Investor Jeremy Grantham: „Dieser Bullenmarkt wird anders enden, als alle anderen vorher“

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Das Thema Rezession ist momentan in aller Munde. Die Konjunkturdaten der großen Wirtschafts-Nationen schwächeln alle, sowohl die der USA, als auch Europa. Selbst Wachstums-Weltmeister China hat jüngst seine Prognosen auf einen neuen Tiefststand gesenkt. Das, wovor sich alle fürchten, liegt auf der Hand: Die nächste große Wirtschaftskrise. Wann und in welcher Form sie kommt, liegt dabei wie immer im Dunkeln.

Der nächste Abschwung wird „keine typische Erfahrung“

Der britische Investor und Co-Gründer der Investmentfirma Grantham, Mayo, & van Otterloo (GMO), Jeremy Grantham, prognostiziert einen anderen Ausgang des bald 10-jährigen Bullenmarktes, als bei den letzten großen Krisen der Vergangenheit. „Es wird langsam vonstattengehen, hinkend mit jeweils drei Schritten runter und zweien wieder hoch. Es wird keine typische Erfahrung wie die der letzten Male werden“, sagt der Investmentstratege, dessen Firma Kapital in Höhe von mehr als 118 Milliarden US-Dollar betreut (Stand 2015), gegenüber dem Nachrichtendienst CNBC. Grantham ist auch dadurch bekannt geworden, dass er die letzten zwei großen Wirtschaftsblasen vorab benannt hat.

„Ich habe sehr gehofft, dass es erneut eine prächtige Blase geben wird, die alles wieder zum Einsturz bringen wird, so wie es bei den letzten großen drei der Fall war.“ Er bezieht sich dabei auf die Dot-Com-Blase, die Immobilienblase, die zur Finanzkrise 2008 geführt hat, sowie die große Blase in den Japanischen Aktienmärkten in den 80ern. „Sie sind alle auf klassische Weise abgelaufen. Sie endeten in einem Gipfel der Euphorie und einem sich extrem beschleunigten Aktienmarkt. Es war einfach zu durchschauen: Man wusste, dass sie einem geradezu niederträchtigen Verfall folgen würden. Ich hatte gehofft, dass es diesmal auch passiert. Es sieht aber diesmal nicht so aus und daher werden wir einen Verfall anderer Natur zu sehen bekommen.“

Ein 10 Jahre langer Bullenmarkt – Von den Zentralbanken gefüttert

Die Aktienmärkte haben im vergangenen Jahrzehnt hauptsächlich deswegen einen Schub erhalten, weil die FED sowohl traditionelle, als auch nicht traditionelle Werkzeuge benutzt hat, um die Wirtschaft zu stimulieren, seien es Einschnitte im Leitzins oder Quantitative Easing Programme. Aus Sicht von Grantham hat die FED deutliche Probleme damit, manche ihrer Strategien wieder umzukehren.

Nach der Finanzkrise hatte sie bis zum Jahr 2015 den Leitzins auf Null gestellt und seitdem neun Mal erhöht. Dennoch ist der Wert historisch betrachtet immer noch extrem niedrig. Anfang des Jahres hatte die FED zudem verkündet, ihre Zinspolitik „sanft“ weiterzuführen. Laut Grantham wird sie enorme Schwierigkeiten dabei haben, wenn sie die Aktienmärkte weiter vorwärts bringen will.

„Du kannst kein Blut mehr aus einem Stein pressen. Bei diesen Preisen wird absolut jeder zustimmen, dass die Märkte auf lange Sicht, sagen wir 20 Jahre, nur noch 2 bis 3 Prozent Rendite bringen werden. In den letzten 100 Jahren haben wir uns jährlich auf einem Niveau von ca. 6 Prozent bewegt.“

Grantham sieht in China das größte Potential

Für Grantham ist diese Langzeitaussicht „nicht übermäßig schmerzhaft“, würde aber einige Investorenherzen brechen. Er verweist auf die Emerging Markets als idealer Ausweich-Sektor, die er weiterhin als zukunftsträchtig ansieht. Speziell China bleibt aus Sicht des Investors weiterhin eine große Nummer: „Sie haben die Leute, sie haben das schnellere Wachstum und sie steuern ihre Bemühungen auf sehr intelligente Weise.“  Ein Hauptfaktor für das Erfolgspotential Chinas ist aus seiner Sicht, dass die Zahl an hochspezialisierten Arbeitskräften immer weiter ansteigt und selbst gemessen an der weit höheren Bevölkerungszahl im Vergleich zu den USA sehr viel höher ist, als die Menge an Spezialisten in Nordamerika. „Wenn das so weitergeht, wird es schwierig für sie sein, langfristig nicht die weltweite Führungsposition einzunehmen.“

Damit äußert sich Grantham konträr zu vielen anderen Markteinschätzungen in Bezug auf die wirtschaftliche Zukunft Chinas. Angesichts der jüngsten Entwicklungen der chinesischen Konjunktur und die Folgen des Handelsstreits sehen einige Experten ein Ende des seit Jahrzehnten währenden Aufschwungs. Vor wenigen Tagen hat beispielsweise die Londoner Wirtschaftsforschungsberatungsfirma Capital Economics ihre Prognose veröffentlicht, dass das chinesische Wachstum innerhalb des nächsten Jahrzehnts auf 2 Prozent absinken könnte.

onvista-Redaktion

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Titelfoto: vlastas / Shutterstock.com

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