HeidelbergCement: Baustoffkonzern führt Dax heute klar an – Geht es nach den Zahlen am Donnerstag weiter bergauf?

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Aktien aus dem europäischen Bausektor ziehen heute kräftig an. Im Dax setzten sich die Papiere von HeidelbergCement mit einem Plus von fast 5 Prozent an die Spitze. In Zürich legt der Kurs von LafargeHolcim um 3 Prozent zu und in London verteuerten sich CRH um 2,5 Prozent. Nach einer zuletzt sschwachen entwicklung der Branche scheinen die Anleger auf bessere Zeiten nach einem Sieg von Joe Biden zu spekulieren.

Dieser hatte im Falle seines Wahlsiegs ein zwei Billionen US-Dollar schweres Investitionsprogramm für die in Teilen marode Infrastruktur in Aussicht gestellt. Die Mittel sollen in Häuser, Straßen und Brücken, Wassersysteme, Stromnetze und Breitbandkabel investiert werden.

Ob sich der positive Trend für die Branche auch mit Zahlen untermauern lässt wird sich am kommenden Donnerstag – 5. November – zeigen. Da legt HeidelbergCement die Zahlen für das dritte Quartal 2020 vor.

Hellt sich die Lage auf?

Nach einem Milliardenverlust wegen hoher Abschreibungen im zweiten Jahresviertel rechnete Unternehmenschef Dominik von Achten, der im Februar den Chefsessel von Bernd Scheifele übernommen hatte, zuletzt mit einem deutlich besseren Geschäftsentwicklung. „Auch wenn die Absatzmengen in einem schwierigen Umfeld weiterhin rückläufig sind, sind wir sehr gut in das dritte Quartal gestartet“, sagte er Mitte September auf dem Kapitalmarkt. Das Ergebnis im Juli und August habe deutlich über den jeweiligen Vorjahresmonaten gelegen. Zu der besseren Geschäftsentwicklung hätten vor allem niedrigere Kosten und stabile Preise beigetragen.

Um gut durch die Corona-Krise zu kommen, hatte HeidelbergCement bereits Ende Februar ein Sparprogramm aufgesetzt, um die Kosten um eine Milliarde Euro zu drücken. Dazu beitragen sollen etwa geringere Personalaufwendungen, freiwillige Kürzungen der Management-Gehälter, die Beschränkung von Investitionen sowie geringere Steuerzahlungen.

Das Umfeld in der Bauwirtschaft bleibe aber hochvolatil, warnte von Achten. Zudem könne es jederzeit zu einer neuen Infektionswelle mit Auswirkungen auf bereits begonnene oder angekündigte Bauprojekte in einzelnen Ländern kommen. Vor diesem Hintergrund könnten die vollen Auswirkungen der Corona-Krise auf die Unternehmensergebnisse 2020 weiterhin nicht zuverlässig abgeschätzt werden. Die Jahresziele 2020 hatte der Konkurrent der Schweizer LafargeHolcim Mitte März zurückgezogen. HeidelbergCement gab aber Mittelfristziele aus.

Bis 2025 will der Dax-Konzern die operative Marge (bereinigtes Ebitda zum Umsatz) um 300 Basispunkte auf 22 Prozent verbessern. So will HeidelbergCement etwa Prozesse und Strukturen in Vertrieb, Produktion und Verwaltung optimieren. Besser werden will das Unternehmen vor allem in Nordamerika, sagte der HeidelbergCement-Chef. Dort soll die Marge über alle Geschäftsbereiche hinweg um 400 bis 500 Basispunkte gesteigert werden.

Zudem will der Konkurrent der mexikanischen Cemex sich auf die stärksten Märkte fokussieren. Dies umfasst den Angaben zufolge den Verkauf von Geschäften, die mittelfristig nicht die Renditeerwartungen erfüllen. HeidelbergCement plant aber auch selektive Zukäufe in bestehenden Märkten. Aber auch die Digitalisierung soll vorangetrieben werden. Davon verspricht sich das Unternehmen erhebliche Effizienzgewinne und geringere Kosten in der Produktion und Verwaltung.

Sein ursprüngliches Ziel, die CO2-Emissionen auf unter 525 Kilogramm pro Tonne zementartigem Material zu verringern, will das Unternehmen bereits bis 2025 erreichen und damit fünf Jahre früher als ursprünglich geplant. Damit werde die CO2-Emissionen um 30 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 reduziert, hieß es. Bis 2030 sollen die Emissionen auf unter 500 Kilogramm pro Tonne zementartigem Material zurückgehen.

