Produktion außerhalb Chinas vorantreiben würden, negative Auswirkungen auf das chinesische Technologie-Ökosystem sowie auf die Beschäftigung vor Ort haben könnten“, sagte einer der Goldman-Sachs-Analysten gegenüber Bloomberg.
Apple-Aktie leidet unter den derzeitigen Bedingungen
An der Börse ist Apple einer der größten Leidtragenden des Handelskrieges zwischen China und den USA. Das Wertpapier musste im gestrigen US-Handel erneut ein Minus von über 2 Prozent hinnehmen.
Auf der deutschen Handelsplattform Tradegate steht ein weiteres Minus von 1,8 Prozent zu Buche.
(onvista/dpa-AFX)
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