Prognose noch nicht klar

Ursprünglich wollte HeidelbergCement 2020 Umsatz und operatives Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr leicht steigern. Dann verbreitete sich aber das Coronavirus weltweit und der Dax-Konzern zog Ende März bei Vorlage der Zahlen für 2019 seine Ziele für das laufende Jahr zurück.

Experten rechnen mit Rückgang

Laut einer vom Unternehmen in Auftrag gegebenen Erhebung sehen Analysten den Umsatz im dritten Quartal im Schnitt bei rund 4,9 Milliarden Euro und damit rund 3,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Der operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) dürfte hingegen um acht Prozent auf 1,27 Milliarden Euro zulegen.

Analyst Stephan Bonhage vom Bankhaus Metzler rechnet für HeidelbergCement mit einer starken operativen Ergebnisentwicklung im dritten Quartal. Der Baustoffkonzern dürfte von stabilen Preisen, niedrigen Energiekosten und seinem Einsparprogramm profitiert haben. Besonders optimistisch zeigte sich der Branchenexperte Ephrem Ravi von der US-Bank Citigroup für HeidelbergCement und Titan. Die meisten europäischen Zementhersteller dürften mit ihrem operativen Ergebnis 2020 über Vorjahresniveau liegen, so der Experte.

Von niedrigeren Volumen und einem leichten Ergebnisrückgang geht Analyst Thorsten Reigber von der DZ Bank im dritten Jahresviertel in Nordamerika aus. Hier könnten sich die Waldbrände in Kalifornien und die Hurrikan-Saison leicht negativ ausgewirkt haben. In den übrigen Regionen rechnet er wieder mit deutlich besseren Geschäften. Zudem komme HeidelbergCement bei seinem Sparprogramm COPE gut voran und profitiere von einem weiter günstigen Preisumfeld. Als wichtigen Treiber sieht Reigber die staatlichen Infrastrukturprogramme in den USA und Europa.

Von einer deutlichen Erholung geht Analystin Elodie Rall von der US-Bank JPMorgan im Berichtszeitraum in West- und Südeuropa aus. Die Region dürfte sich dank einer besseren Entwicklung in Frankreich und Italien von den Tiefstständen des zweiten Quartals erholt haben. Nach Ansicht von Rall war die herausforderndste Region im dritten Quartal Asien wegen der volatilen Entwicklung in Indonesien. Dort seien die inländischen Zementmengen nach den neuesten Branchendaten im August um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken.

Analyst Norbert Kretlow von der Commerzbank warnte zudem: Eine gute Entwicklung im dritten Quartal dürfte wohl nicht von Dauer sein. Aufgrund der Corona-Pandemie dürfte die Dynamik des Projektflusses erwartungsgemäß in Zukunft erheblich nachlassen.

Aktie hat viel Luft nach oben

Ab Mitte Februar schlugen sich die Ängste um die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die Aktie des Zementherstellers nieder. Die Aktie verlor binnen eines Monats mehr als die Hälfte an Wert und rutschte Mitte März auf ein Mehrjahrestief von 29 Euro, nachdem HeidelbergCement den Ausblick für das laufende Jahr wegen der Pandemie ausgesetzt hatte.

Seitdem konnte sich das Papier ein Stück weit erholen und kostet nun wieder etwas mehr als 50 Euro. Seit Jahresbeginn hat die Aktie damit jedoch rund ein Fünftel an Wert verloren, deutlich mehr als der Leitindex Dax. Dieser ging rund 12 Prozent im Vergleich zum Jahresanfang zurück.

Das Papier des Baustoffkonzerns knüpfte damit an die schwache Entwicklung der vergangenen Jahre an. Seit dem Mehrjahreshoch von gut 96 Euro Anfang 2018 ging es bergab – das einstige Rekordhoch von 112 Euro aus den Zeiten vor der Weltfinanzkrise ist meilenweit entfernt. Mit einem Börsenwert von rund 10 Milliarden Euro zählte HeidelbergCement damals wie heute zu den Leichtgewichten im Dax.

Redaktion onvista / dpa-AFX

Foto: Homepage HeidelbergCement

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